Bildungsabhängige Unterschiede bei der Motivation und Hindernissen für Sport bei kardiologischen Patienten

https://doi.org/10.1007/s00392-025-02625-4

Nicole Brandl (Regensburg)1, L. Heislbetz (Regensburg)2, M. Paulus (Regensburg)1, P. Hegner (Regensburg)1, S. Wagner (Regensburg)1, L. S. Maier (Regensburg)1, K. Lange (Regensburg)2, A. Reißmann (Regensburg)2, M. Wester (Regensburg)1

1Universitätsklinikum Regensburg Klinik und Poliklinik für Innere Med. II, Kardiologie Regensburg, Deutschland; 2Lehrstuhl für Gesundheitsforschung und Neuropsychologie Regensburg, Deutschland

 

Hintergrund: Da Sport vielfältige positive Effekte auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und Erkrankungen hat, wird er in der Allgemeinbevölkerung und insbesondere bei kardiologischen Patienten empfohlen und stellt eine wichtige Säule der Prävention dar (ESC Guideline on Sports Cardiology, 2020, Klasse IA). Das Sportverhalten von kardiologischen Patienten und der Einfluss der Bildung ist jedoch größtenteils unbekannt. Eine bessere Kenntnis der Motivationsfaktoren wäre jedoch für die Planung gezielter Interventionen zur Steigerung der Adhärenz an die Sportziele essenziell.

Methoden: Es wurden 88 stabile kardiologische Patienten mittels standardisierter Fragebögen zum Sportverhalten, Sportmotiven sowie Einstellung zu Sport und Sportbarrieren befragt. Zudem wurde der höchste Bildungsabschluss erhoben. Einschlusskriterien waren eine kardiologische Erkrankung sowie Alter ≥50 Jahre. Ausschlusskriterien waren kardiologische Erkrankungen, welche eine Kontraindikation für stärkere körperliche Belastung darstellen (z.B. hochgradige Klappenvitien), sowie Erkrankungen, die regelmäßigen Sport verhindern (z.B. je schwere Lungen- oder muskuloskelettale Erkrankungen). Die Analyse erfolgte stratifiziert nach Bildung (höchster Schulabschluss: „Hauptschule“ n=43; „Realschule“ n=23; „Gymnasium“ n=22; ANOVA).

Ergebnisse: Das befragte Kollektiv war durchschnittlich 68±10 Jahre (Mittelwert±SD) alt und zu 30% weiblich. Die häufigsten kardiovaskulären Erkrankungen waren arterielle Hypertonie (81%) und koronare Herzerkrankung (71%). Nur 33% der Patienten betrieben regelmäßig Sport. Patienten mit einem Realschul- oder gymnasialen Abschluss Patienten machten deutlich häufiger regelmäßig Sport (min. 1x/Woche in den letzten vier Wochen) als Patienten mit einem Hauptschulabschluss (Hauptschule: 19%, Realschule 48%, Gymnasium 46%, p=0,020; Abb. A). Bei den Sportmotiven gab keine Unterschiede, wobei Gesundheit in allen Gruppen die Hauptmotivation darstellte (Abb. B). Bei Patienten mit Realschul- oder gymnasialem Abschluss bestand eine höhere Kompetenz und Fähigkeiten zur Planung und Durchführung von Sport sowie der Bewältigung von praktischen und emotionalen Hindernissen (Abb. D). Beim Wissen über die Nützlichkeit und der empfohlenen Häufigkeit von Sport sowie beim Willen zur regelmäßigen sportlichen Betätigung bestand kein bildungsabhängiger Unterschied (Abb. D). Jedoch gaben Patienten mit Hauptschulabschluss häufiger ein Gefühl von Peinlichkeit sowie Angst vor dem Vergleich mit anderen Sportlern an; zudem bestand eine höhere Unsicherheit hinsichtlich des Sportverhaltens im Rahmen der kardialen Erkrankung (Abb. D). Dazu passend ergab sich kein bildungsabhängiger Unterschied bezüglich der Wahrnehmung von Selbstwirksamkeit (SWE), jedoch ein höheres Maß an Pessimismus (LOT-R) und Stress (PSS10) bei Patienten mit Hauptschulabschluss (Abb. E).

Zusammenfassung: Es bestehen relevante Unterschiede im Sportverhalten zwischen Patienten mit Hauptschulabschluss einerseits und Patienten mit Realschul- oder gymnasialen Abschluss andererseits. Dies geht einher mit schlechteren individuellen Ressourcen bezüglich der Planung und Durchführung von regelmäßigem Sport bei Patienten mit Hauptschulabschluss. Bei gleichem Wissen zur Nützlichkeit von Sport bestehen größere Ängste in Bezug auf Sport. Diese Erkenntnisse können in der gezielten Ansprache des Sportverhaltens bei Patienten und bei der Konzeption von Sportprogrammen für kardiologische Patienten die erfolgreiche Umsetzung verbessern.

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