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Nutzen der verlängerten Antikoagulation bei VTE

ESC Congress 2025 | HI-PRO: Bringt die orale Antikoagulation über 12 Monate Vorteile bei venösen Thromboembolien (VTE)? Dieser Frage ging die monozentrische Studie HI-PRO (Brigham and Women's Hospital, Boston, USA) nach, in der Patientinnen und Patienten mit VTE (≥1 provozierender Faktor) mit Apixaban (2,5 mg; bid) oder Placebo über 12 Monate behandelt wurden. Prof. Gregory Piazza (Brigham and Women's Hospital, Boston, USA) stellte die Daten vor.1


Prof. Christos Rammos (Universitätsklinikum Essen) berichtet und kommentiert.

Von:

Prof. Christos Rammos

Rubrikleiter Angiologie

 

 

01.09.2025

Bildquelle (Bild oben): Songquan Deng / Shutterstock.com

Studiendesign und Methodik

Die HI-PRO-Studie untersuchte den Nutzen einer verlängerten Antikoagulation bei Patientinnen und Patienten mit venöser Thromboembolie (VTE), die durch einen vorübergehenden auslösenden Faktor (z. B. Operation, Immobilisation) entstanden war, jedoch zusätzlich mindestens einen dauerhaften Risikofaktor (z. B. Adipositas, chronisch-entzündliche Erkrankung oder COPD) aufwiesen. In dieser randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie wurden 600 Patientinnen und Patienten nach mindestens 3 Monaten Standard-Antikoagulation entweder für weitere 12 Monate mit Apixaban 2,5 mg zweimal täglich oder Placebo behandelt.

Ergebnisse

Das Ergebnis war deutlich: In der Apixaban-Gruppe kam es nur bei 1,3 % der Patientinnen und Patienten zu einem symptomatischen VTE-Rezidiv, verglichen mit 10 % in der Placebo-Gruppe (HR 0,13; p<0,001). Schwere Blutungen traten sehr selten auf (1 Person mit Apixaban, keine mit Placebo), während klinisch relevante, nicht-schwere Blutungen unter Apixaban zwar häufiger waren (4,8 % vs. 1,7 %), jedoch meist gut beherrschbar. Die Studie betont, dass die bisher übliche Einteilung in „provozierte“ vs. „unprovozierte“ VTE nicht ausreicht, um das Rückfallrisiko zu bestimmen. Persistierende Risikofaktoren nach einer „provozierten“ VTE können ein ähnlich hohes Rezidivrisiko erzeugen wie bei unprovozierten Ereignissen. Damit liefert HI-PRO ein starkes Argument für eine individualisierte Entscheidung zur verlängerten Antikoagulation in dieser spezifischen Subgruppe.

Fazit und Kommentar

Im Vergleich zu HI-PRO untersuchte die AMPLIFY-EXTENSION-Studie eine breitere Patientengruppe – mit sowohl provokierter als auch unprovozierter VTE – und zeigte ebenfalls eine signifikante Reduktion von Rezidiven durch verlängerte Apixaban-Gabe (2,5 mg; 2 x täglich) im Vergleich zu Placebo. Allerdings war AMPLIFY nicht gezielt auf Patientinnen und Patienten mit dauerhaften Risikofaktoren fokussiert.2 HI-PRO ergänzt somit die Erkenntnisse aus AMPLIFY durch eine gezielte Analyse einer klinisch häufigen, aber bislang unterrepräsentierten Risikokonstellation. 


Diese Studie schließt eine relevante Lücke in der bisherigen Leitlinienpraxis: Patientinnen und Patienten mit provozierter VTE, aber persistierenden Risikofaktoren, könnten bisher zu früh von der Antikoagulation abgesetzt worden sein. Die Ergebnisse der HI-PRO-Studie sprechen klar dafür, in dieser Subgruppe eine individuell risikoadaptierte, verlängerte Antikoagulation mit niedrig dosiertem Apixaban zu erwägen. Die niedrige Rate schwerer Blutungen ist klinisch bedeutsam, doch die erhöhte Blutungsrate im nicht-schweren Bereich muss bei der Patientenberatung berücksichtigt werden.


HI-PRO liefert starke Argumente dafür, das bisherige pauschale Vorgehen bei provozierter VTE zu überdenken und dauerhafte Risikofaktoren systematisch in die Therapieplanung einzubeziehen.

Zur Person

Prof. Christos Rammos

Prof. Christos Rammos ist als Stellvertretender Klinikdirektor und Leiter der diagnostischen und interventionellen Angiologie am Universitätsklinikum Essen tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der kardiovaskulären Funktionsstörung mit besonderem Fokus auf Endothelfunktion, mikrobiomvermittelte Effekte und diätetische Interventionen sowie ferner Interventionen bei peripherer Verschlusskrankheit.

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Referenzen

  1. Piazza G. HI-PRO: Apixaban for Extended Treatment of Provoked Venous Thromboembolism. Hot Line 5, 30.08.2025, Madrid, ESC 2025
  2. Agnelli G et al. Apixaban for extended treatment of venous thromboembolism. N Engl J Med. 2013;368(8):699-708. doi: 10.1056/NEJMoa1207541. 

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