Statements
Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Diskussion
In der Einleitung zur Diskussion betont Moderator Wolfgang van den Bergh, dass die Zahlen von der Barmer, denen den anderen Referenten doch deutlich widersprechen würden. Insbesondere würden Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufig immer noch durch Zufall entdeckt, was überaus problematisch sei. Näumann geht darauf ein und meint, dass Hausärzt:innen proaktiv auf die Gesundheitsuntersuchungen aufmerksam machen müssten. Weiterhin seien auch die Kassen gefragt, die, wie etwa bei der Krebsvorsorge, in Frage kommende Personen gezielt kontaktieren und auf die notwendigen Untersuchungen aufmerksam machen sollten. In den allermeisten Fällen seien Früherkennungsmaßnahmen für Strukturelle Herzerkrankungen nicht bekannt. Dr. Sherif fügt hinzu, dass insbesondere für die mediale Unterstützung und Kampagnen für kardiale Vorsorgeuntersuchen eine politische Unterstützung notwendig sei. Es müsse mehr Anreize sowohl für Hausärzt:innen als auch für Patient:innen geben.
Herr van den Bergh schlägt vor, dass ein Bonusheft, ähnlich wie in der Zahnheilkunde auch bei kardialen Vorsorgeuntersuchungen für Patient:innen eingeführt werden könnte. Für Hausärzt:innen wäre es denkbar, dass die einzelnen Untersuchungen, wie die Auskultation, jeweils eigene Gebührenordnungspositionen (z.B. EBM-Nummer) erhalten, um diese einzeln abrechnen zu können. Auf diese Weise gäbe es einen einheitlichen Bewertungsmaßstab.
Zudem, so Dr. Sherif, wären Boni für Ärzt:innen denkbar, die eine bestimmte Anzahl von Herz-Check-Ups durchgeführt haben. Dafür sei jedoch auch mehr Zeit und Personal notwendig. Die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Inhalte einer entsprechenden Richtlinie müsse allerdings Aufgabe der Gremien der Selbstverwaltung, v.a. des G-BAs, sein.
Herr Näumann ergänzt, dass im Sozialgesetz V, Paragraph 20, unterschiedliche Krebserkrankungen relativ ausführlich aufgeführt seien, doch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes unter „bevölkerungs-medizinisch bedeutsamen Erkrankungen“ subsumiert würden. Hier brauche es einen deutlich spezifischeren Katalog, mit klaren Anweisungen für Ärzt:innen und auch Kostenträger:innen, was wann und bei welcher Diagnose zu tun sei. Dies sei ein klarer Auftrag an die Politik.
Zu dem von Prof. Dr. Landmesser angesprochenen Punkt nach Maßnahmen für eine Stärkung der Awareness und Sensibilisierung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ihren Gefahren meint Dr. Sherif, dass Patientenveranstaltungen zielführend seien. Wichtig sei dabei, dass man in einfacher Sprache den Patient:innen erklären müsse, welche Symptome auftreten und warum Früherkennungsmaßnahmen so wichtig seien. Die Sensibilisierung in der Bevölkerung für Früherkennung könne zum Beispiel auch bei nicht Medizin relevanten Veranstaltungen wie Fußballspielen durch das Anbieten von Auskultationen erzeugt werden.
Aus Patientensicht sei es darüber hinaus besonders wichtig, die z.T . bestehende Informationsasymmetrie zwischen Patient:innen und Ärzt:innen abzubauen, damit die Informationen der Ärzt:innen auch von den Patient:innen verstanden werden. Auch Institutionen wie die BZgA und Expert:innen sollten stärker in die Pflicht genommen, um Patient:innen etwa durch große mediale Kampagnen zu erreichen. Patient:innen müssten dazu ermutigt werden, nachzufragen, um die Informationen wirklich zu verstehen. Daher sei es enorm wichtig, genügend Zeit für die Patientengespräche zur Verfügung zu stellen.
Zudem sei die evidenzbasierte Medizin insbesondere für asymptomatische Patient:innen von enormer Bedeutung, denn nur so könne man belegen und erklären, dass durch diese Behandlung eine medizinische Verbesserung für den/die Patient:in erfolgt sei. Dafür seien jedoch Daten und Forschungsgelder notwendig. Grundsätzlich seien konkrete medizinische Daten essentiell, um politische Leitlinien zu definieren.
Neben der Quantität derer, die Früherkennungsmaßnahmen in Anspruch nehmen, sei, so der Moderator, auch die Qualität der Versorgung essentiell. Nicht zuletzt deshalb, weil sehr viel Geld, allein 46 Milliarden Euro für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ausgegeben wird. Dr. Sherif betont daher noch einmal, dass durch Früherkennung auch die Kosten deutlich gesenkt werden könnten, weil weniger Patient:innen hospitalisiert werden müssten.
Zum Ende kommt Herr van den Bergh nochmal auf das Potenzial von KI zu sprechen. Dr. Sherif, sagt, dass KI definitiv in der Zukunft eine immer größere Unterstützung in der jeweiligen Station des Patientenpfads spielen wird, allerdings befinde man sich momentan noch in der Frühphase und brauche noch sehr viele Daten.
Nächste Schritte
Um das Ziel der verbesserten und flächendeckenden Früherkennung von Strukturellen Herzerkrankungen durch eine gesetzliche Verankerung zu erreichen, wurden drei nächste Schritte identifiziert:
- Erweiterung und Vergrößerung der nationalen Sektion der SHD Coalition durch weitere ärztliche Expert:innen, wie Kardiolog:innen, Herzchirurg:innen und Hausärzt:innen, sowie Patientenvertreter:innen, Kassenvertreter:innen, Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie politische Entscheidungsträger:innen, um eine breite Allianz zur Stärkung der Früherkennung von SHD zu schaffen.
- Kontaktaufnahme zu dem in der Gründung befindlichen Institut für öffentliche Gesundheit, um das Thema Früherkennung und Prävention auf die Agenda zu setzen und dadurch (mediale) Aufmerksamkeit zu generieren.
- Weitere (bilaterale) Gespräche mit Entscheidungsträger:innen aus Politik und Selbstverwaltung, um eine kohärente nationale Strategie gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die gesetzliche Verankerung von Früherkennungsmaßnahmen weiter voranzutreiben.