“Ungleiche Zwillinge”: Demaskierung einer LMNA-bedingten DCM in einer Patientin mit vermuteter Peripartaler Kardiomyopathie

https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4

Peter Herzum (Düsseldorf)1, D. Bazynski (Düsseldorf)1, C. Beimes (Düsseldorf)1, M. Höckmann (Düsseldorf)1, S. Neagu (Düsseldorf)1, T. Stockhausen (Düsseldorf)1, P. Boussard (Düsseldorf)1, M. Kelm (Düsseldorf)1, A. Polzin (Düsseldorf)1, D. Oehler (Düsseldorf)1

1Universitätsklinikum Düsseldorf Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie Düsseldorf, Deutschland

 

Hintergrund: Eine peripartale Kardiomyopathie (PPCM) tritt in 0,2% der weltweiten Geburten auf, mit ausgeprägten regionalen Unterschieden. Sie ist definiert als eine Einschränkung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) unter 45% im Zusammenhang mit einer unmittelbar stattgehabten Geburt (peripartales Auftreten). Der Pathomechanismus bleibt bislang unklar, ist wohl aber mit dem Hormon Prolaktin assoziiert, welches postpartal vermehrt ausgeschüttet wird, sodass eine Hemmung von Prolaktin mittels Bromocriptin eine mögliche Therapieoption darstellt. Der Phänotyp der PPCM ist allerdings unspezifisch und eine Ausschlussdiagnose. Andere Erkrankungen können sich daher phänotypisch ähneln, haben aber eine unterschiedliche Prognose und erfordern ein anderes Krankheitsmanagement. Eine genaue Differenzierung der Grunderkrankung ist hier also entscheidend, aber herausfordernd.

Fallbericht: Wir berichten über den Fall einer 29-jährigen Frau mit monochorialer, diamnioter Geminischwangerschaft, die im Wochenbett eine progrediente Dyspnoe (NYHA III-IV) sowie beidseitige Pleuraergüsse entwickelte. Echokardiographisch zeigte sich eine LVEF von 42%, woraufhin die Patientin unter der Verdachtsdiagnose einer PPCM auf unsere Intensivstation aufgenommen und eine medikamentöse Therapie mit Bromocriptin und Herzinsuffizienzmedikation eingeleitet wurde. Die apparative Diagnostik wurde um eine kardiale MRT erweitert. Die Befunde der MRT waren dabei vereinbar mit einer PPCM oder einer DCM (LVEF 41%). Hierbei zeigte sich zudem bis auf leicht verlängerte T1- und T2-Zeiten keine relevante strukturelle Veränderung. Bei einer LVEF über 35% fiel zunächst die Entscheidung gegen eine primärprophylaktische Versorgung mittels implantierbaren Defibrillators (ICD). Anamnestisch ließ sich ein überlebter plötzlicher Herztod der Mutter mit Zustand nach ICD-Implantation sowie ein Herztod der Großmutter eruieren. Aufgrund des jungen Patientenalters und sowie der auffälligen Familienanamnese hinsichtlich des Auftretens eines plötzlichen Herztodes wurde eine tragbare Defibrillatorweste verordnet und eine genetische Testung initiiert. Eine pathogene Missense-Mutation (ACMG Klasse 5) im für die Proteine Lamin A/C kodierenden LMNA-Gen konnte identifiziert werden (NM_170707.4:c.575A>G). Die initial vermutete Diagnose einer PPCM wurde hiernach durch eine LMNA-bedingte DCM korrigiert. Diese Kardiomyopathieform birgt ein hohes Risiko für maligne Herzrhythmusstörungen und das Auftreten eines plötzlichen Herztods, sodass nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung ein subkutaner ICD implantiert wurde. Eine genetische Testung der Mutter ergab den Nachweis derselben genetischen Variante in LMNA. Eine Testung weiterer Verwandter der Patientin wurde leitliniengerecht initiiert und ist noch ausstehend. Bei der letzten ambulanten Kontrolle berichtete die Patientin von einer gebesserten Belastbarkeit unter optimaler medikamentöser Therapie, echokardiographische Kontrollen zeigten eine verbesserte LVEF von 48%.

Zusammenfassung: Im beschriebenen Fall ähnelte die LMNA-bedingte DCM durch den Zeitpunkt des Auftretens um die Zwillingsgeburt einer PPCM. Die genetische Abklärung erlaubte die definitive Diagnosestellung und ging aufgrund des Herztodrisikos mit einer direkten Therapieindikation einher (individueller Nutzen der genetischen Diagnostik). Zudem kann eine personalisierte Risikostratifizierung in der Familie aufgrund des vorliegenden genetischen Befundes durchgeführt werden.
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