Neu auftretendes Vorhofflimmern (VHF) nach koronarer Bypass-OP ist mit einer Inzidenz von etwa 30 % die häufigste frühzeitige postoperative Komplikation. VHF ist mit verlängerten postoperativen Krankenhausaufenthalten, vermehrten Kosten und Beschwerden verbunden und erhöht das Langzeitrisiko für Schlaganfall und Herzinsuffizienz. Gemäß den ESC-Leitlinien für VHF kommt eine langfristige orale Antikoagulation bei neu auftretendem VHF nach einer kardialen OP in Betracht.3 Bisher gibt es jedoch kaum Studien, die auf Daten eines kontinuierlichen VHF-Monitoring nach der Herz-OP basieren.
In der Investigator-initiierten prospektiven Kohortenstudie erhielten 198 Personen ohne VHF, die sich erstmalig einer koronaren Bypass-OP mit ≥2 Bypass-Transplantaten unterzogen, zeitgleich einen implantierbaren Herzmonitor. Die Studie wurde in 2 Zentren in Deutschland durchgeführt: LMU München und Universitätsklinikum Jena. Als primärer Endpunkt wurde die Inzidenz von neu auftretendem VHF innerhalb eines Jahres nach Bypass-OP erfasst.
198 teilnehmende Personen wiesen folgende Baseline-Charakteristika auf: mittleres Alter 66 Jahre, 87 % Männer, medianer CHA2DS2-VASc-Score 3 und 58 % Betablocker-Therapie. Die mediane postoperative Krankenhausaufenthaltsdauer betrug 10 Tage.
Von 192 Personen lagen Daten zum kontinuierlichen VHF-Monitorings über ein Jahr vor, davon wurde bei 48 % (n=95) neu auftretendes VHF festgestellt mit einer medianen VHF-Last von 0,07 % bzw. kumulativen VHF-Zeit von 370 min. Der Anteil an Personen mit und ohne VHF, die ein MACE innerhalb eines Jahres erlitten, war ähnlich hoch (7,4 % vs. 6,8 %) – gleiches galt auch für das Auftreten von Todesfällen (3,2 % vs. 1,0 %) und Schlaganfällen (0 vs. 1,9 %). Die mediane Zeit bis zum Auftreten einer VHF-Episode betrug 3,3 Tage und die mediane Episodendauer 6 Minuten. Etwa Zweidrittel der VHF-Episoden waren asymptomatisch und ebenfalls rund Zweidrittel wurden nicht durch das Standard-VHF-Monitoring erfasst.
Obwohl die Inzidenz von neu auftretendem Vorhofflimmern nach koronarer Bypass-OP höher war als zuvor berichtet, war die VHF-Last sehr gering - sowohl innerhalb der ersten 30 Tage als auch später. Insgesamt stellen diese Daten die aktuellen Leitlinien-Empfehlungen für die orale Antikoagulation bei Patientinnen und Patienten mit neu auftretendem VHF nach koronarer Bypass-OP in Frage. Falls eine orale Antikoagulation nach der OP begonnen wird, so wird eine Neubewertung nach 30 Tagen empfohlen.
Die Studie von Hermann et al. zeigt, dass kontinuierliches Rhythmus Monitoring nach einer Bypass-Operation häufig postoperatives Vorhofflimmern (VHF) detektiert, das sich oft durch seltene, kurze, selbstterminierende und asymptomatische Episoden mit geringer VHF-Last auszeichnet.1,2 Obwohl eine dauerhafte empirische Antikoagulation bei diesen Patientinnen und Patienten nicht gerechtfertigt erscheint, sollte im Sinne des AF-CARE-Prinzips eine konsequente Behandlung individueller Risikofaktoren erfolgen, um eine Progression zu klinisch manifestem VHF zu verhindern. Zudem sollte im Verlauf, beispielsweise nach 30 Tagen, eine Neubewertung der Antikoagulationsstrategie in Erwägung gezogen werden.3
Diese Daten stehen im Einklang mit früheren Studien zum VHF-Screening in verschiedenen Populationen: Die Herausforderung liegt nicht in der bloßen Detektion, sondern in der Identifikation von therapiebedürftigem VHF. Denn nicht jedes VHF ist gleich; entscheidend scheint insbesondere die VHF-Last zu sein.4