AIDEG VTA-Trial: Randomisierte Studie mit Hinweisen auf möglichen Nutzen der Verwendung gespeicherter ICD-Elektrogramme bei der VT-Ablation

Autorenschaft

PD Dr. med. Anja Schade & Ivaylo Chakarov

Rhoen-Klinikum Campus Bad Neustadt

Klinik für Rhythmologie und interventionelle Elektrophysiologie

Von-Guttenberg-Str. 11

97616 Bad Neustadt/ Saale

Kardiologie2@campus-nes.de

Papervorstellung

Die Katheterablation ist eine effektive Behandlungsstrategie bei Patient:innen mit ventrikulären Tachykardien (VT). Erstes Ziel und wichtigster Endpunkt ist dabei die gezielte Beseitigung der klinischen VT. Diese ist allerdings nur selten mittels eines 12-Kanal-EKG dokumentiert und kann somit häufig nicht genau festgelegt werden.

 

Die kürzlich publizierte multizentrisch randomisierte AIDEG-VTA-Studie (1) ist die erste Studie, die gezielt den klinischen Nutzen eines Ansatzes untersucht, der gespeicherte ICD-Elektrogramme (ICD-EG) zur Identifikation und Ursprungslokalisation der klinischen VT systematisch in die Ablationsstrategie integriert. Insgesamt wurden 260 Patienten mit struktureller Herzerkrankung und ICD-dokumentierter VT in zwei Gruppen randomisiert. In der Interventionsgruppe wurden gespeicherte Nah- und FernfeldEG des ICD sowie deren Timing zueinander genutzt, um induzierte Tachykardien als klinische zu identifizieren. Bei Nichtinduzierbarkeit dienten sie als Referenz für Pacemaps zur Fokussierung einer substratbasierten Ablation. In der Kontrollgruppe erfolgte eine konventionelle Ablation ohne diese Zusatzinformation.

 

In der Intention-to-treat-Analyse zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Rate der Patient:innen mit VT-Rezidiven über 6 Monate, dem primären Endpunkt (36 % in der Interventions- vs. 46 % in der konventionellen Gruppe; HR: 0,73; p = 0,11). In der Per-protocol-Analyse konnte jedoch eine signifikante Reduktion festgestellt werden (HR: 0,66; p = 0,045). Zudem zeigte die Interventionsgruppe eine signifikante Reduktion der VT-Gesamtanzahl (HR: 0,45; p = 0,013) sowie eine geringere Häufigkeit elektrischer Stürme in der Nachbeobachtungszeit von 44±12 Monaten (23 % vs. 41 %; HR: 0,54; p = 0,007).

 

    

         

Diskussion

Die Ergebnisse der AIDEG-VTA-Studie deuten darauf hin, dass die Nutzung von ICD-EG zur gezielten Adressierung der klinischen VT mit Vorteilen im langfristigen klinischen Outcome assoziiert ist. Ein zentraler Vorteil der Nutzung von ICD-EG war die verbesserte Identifikation der klinischen VT. Während in der Kontrollgruppe nur in 28% der Fälle eine induzierte VT als klinische detektiert werden konnte, gelang dies in 77% der Patient:innen der Interventionsgruppe. Dass dies letztlich zur Reduktion der Zahl der VT-Rezidive und der elektrischen Stürme führt, unterstreicht die Bedeutung der Kenntnis der klinischen VT für das Ablationsergebnis generell.

 

Tatsächlich wiesen die Patient:innen vor der Ablation zwar im Median 17 VT-Episoden auf, aber nur 1,3 unterschiedliche Morphen. Eine Strategie, die sich im ersten Schritt auf die klinische VT fokussiert und erst dann weitere Substrate einbezieht, könnte so eine effektivere Behandlung ermöglichen als die ungezielte Ablation aller Substrate und VTs, die in einigen Fällen aus Sicherheitsaspekten zu limitieren ist.

 

Die Ergebnisse der Kontrollgruppe in der AIDEG-VTA-Studie stimmen mit denen früherer Studien wie VANISH, VTACH und BERLIN-VT überein (2,3,4). Allerdings beinhaltete keine dieser Studien eine umfassende substratbasierte Ablationsstrategie mit Ablation aller pathologischen Signale, wie sie mit neueren Studien für Patient:innen mit umschriebenen ischämischen Narben propagiert wird. In der VISTA Studie (5), die eine substratbasierte Ablationsstrategie mit kompletter Elimination aller abnormen Elektrogramme mit einem klinischen Approach verglich, konnte im Substratarm eine niedrigere VT-Rezidivrate erreicht werden (15,5% über 12 Monate).

 

In AIDEG-VTA wiesen 30% der Patient:innen nicht-ischämische Substrate auf, die häufig diffuser verteilt oder aufgrund ihrer intramuralen Lage schwerer zu erfassen sind. Diese Patient:innen könnten von der Nutzung von ICD-EG besonders profitieren und sind einer kompletten Ablation aller Substrate häufig nur schwer zugänglich.

 

Ob für die Gruppe von Patient:innen mit ischämischem Substrat die komplette Elimination aller pathologischen Elektrogramme dennoch effektiver ist als ein fokussierter Ansatz unter ICD-EG Nutzung muss in zukünftigen Studien geprüft werden.

 

      

Zusammenfassung

Die randomisierte AIDEG-VTA-Studie zeigt, dass bei Patient:innen mit struktureller Herzerkrankung und ICD-dokumentierter VT die Nutzung von ICD-EG für eine fokussierte Ablationsstrategie zu einem verbesserten klinischen Outcome führt. Ob eine komplette Substratablation zumindest bei ischämischen Substraten effektiver ist, bleibt zu prüfen.

 

 

Referenzen:

 

  1. Ibáñez Criado JL, Ortiz M, García-Fernández J et al. Can ICD Electrograms Help Ventricular Tachycardia Ablation?: Results From the Multicenter Randomized AIDEG-VTA Trial. J Am Coll Cardiol. 2024 Nov 28:S0735-1097(24)10316-6. doi: 10.1016/j.jacc.2024.10.104. Epub ahead of print. PMID: 39772368.
  2. Sapp JL, Wells GA, Parkash R et al. Ventricular Tachycardia Ablation versus Escalation of Antiarrhythmic Drugs. N Engl J Med. 2016 Jul 14;375(2):111-21. doi: 10.1056/NEJMoa1513614. Epub 2016 May 5. PMID: 27149033.
  3. Kuck KH, Schaumann A, Eckardt L et al.  Catheter ablation of stable ventricular tachycardia before defibrillator implantation in patients with coronary heart disease (VTACH): a multicentre randomised controlled trial. Lancet. 2010 Jan 2;375(9708):31-40. doi: 10.1016/S0140-6736(09)61755-4. PMID: 20109864.
  4. Willems S, Tilz RR, Steven D et al. Preventive or Deferred Ablation of Ventricular Tachycardia in Patients With Ischemic Cardiomyopathy and Implantable Defibrillator (BERLIN VT): A Multicenter Randomized Trial. Circulation. 2020 Mar 31;141(13):1057-1067. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.119.043400. Epub 2020 Jan 31. PMID: 32000514.
  5. Di Biase L, Burkhardt JD, Lakkireddy D et al, Ablation of Stable VTs Versus Substrate Ablation in Ischemic Cardiomyopathy: The VISTA Randomized Multicenter Trial. J Am Coll Cardiol. 2015 Dec 29;66(25):2872-2882. doi: 10.1016/j.jacc.2015.10.026. PMID: 26718674.
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