Einleitung: Nach Kardioversion (KV) kann es zum atrial stunning (STU) kommen. Die vorübergehende Schwächung der mechanischen Funktion des linken Vorhofs erhöht das Risiko für thromboembolische Ereignisse. Die ESC-Leitlinien empfehlen empfehlen ab einem CHA2DS2-VA Score = 0 eine Antikoagulation für 4 Wochen. Trotz klinischer Relevanz ist STU noch wenig erforscht. Diese Studie untersucht den Zusammenhang zwischen funktionellen Parametern des linken Vorhofs (LA) und dem thromboembolischen Risikoscore CHA2DS2-VA bei Patienten nach Kardioversion bei Vorhofflimmern (AF). Geprüft wird, ob MRT ermittelte funktionelle LA-Parameter, wie Strain und Ejektionsfraktion (EF), die prädiktive Aussagekraft des CHA2DS2-VA Scores für das thromboembolische Risiko bei STU Patienten verbessern könnten.
Methoden: Es wurden Patienten analysiert, die zwischen 2019 und 2022 erfolgreich eine elektrische Kardioversion und direkt nachfolgend ein MRT erhielten. Die funktionellen Parameter von LA und LV wurden aus 2/4Kammer MRT-Cine Sequenzen mittels feature tracking Strain Analyse erfasst. Atrial stunning wurde definiert als LA EF < 45% im Sinusrhythmus. Statistische Analysen umfassten Gruppenvergleiche über den T-Test und den Mann-Whitney-U-Test. Zusätzlich wurde auf Zusammenhang mit dem CHA2DS2-VA Score durch die Spearman Korrelation geprüft.
Ergebnisse: Von den analysierten 59 Patienten wiesen nur 55,9% (n= 33) nach KV ein atrial stunning auf. Das durchschnittliche Alter der stunning Gruppe betrug 68,9 ± 10,3 Jahre, 72,7 % litten an arterieller Hypertonie, 66,7 % waren männlich. 75,8% hatten persistierendes, 15,2% paroxysmales Vorhofflimmern, bei 9,1% war der Typ unbekannt. 26 der Patienten präsentierten sich ohne STU. Im Gruppenvergleich zeigten Patienten mit STU signifikant niedrigere Werte für die LA EF (25,6 ± 8,8 % vs. 33,7 ± 11,4 %, p = 0,003), den LA SV Index (17,3 ± 4,7 ml/m2 vs. 27,3 ± 7,2 ml/m2, p = 0,002), den LA Peak Longitudinal Strain 2CH (8,6 ± 3,8% vs. 16,8 ± 7,4%, p = 0,013) /4CH (8,4 ± 3,3% vs. 14,1 ± 4,4%, p= 0,020) und den LA Booster Strain 4CH (Median 6,8%; IQR: 4,7 vs. Median 1,4%; IQR: 3,6; p = 0,00). Keine signifikanten Unterschiede zeigten sich im CHA2DS2-VA Score (Median 3,00; IQR 2-5 in beiden Gruppen). Gruppenspezifische Korrelationsanalysen zeigten signifikante Zusammenhänge der Gruppe ohne stunning mit dem CHA2DS2-VA Score: negativen Zusammenhang mit der LA EF (r = -0,509 p= 0,008) und dem globalen longitudinalen Strain 2CH (rho= -0,398, p= 0,44). In der stunning Gruppe korrelierten lediglich das Alter (rho = 0,700, p = 0,00) positiv mit dem CHA2DS2-VA Score und negativ das linksventrikuläre Schlagvolumen (rho = -0,403, p = 0,020), jedoch keine atriale Funktionswerte.
Fazit: In den untersuchten Patienten trat atrial stunning unabhängig vom CHA2DS2-VA Score auf. Zusätzlich waren keine Korrelationen zwischen CHA2DS2-VA Score und funktionellen LA Parametern zu erkennen. STU bedingte Funktionsverluste von LA traten also unabhängig vom durch den CHA2DS2-VA Score ermittelten Risiko auf. Mittels MRT konnte zuverlässig die linksatriale Funktion nach KV bestimmt werden, dadurch ist eine individuelle Abschätzung des unmittelbaren thrombembolischen Risikos möglich. Atrial Stunning sowie funktionelle LA Parameter könnten daher bei der Risikoeinschätzung nach Kardioversion ergänzend berücksichtigt werden.