https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4
1Universitätsklinikum Düsseldorf Klinik für Herzchirurgie Düsseldorf, Deutschland; 2Universitätsklinikum Düsseldorf Institut für Psychosomatische Medizin Düsseldorf, Deutschland
Hintergrund:
Während der Covid-19 Pandemie erkrankten einige Patienten so schwer, dass sie aufgrund einer terminalen, respiratorischen Insuffizienz eine maschinelle Langzeit-beatmung (mB) oder zusätzlich eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) (mB+E) benötigten. Beide Maßnahmen stellen eine maximale psychische Belastung dar.
Ziel dieser prospektiven Studie war es, die psychosoziale Belastung nach überlebter Endstage-Therapie im Langzeitverlauf zu evaluieren. Folgende Fragestellungen wurden untersucht:
1) Wie ist die Lebensqualität 32 – 56 Monate nach dieser maximal intensiv-medizinischen Behandlung?
2) Beeinflusst die Bindungsqualität die Effektivität der intensivmedizinischen Behandlung?
3) Schlägt sich die unterschiedliche Invasivität von Langzeitbeatmung und ECMO im psychosozialen Outcome nieder?
Hypothese: Das Outcome ist in der mB-Gruppe besser als in der mB+E-Gruppe.
Patienten und Methode: Zwischen 02/2020 und 02/2022 wurden 150 Patienten (52 mB; 98 mB+E) in einem singulären Zentrum aufgrund von beatmungspflichtigem Covid-19 behandelt.
Durchschnittsalter: mB: 66,3 J., mB+E: 53,8 J.; Sex: mB: m: 34, w: 18; mB+E: m: 77, w: 21; Symptombeginn bis Intubation: mB: 11 Tage; mB+E: 15 Tage. Länge der Beatmung mB: 13,2 Tage, mB+E: 29,3 Tage; Symptombeginn bis ECMO: 16,3 Tage.
In der mB-Gruppe betrug die Letalität bis zur Entlassung aus der Klinik 57,7% (n=30), in der mB+E-Gruppe 70,4% (n=69). Nach Entlassung verstarben 6 (11,5%) Patienten aus der Gruppe mB und 3 (3,1%) aus der Gruppe mB+E.
13 mB und 15 mB+E der 42 Überlebenden konnten mittels „Internationaler Trauma Questionaire“ (ITQ), BDI-II (Depression), „Experiences in Close Relationships-Revised Questionaire“ (Bindungs-Qualität) und SF-12 (QoL) getestet werden.
Ergebnisse:
mB |
mB +E |
Signifikanz im Mann-Whitney-U-Test | |||
Mittelwert |
Median |
Mittelwert |
Median | ||
ITQ 1 |
17,2 |
9 |
26,3 |
20 |
0,332 |
BDI-II 2 |
13,46 |
8 |
16,93 |
14 |
0,406 |
ECR-R8 avoidance 3 |
10,3 |
7,5 |
10,5 |
10 |
0,187 |
ECR-R8 anxiety 3 |
10,8 |
9,5 |
6,7 |
5 |
0,067 |
SF-12 KSK / PSK 4 |
43,5 / 47,8 |
45,2 / 46,6 |
39,2 / 40,1 |
34,9 / 39,6 |
0,420 / 0,160 |
1 minimale Punktzahl = 0, max. Punktzahl = 72
2 minimale Punktzahl = 0, max. Punktzahl = 63; <14 Punkte: kein Hinweis auf Vorliegen eines depressiven Syndroms, 14-19 Punkte: leichtes depressives Syndrom, 20-28 Punkte: mittelgradiges depressives Syndrom, ≥ 29 Punkte: schweres depressives Syndrom
3 minimale Punktzahl: 4 Punkte, max. Punktzahl: 28 Punkte; je höher die Punktzahl, desto höher die Bindungsängstlichkeit bzw. die Bindungsvermeidung
4 minimale Punktzahl: 0 Punkte, max. Punktzahl: 100 Punkte; je höher der Wert, desto höher die gesundheitsbezogene Lebensqualität; Normwerte liegen bei ca. 50 (SD: 10) für die Normalbevölkerung, Werte ≥ 50 gelten als überdurchschnittlich
6 mB und 5 mB+E Patienten wiesen mit ≥50 Punkten im SF-12_KSK eine uneingeschränkte körperliche Lebensqualität auf. 5 mB und 5 mB+E Patienten wiesen mit ≥50 Punkten im SF-12_PSK eine uneingeschränkte psychische Lebensqualität auf.
Die Lebensqualität ist in beiden Gruppen leicht eingeschränkt.
Die in der durchgeführten Studie ermittelte Bindungsqualität zeigte keinen Einfluss auf die intensivmedizinische Behandlung.
Keine statistisch signifikante höhere psychosoziale Belastung der ECMO-Patienten im Langzeitverlauf.
Conclusion
Die Hypothese wurde nicht verifiziert.
Angesichts des guten psychosozialen Status der Langzeitüberlebenden ist der maximale personelle und materielle Ressourceneinsatz gerechtfertigt.