Das Holiday-Heart-Syndrom (HHS) wurde erstmals 1978 von Philip Ettinger beschrieben und bezeichnet Herzrhythmusstörungen, die typischerweise innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach exzessivem Alkoholkonsum bei ansonsten gesunden Personen auftreten. Die Arrhythmien manifestieren sich meist als paroxysmales Vorhofflimmern und gehen häufig mit Symptomen wie Herzklopfen, Schwindel und Brustschmerzen einher. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Auftreten der Symptome ist ein charakteristisches Merkmal des HHS. Klinische Beobachtungen zeigen, dass es während des Urlaubs sowie an Feiertagen und Wochenenden zu einer signifikanten Häufung von HHS-Fällen kommt. In Abgrenzung zum HHS handelt es sich dagegen bei der Alkoholischen Kardiomyopathie um eine chronische Herzerkrankung, die durch jahrelangen übermäßigen Alkoholkonsum verursacht wird.
Die Pathophysiologie des HHS ist multifaktoriell und komplex. Exzessiver Alkoholkonsum beeinflusst das Herz durch mehrere Mechanismen:
- Direkte kardiotoxische Effekte: Ethanol und seine Metabolite wirken toxisch auf Kardiomyozyten.
- Einfluss auf das autonome Nervensystem: Alkohol induziert die sympathische Stimulation und parasympathische Hemmung, was zur erhöhten Herzfrequenz und Erregbarkeit des Herzens führt.
- Störung des Elektrolythaushalts: Dysbalancen von Elektrolyten wie Kalium und Magnesium begünstigen die Entstehung von Arrhythmien.
- Entzündliche Prozesse: Alkohol fördert die Freisetzung inflammatorischer Zytokine, die die Herzfunktion beeinträchtigen können.
Die Behandlung von HHS umfasst die Stabilisierung des Herzrhythmus und den Ausgleich der Elektrolytstörungen. Zur Rhythmuskontrolle können Medikamente wie Beta-Blocker oder Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron) eingesetzt werden. Die Langzeitprognose des HHS ist generell günstig und in den meisten Fällen tritt eine vollständige Erholung innerhalb von wenigen Tagen nach der akuten Episode ein. Die wichtigsten Maßnahmen zur Prävention sind ein gesunder Lebensstil und ein maßvoller Alkoholkonsum oder eine Alkoholkarenz.
In die prospektive Studie wurden insgesamt 202 gesunde junge Freiwillige eingeschlossen, die im Rahmen von privaten Feierlichkeiten alkoholische Getränke konsumieren wollten. Die Teilnehmenden wurden durch ein EKG-Monitoring ab Partybeginn über insgesamt 48 Stunden überwacht. Atem-Tests in der Trinkphase ergaben Alkohol-Peak-Werte von bis zu 2,5 Promille. Die EKG-Daten zeigten mit zunehmendem Alkoholkonsum einen Anstieg der Herzfrequenz und ein zunehmendes Auftreten von Vorhoftachykardien. Klinisch relevante Arrhythmien, darunter Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardien, traten dagegen vorwiegend in der Erholungsphase auf bei insgesamt über 5 % der Feiernden.
Exzessiver Alkoholkonsum (auch als Binge-Drinking bezeichnet) kann selbst bei jungen gesunden Menschen überraschend häufig zu klinisch relevanten Arrhythmien führen, wobei die Langzeitfolgen noch unklar sind. Vermutlich sind die schädlichen Effekte bei älteren Menschen mit Komorbiditäten, wie z.B. Übergewicht oder Diabetes, noch stärker ausgeprägt. Vom Alltag abschalten, feiern und entspannen sind zweifelsfrei wichtig für die Erholung – am besten jedoch mit maßvollem Alkoholkonsum.
Die gesellschaftliche Akzeptanz von Alkoholkonsum ist hoch und Menschen, die über schädliche Wirkungen von Alkohol sprechen, meinen zumeist die Leber oder das Nervensystem, während Alkoholkonsum bezüglich des Herzens oft eher als schützend angesehen wird. Dabei wird die Datenlage über schädigende kardiale Effekte des Alkohols immer klarer. Argo et al. stellen in ihrer Übersichtsarbeit dar, dass Alkoholkonsum das Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse signifikant erhöht: Neben Vorhofflimmern und arterieller Hypertonie sind insbesondere die alkoholische Kardiomyopathie und maligne Herzrhythmusstörungen (Sudden Cardiac Death) zu nennen. Das eigentliche Holiday-Heart-Syndrom (HHS) bei gesunden Personen bleibt hingegen oft auch folgenlos.
Die pathophysiologischen Mechanismen von kardialen Schädigungen durch Alkohol werden immer besser verstanden (siehe oben). Es ist insofern die ärztliche Aufgabe über die schädlichen Effekte von Alkohol aufzuklären, insbesondere die Patientinnen und Patienten mit kardialen Vorerkrankungen. Im Hinblick auf die rapide Zunahme von Adipositas und körperlicher Inaktivität in der Bevölkerung, die ja weitere Risikofaktoren für Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie und Herzinsuffizienz darstellen, ist diese Aufklärung in der aktuellen Zeit besonders wichtig.