Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Verbesserung der Prävention und Therapie von Erkrankungen. Mobile Gesundheitsanwendungen (m-Health Apps) unterstützen Patient:innen mit arterieller Hypertonie durch die Förderung eines gesundheitsbewussten Lebensstils, das Monitoring des Blutdrucks sowie die Erhöhung der Therapietreue (Kario et al., 2022). Trotz dieser Potenziale sind m-Health Apps bislang nicht flächendeckend in die Routineversorgung integriert. Insbesondere fehlen strukturierte Empfehlungen durch Kardiolog:innen, was die Nutzung solcher Anwendungen durch Patient:innen hemmen könnte (Dahlhausen et al., 2021). Neben der begrenzten Evidenzlage spielen Informationsdefizite und strukturelle Barrieren eine wesentliche Rolle (Asteggiano et al., 2021).
Ziel dieser Studie war es, die Einstellungen von Kardiolog:innen zur Nutzung und Empfehlung digitaler Präventionsmaßnahmen, insbesondere m-Health Apps, in der Hypertonieversorgung zu erfassen. Dabei wurden die Informationsbedürfnisse, wahrgenommene Potenziale sowie Hindernisse in Bezug auf die Nutzung dieser Technologien analysiert.
Es wurde eine quantitative Online-Fragebogenerhebung unter 200 niedergelassenen Kardiolog:innen aus 15 deutschen Bundesländern durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 in Kooperation mit dem Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK Service GmbH). Die Teilnehmer:innen erhielten eine Aufwandsentschädigung für ihre Teilnahme. Die Studie ist Bestandteil des Innovationsfondsprojekts DiPaH. Die Analyse umfasste deskriptive und inferenzstatistische Verfahren zur Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Alter, Berufserfahrung, Geschlecht und der Einstellung gegenüber m-Health Apps.
Die befragten Kardiolog:innen waren durchschnittlich 52 Jahre alt und verfügten über eine mittlere Berufserfahrung von 19 Jahren. Die Mehrheit (92%) stand der Integration von m-Health Apps in die Hypertoniebehandlung positiv oder eher positiv gegenüber, und 79% gaben an, dass sie ihren Patient:innen eine solche App aktuell wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich empfehlen würden. Gleichzeitig fühlten sich jedoch nur 20% der Befragten gut oder sehr gut über den Einsatz von Apps bei Hypertoniepatient:innen informiert.
Die größten Informationsdefizite bezogen sich auf die Wirksamkeit der Apps (67%), Kostenaspekte (64%) sowie die konkrete Funktionalität der Anwendungen (62%). Jüngere Kardiolog:innen und Ärzt:innen mit geringerer Berufserfahrung wiesen einen höheren Informationsbedarf auf als ältere und erfahrenere Kollegen.
Die wesentlichen Potenziale der Apps sahen die Befragten in der Verbesserung der Medikamentenadhärenz (83%), der Erhöhung der Patientenautonomie (79%) und der Erleichterung des Krankheitsmanagements (70,5%). Demgegenüber wurden unzureichende Vergütungsmodelle (89,5%), technische Integrationsprobleme (81,5%) sowie ein erhöhter administrativer Aufwand für die Praxis (81,5%) als wesentliche Barrieren genannt. Daten- und Haftungsfragen spielten hingegen eine untergeordnete Rolle.
Die Ergebnisse verdeutlichen eine grundsätzliche Offenheit der Kardiolog:innen gegenüber der Integration digitaler Gesundheitsanwendungen in die Hypertonieversorgung. Gleichzeitig bestehen erhebliche Informationsdefizite und strukturelle Hürden, die einer breiteren Nutzung im Wege stehen. Um die Implementierung zu fördern, sollten Fortbildungsangebote für Ärzt:innen ausgeweitet und Anreizsysteme geschaffen werden, die eine Vergütung der Einbindung digitaler Technologien in den Versorgungsalltag ermöglichen (Byambasuren et al., 2019). Eine enge Zusammenarbeit zwischen Mediziner:innen, Entwickler:innen und Gesundheitseinrichtungen ist erforderlich, um m-Health Apps nachhaltig in die Hypertonieversorgung zu integrieren (Sarradon-Eck et al., 2021).