Hintergrund: Auf der Jahrestagung der DKG 2023 in Mannheim wiesen wir (G. Mall et al. 2023) darauf hin, dass bei getrennter Einsendung drei Formalin-fixierter linksventrikulärer Endomyokardbiopsien für die Histologie und zwei RNAlater-asservierter Endomyokardbiopsien für die molekulare Diagnostik aus statistischen Gründen zwischen 15% und 80% falsch negative virologische Resultate zu erwarten sind, wenn klinisch keine fulminante Myokarditis (mehr als 70% des Myokards betroffen) vorliegt.
Material und Methode: Seit 2020 untersuchten wir 293 primär in RNAlater fixierte Endomyokardbiopsien. Die primäre RNAlater-Fixation reduzierte wider Erwarten nicht die Qualität der histologischen und immunhistochemischen Färbungen, wenn eine Nachfixation in Formalin erfolgte. Alle immunhistologischen und immunhistochemischen Färbungen erfolgten mit Färbeautomaten im Rahmen der Routineeinbettungen.
Die Volumenanteile des myokardialen Interstitiums wurden aus den Flächenanteilen bei 100-facher Vergrößerung bestimmt.
Die Zahl der inflammatorischen Zellen (Makrophagen, Lymphozyten und SMA-positive Zellen) erfolgte bei 200-facher Vergrößerung gezählt.
Unabhängig von der RNAlater-Fixation wurden bei 400-facher Vergrößerung sowohl die Muskelfaserdurchmesser als auch semiquantitativ die Morphologie der Muskelzellkerne (Vergrößerung, Hyperchromasie und bizarre Kernformen) bestimmt, weil beide Parameter einem geringen Sampling Error unterliegen.
Ergebnisse I: Die primäre RNAlater-Färbung der Biopsien mit anschließender Teilung für Histologie und molekularbiologischen Untersuchungen ist ohne jede Einschränkung der histologischen Qualität möglich.
Ergebnisse II: Bei klinisch erhöhter Muskelmasse der Ventrikel und morphometrisch nicht-hypertrophen Muskelfasern gibt es drei Möglichkeiten der Erklärung: a) massive Vernarbung, b) Amyloidose, c) Hyperplasie der Myozyten, z. B. bei hypertropher Kardiomyopathie.
Diskussion: Verfährt man nach der Publikation von Kindermann et al. (2008), besteht das Risiko einer falsch negativen Virusdiagnostik. Werden die Endomyokardbiopsien Formalin-fixiert eingesandt, kann zwar DNA in kleinen Mengen extrahiert werden, nicht jedoch RNA-Moleküle in kleinen Mengen.
Schlussfolgerung: Da nach primärer RNAlater-Fixation der Nachweis kleiner RNA-Mengen im Zeitalter des NGS vorteilhaft ist und die kardiopathologische Strukturanalyse nicht beeinträchtigt wird, ist die primäre RNAlater-Fixation von Myokardbiopsien der Formalin-Fixation vorzuziehen.
Danksagung: Mein herzlicher Dank gilt Herrn Frank Bergmann und dem ärztlichen und nicht-ärztlichen Personal des MVZ für Klinische Pathologie in Darmstadt für die freundliche Unterstützung sowie den Einsendern Holger Sigusch aus Zwickau, Marcus Franz aus Jena, Oliver Gastmann aus Arnstadt, Friedhelm Küthe aus Weimar und Ulrich Hink aus Frankfurt-Höchst sowie meinen Kooperationspartnerinnen Frau Kerstin Amann und Frau Maike Büttner-Herold, Universitätsinstitut für Pathologie in Erlangen.
Literaturverzeichnis:
Kindermann I et al: Predictors of Outcome in Patients With Suspected Myocarditis. Circulation 2008;118-648
Mall G. Schwarz F, Derks H: Clinicopathologic correlations in congestive cardiomyopathy. Arch A Pathol. Anat. Histol:1982;397(1):67-82
Kuethe et al: Predictors of Outcome in Suspected Cardiomyopathy or Myocarditis. Eur J Clini Invest 2017 Jul; 47(7):513-523