Blutdrucksenkung: Vierer-Kombi in niedriger Dosierung schlägt Monotherapie

Mit einer Fixkombination, die vier sehr niedrig dosierte Antihypertensiva in einer Kapsel vereint („Quadpill“), gelingt der Einstieg in eine blutdrucksenkende Therapie wesentlich besser als mit einer antihypertensiven Monotherapie, zeigt die QUARTET-Studie.

Von Peter Overbeck

 

10.09.2021

Dass eine Blutdrucksenker-Kombi wirksamer ist als eine antihypertensive Monotherapie, hat sich inzwischen herumgesprochen. Die 2018 aktualisierten europäischen Hypertonie-Leitlinien empfehlen mittlerweile, dass die meisten Patienten mit Hypertonie von Anfang an eine duale Wirkstoff-Kombination erhalten sollten. Dabei wird zu einer initialen Zweifach-Fixkombination aus ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorblocker plus Kalziumantagonist oder Diuretikum geraten.

 

Eine australische Forschergruppe um Prof. Clara K Chow von der University of Sydney, Australien, wollte da noch eine Schippe drauflegen. Um angesichts des häufig beklagten Mangels an dauerhafter Therapietreue in der antihypertensiven Therapie diese für die Patienten zu vereinfachen und zugleich in ihrer Wirksamkeit zu verbessern, haben die australischen Forscher die „Quadpill“-Strategie entwickelt.

Vier Mal ein Viertel der Standarddosis

„Quadpill“ steht für eine Fixkombination aus vier antihypertensiven Wirkstoffen in sehr niedriger Dosierung (ein Viertel der Standarddosis). Ihren Wirksamkeitstest hat diese blutdrucksenkende „Low Dose“-Polypille in der QUARTET-Studie erfolgreich bestanden. Studienleiterin Chow hat die simultan im Fachblatt „Lancet“ publizierten Ergebnisse beim virtuellen europäischen Kardiologenkongress (ESC 2021) vorgestellt.

 

In der randomisierten doppelblinden Studie hatte die Gruppe um Chow nach einem Screening von 743 Patienten insgesamt 591 Patienten (40% Frauen) nach Zufallszuteilung der Quadpill-Gruppe (n=300) oder einer Kontrollgruppe (n=291) zugeordnet.

Kombi aus Irbesartan, Amlodipin, Indapamid und Bisoprolol

Es gab zwei Einschlusskriterien: Entweder bestand eine noch unbehandelte Hypertonie mit Blutdruckwerten ≥140/90 mmHg (oder ≥135/85 mmHg bei ambulanter 24-Stunden-Messung während des Tages), oder die Patienten hatten trotz antihypertensiver Monotherapie Blutdruckwerte ≥130/85 mmHg (oder ≥125/80 mmHg bei ambulanter 24-Stunden-Messung während des Tages).

 

Im „Quadpill“-Arm der Studie erhielten alle Patienten eine in Kapseln verpackte Kombination aus vier Wirkstoffen, deren Dosis jeweils nur ein Viertel der üblicherweise in der Monotherapie verwendeten Dosierung betrug:  37,5 mg Irbesartan, 1,25 mg Amlodipin, 0,625 mg Indapamid und 2,5 mg Bisoprolol. Für Patienten der Vergleichsgruppe war eine Monotherapie mit 150 mg Irbesartan pro Tag vorgesehen. Im Fall einer unzureichenden Blutdrucksenkung konnte die Therapie in beiden Gruppen schrittweise intensiviert werden, im ersten Schritt durch Zugabe von Amlodipin 5 mg.

Unterschied um 6,9 mmHg beim systolischen Blutdruck

Der mittlere Ausgangs-Blutdruck der im Schnitt 59 Jahre alten Studienteilnehmer betrug 141/85 mmHg. Primärer Studienendpunkt war der Unterschied beim nach 12 Wochen durch unbeaufsichtigte automatisierte Praxismessung ermittelten systolischen Blutdruck. Hier zeigte sich, dass der systolische Blutdruck in der „Quadpill“-Gruppe im Mittel signifikant um 6,9 mmHg niedriger war als in der Vergleichsgruppe (p<0,0001).

