Anthrazykline (wie z.B. Doxorubicin) und HER-2-Blocker (wie z.B. Trastuzumab) stellen die wichtigsten Säulen der Brustkrebsbehandlung dar, werden jedoch auch mit einer erheblichen Kardiotoxizität in Verbindung gebracht. Kardiotoxizität ist einer der Hauptgründe für die Unterbrechung der Krebstherapie und betrifft bis zu 20 % aller Patientinnen und Patienten mit Brustkrebs.3,4 Während Doxorubicin vor allem den oxidativen Stress erhöht, fördert Trastuzumab Entzündungsreaktionen und beeinträchtigt die Herzmuskelfunktion. Nach Literaturangaben entwickeln 15-30 % der Personen, die Trastuzumab erhalten, eine kardiale Dysfunktion, deren Schweregrad von einer asymptomatischen LVEF-Reduktion bis hin zu einer Herzinsuffizienz reichen kann. Risikofaktoren für eine schwere Kardiotoxizität durch Trastuzumab sind höheres Alter, vorhergehende Herzschäden oder Herzkrankheiten, längere Behandlungsdauer und zusätzliche Anthrazyklin-Gabe.5 Obwohl die Kardiotoxizität von Trastuzumab generell reversibel ist, ist das Langzeit-Risiko für Herzinsuffizienz bei Überlebenden stark erhöht.
Es gibt bereits erste Hinweise, dass SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i) kardiorenale Benefits während einer Anthrazyklin-basierten Chemotherapie bieten könnten.6 Die kardioprotektiven Effekte von SGLT2i bei einer kombinierter Anthrazyklin- und HER-2-Blocker-Therapie sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Das Ziel der vorliegenden Studie war es, das kardioprotektive Potenzial von Dapagliflozin für die Primärprävention der durch Anthrazyklin- und HER-2-Blocker vermittelten Kardiotoxizität zu untersuchen.
Insgesamt wurden 24 weibliche Mäuse (C57Bl/6) in 4 Gruppen eingeteilt und über 10 Tage lang behandelt:
- Gruppe 1: Doxorubicin/Trastuzumab (2,17 mg/kg/Tag Doxorubicin über 5 Tage gefolgt von 2,25 mg/kg/Tag Trastuzumab über 5 Tage)
- Gruppe 2: Doxorubicin/Trastuzumab + Dapagliflozin (10 mg/kg/Tag)
- Gruppe 3: Dapagliflozin (10 mg/kg/Tag)
- Gruppe 4: Salzlösung
Nach der 10-tägigen Behandlung wurden eine transthorakale Echokardiographie durchgeführt, die myokardiale Expression von NLRP-3, MyD-88, IL-6 und IL1 bestimmt sowie verschiedene pro-inflammatorische Biomarker in Blutproben (u.a. Galectin-3, hs-CRP und Chemokine) quantifiziert. Zusätzlich erfolgte eine immunhistochemische Färbung zum Nachweis von pro-inflammatorischen Biomarkern im myokardialen und renalen Zellgewebe.
Die transthorakale Echokardiographie zeigte, dass die Behandlung mit Doxorubicin/Trastuzumab mit einer Kardiotoxizität verbunden war, die sich u.a. in einer signifikanten LVEF-Reduktion gegenüber den Kontrollen manifestierte (60 % vs. 95 %) und durch Dapagliflozin fast vollständig aufgehoben wurde (91 %).
Weiterhin wurde die myokardiale Expression der inflammatorischen Biomarker (NLRP-3, MyD-88, IL-6 und IL1) durch Doxorubicin/Trastuzumab drastisch erhöht im Vergleich zu den Kontrollen. Dieser Anstieg wurde durch Zugabe von Dapagliflozin wiederum signifikant abgemildert. Auch die stark erhöhten systemischen Spiegel von pro-inflammatorischen Chemokinen (IL-1β, IL-6, TNF-α, G-CSF und GM-CSF) wurden signifikant durch Dapagliflozin gesenkt. Ebenso wurden die erhöhten Spiegel von Galectin-3 und hs-CRP durch Dapagliflozin normalisiert. Zusätzlich wiesen die durch Dapagliflozin reduzierten kardialen Biomarker (Troponin-T, BNP und NT-pro-BNP) auf kardioprotektive Eigenschaften des SGLT2-Inhibitors hin.
In Einklang mit den vorhergehenden Ergebnissen zeigte zudem die immunhistochemische Analyse eine deutlich verringerte myokardiale und renale Expression der inflammatorischen Marker (IL-1, IL6, CXCR4, NLRP-3 und Myd88-ICH) bei zusätzlicher Dapagliflozin-Gabe gegenüber der Behandlung ohne Dapagliflozin.
Diese präklinische Studie lieferte erste Hinweise für kardioprotektive und antiinflammatorische Effekte durch die zusätzliche Gabe von Dapagliflozin bei Mäusen, die mit Anthrazyklinen und HER-2-Blockern behandelt wurden. Falls klinische Studien zukünftig diese Ergebnisse bestätigen, könnte die zusätzliche Gabe von Dapagliflozin während der Brustkrebstherapie als Prävention vor Kardiotoxizität dienen, wodurch insbesondere Personen mit zusätzlichen Risikofaktoren profitieren könnten.
Die Kardiotoxizität von Anthrazyklinen und HER2-gerichteten Antikörpern stellt nach wie vor eine der größten Herausforderungen in der onkologischen Therapie des Mammakarzinoms dar. Trotz der unbestrittenen Wirksamkeit dieser Substanzen schränkt die potenzielle Schädigung der Herzfunktion häufig die therapeutischen Möglichkeiten ein, insbesondere bei Patientinnen mit zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren. In diesem Kontext sind die nun im Rahmen des ASCO 2025 präsentierten präklinischen Daten von Quagliariello et al. von besonderem Interesse.
Die Autoren konnten in einem gut kontrollierten Mausmodell zeigen, dass die zusätzliche Gabe von Dapagliflozin eine signifikante protektive Wirkung auf die linksventrikuläre Funktion ausübt und die durch Doxorubicin und Trastuzumab induzierte LVEF-Reduktion nahezu vollständig verhindert. Besonders bemerkenswert ist dabei der breite antiinflammatorische Effekt von Dapagliflozin, der sich sowohl auf myokardialer als auch auf systemischer Ebene zeigte. Die Absenkung inflammatorischer Zytokine, Chemokine und Biomarker wie Galectin-3 oder hs-CRP unterstreicht die komplexe Modulation von Entzündungsprozessen durch SGLT2-Inhibition.
Obgleich es sich hierbei um präklinische Daten handelt, liefern diese Ergebnisse einen wichtigen Impuls für die künftige klinische Forschung. Angesichts der bereits gut dokumentierten kardioprotektiven Effekte von SGLT2-Inhibitoren bei Herzinsuffizienz und Diabetes erscheint eine Translation in die Kardio-Onkologie prinzipiell plausibel. Insbesondere Patientinnen mit hohem kardialem Risiko könnten potenziell von einer solchen protektiven Komedikation profitieren. Gleichwohl bleibt die Übertragbarkeit auf die klinische Realität abzuwarten und bedarf sorgfältig konzipierter prospektiver Studien.
Insgesamt eröffnen die vorliegenden Daten einen interessanten therapeutischen Ansatz, der — sollte er sich im klinischen Setting bestätigen — das onkologische Management langfristig erweitern könnte.