Die akute Herzinsuffizienz ist gekennzeichnet durch das plötzliche Auftreten bzw. durch eine Zunahme der typischen Herzinsuffizienz-Symptome. Die akute Herzinsuffizienz mit Volumenüberladung wird gemäß der aktuell geltenden ESC-Leitlinien aus dem Jahr 2021 mit Schleifendiuretika behandelt.(1) Die Dosierung und Art der Verabreichung der Schleifendiuretika beruht hierbei jedoch hauptsächlich auf Expertenmeinungen.2 Ein Protokoll zur schrittweisen Diuretikagabe wurde bereits in einem Positionspapier der Heart Failure Association (HFA) vorgeschlagen. Das Ziel dieser Diuretika-Strategie war eine Erhöhung der diuretischen Wirkung zur schnellen Entstauung der betroffenen Patientinnen und Patienten. Dieses Konzept wurde nun erstmalig in der ENACT-HF-Studie prospektiv untersucht.(2,3)
Bei der ENACT-HF-Studie handelt es sich um eine prospektive, internationale, multizentrische, nicht-randomisierte, offene Studie. Die insgesamt 401 Studienteilnehmenden litten unter akut dekompensierter Herzinsuffizienz, hatten bereits eine chronische Schleifendiuretika-Therapie erhalten und waren zur intravenösen Schleifendiuretika-Therapie in ein Krankenhaus eingewiesen worden. Für den Studieneinschluss mussten folgende Kriterien erfüllt sein:
- Mindestens ein Zeichen von Volumenüberladung (Ödem, Aszites oder Pleuraerguss)
- Einnahme von ≥ 40 mg Furosemid oder eines äquivalenten Medikaments seit > 1 Monat
- BNP > 250 ng/L oder N-terminales natriuretisches Peptid vom Pro-B-Typ > 1000 pg/Kubikliter
Die ENACT-HF-Studie verlief in zwei zeitlich getrennten Phasen mit zwei Therapiegruppen. In der ersten Phase wurde ein Teil der Studienteilnehmenden (n = 254) nach dem lokalen Behandlungsstandard therapiert. In der zweiten Phase erfolgte die Behandlung der erst später hierfür rekrutierten Studienteilnehmenden (n = 147) nach einem standardisierten Diuretika-Protokoll, nach dem im HFA-Positionspapier vorgeschlagenen Algorithmus. Gemäß der neuen Diuretika-Strategie erhielten die Patient:innen i.v. die doppelte Dosis der vorherigen oralen Dosis. Zur frühzeitigen Bewertung eines Therapieansprechens erfolgten Spot-Messungen des Natriums im Urin nach 2 und nach 6 Stunden. Falls 6 Stunden nach Therapiebeginn das Urin-Natrium < 50 mmol/L betrug oder die Urinausscheidung < 100 ml/h lag, erfolgte eine erneute Verdoppelung der Diuretika-Dosis (siehe Abbildung 1). Am zweiten Tag wurde geprüft, ob die Urinausscheidung unter bzw. über 3 Liter lag. Für den ersten Fall wurde die Dosis erneut verdoppelt. Für den zweiten Fall wurde die bisherige Therapie beibehalten. Der primäre Endpunkt der ENACT-HF-Studie war die Natriurese nach einem Tag.(3)
Die Studienteilnehmenden waren im Durchschnitt rund 70 Jahre alt und vorwiegend männlich (62 %). Ein Tag nach Therapiebeginn mit der neuen Diuretika-Strategie war eine signifikante Verbesserung der Natriurese messbar [95-%-Konfidenzintervall (KI) 1,37–1,95; p < 0,001]: 174 mmol vs. 282 mmol. Dies entsprach einer 64-%-igen Zunahme der Diurese und übertraf damit das Studienziel von 50 %. Vor allem Studienteilnehmende mit einer niedrigen eGFR (< 49 ml/min/1,73 qm) profitierten von der Umstellung auf die neue Diuretika-Strategie. Das neue Behandlungskonzept war zudem sehr sicher. In beiden Therapiearmen kam es nur bei rund 12 % der Studienteilnehmenden zur Hypokaliämie und bei rund 5 % zur Hypotonie.(3)
Durch die geringe Anzahl an Studienteilnehmenden und den kurzen Untersuchungszeitraum von 2 Tagen besaß die Studie nicht die gewünschte Power, um die sekundären Endpunkte zufriedenstellend zu bewerten. Die sekundären Endpunkte waren u. a. eine Veränderung des Stauungs-Scores und des Körpergewichts gewesen. In der Studie zeigte sich – trotz der signifikant erhöhten Natriurese in Phase 2 – kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapiegruppen. Möglicherweise kann eine inkorrekte Messung des Körpergewichts durch das medizinische Personal im Krankenhaus einen Bias darstellen. Um Unterschiede hinsichtlich der Entstauung zu sehen, ist zudem ein längerer Untersuchungszeitraum nötig.(3)
Die Natriurese-orientierte Diuretika-Strategie der ENACT-HF-Studie war sicher und ging einher mit:
- einer signifikant verbesserten Natriurese bereits 24 Stunden nach Therapiebeginn,
- einer verkürzten Krankenhausaufenthaltsdauer (um 1 Tag).
- Allerdings waren klinische Endpunkte wie Stauungs-Scores und Körpergewicht nicht unterschiedlich.(3)