 

In der Kontrollgruppe mit Irbesartan-Monotherapie war diese bei 40% der Teilnehmer um zusätzliche Blutdrucksenker ergänzt worden, in der mit der Vierer-Kombi behandelten Gruppe dagegen nur in 15% der Fälle. Mit 76% versus 58% war der Anteil an Patienten, deren Blutdruck als gut eingestellt (kontrolliert) erachtet wurde, in der Quadpill-Gruppe relativ um 30% höher als in der konventionell behandelten Vergleichsgruppe (Relatives Risk 1,30; 95%-KI:1,15-1,47, p<0,0001).

 

Bezüglich der Häufigkeit von Therapieabbrüchen wegen unerwünschter Effekte bestand kein Unterschied zwischen beiden Gruppen (4,0% vs. 2,4%; p=0,27).

Bessere Blutdruckkontrolle auch noch nach einem Jahr

Insgesamt 417 Patienten sind auch über die Dauer von zwölf Wochen hinaus nachbeobachtet worden. Bei diesen Patienten waren Auftitrierungen der antihypertensiven Medikation in der Kontrollgruppe signifikant häufiger erforderlich als in der „Quadpill“-Gruppe (p<0,0001). Dennoch waren nach 52 Wochen die systolischen Blutdruckwerte in der Gruppe mit Vierer-Kombi im Mittel um 7,7 mmHg niedriger als in der Kontrollgruppe.

 

Dementsprechend war auch zu diesem Zeitpunkt der Anteil an Patienten mit als gut kontrolliert eingeschätztem Blutdruck deutlich höher als in der mit einer Monotherapie gestarteten Vergleichsgruppe (81% vs. 62%).

Warum gerade vier Wirkstoffe?

In der anschließenden Diskussion fragte Moderator Dr. Thomas Kahan vom Karolinska Institutet, Danderyd Hospital, Stockholm, nach den Gründen für die Wahl einer Vierer-Kombination: „Ist vier besser als drei? Oder zwei? Oder sollten wir sogar noch mehr Wirkstoffe in niedriger Dosierung haben?“

 

Chow bemerkte dazu, dass es in der QUARTET-Studie primär nicht um den Vergleich von Kombinationen mit einer unterschiedlichen Zahl von Komponenten gegangen sei. QUARTET sei vielmehr eine „Konzept-Studie“: Man habe grundsätzlich zeigen wollen, dass die Strategie, die Therapie mit einer Kombination aus „ultra-niedrig“ dosierten Wirkstoffen zu starten, besser ist als das, was weltweit immer noch gängige Praxis ist, nämlich mit einer Monotherapie zu beginnen und dann langsam zu steigern. Die spezifische Zahl der kombinierten Wirkstoffe sei da eher nachrangig gewesen.

 

Gleichwohl hielte es Chow für interessant, die „Quadpill“-Mixtur künftig mit anderen heute gebräuchlichen Antihypertensiva-Kombinationen direkt zu vergleichen – vor allem unter dem Aspekt der Verträglichkeit.

 

Derzeit gebe es keinen Hersteller, der eine Vierer-Kombi mit sehr niedrig dosierten Wirkstoffkomponenten produziere, so Chow. Die in der Studie verwendeten Kapseln hatte die QUARTET-Forschergruppe quasi in Eigenarbeit hergestellt.


Literatur

Chow C: Quadruple UltrA-low-dose tReaTment for hypErTension - QUARTETLate Breaking Trials in Hypertension, ESC Congress 2021 – The Digital Experience, 27. bis 30. August 2021

 

Chow C.K. et al.: Initial Treatment with a single pill containing quadruple combination of quarter doses of blood pressure medicines versus standard dose monotherapy in patients with hypertension (QUARTET): a phase 3, randomized, double-blind, active controlled study. Lancet 2021; DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(21)01922-X

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