„Eine der wichtigsten technologischen Neuerungen in den letzten Jahren, die auch unsere Klinik verändern wird, ist das Photon-counting CT.“
Dr. Stefanie Werhahn, Charité in Berlin, zu Innovationen in der kardialen Bildgebung
In ihrem Vortrag widmete sich Dr. Stefanie Werhahn aktuellen Entwicklungen in der kardialen Bildgebung und ihrem Potenzial für die klinische Anwendung. Der Fokus lag auf vier Aspekten: Fortschritte in der Hardware, Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) zur Breitenversorgung, KI-Einsatz bei Screening und Risikoprädiktion sowie bildgebende Modalitäten zur Therapieentwicklung.
1. Bessere Hardware: Photon-counting CT
Die Photon-counting Computer-Tomographie kann die diagnostische Leistungsfähigkeit der Kardio-CT drastisch erhöhen, so Werhahn. Denn sie ermöglicht eine erhöhte Bildauflösung, einen besseren Weichteilkontrast und weniger Blooming-Artefakte durch Kalzifizierung oder Stents. So zeigte beispielsweise eine retrospektive Single-Center-Studie aus dem Journal of Cardiovascular Computed Tomography, dass bei Untersuchung mittels Photon-counting CT im Vergleich zu konventioneller CT signifikant seltener eine invasive Koronardiagnostik erforderlich war, vor allem bei Personen mit erhöhtem Koronarkalk (CACS ≥ 400).1
2. Breitere Versorgung durch KI-Einsatz
KI-Anwendungen sind bereits in der gesamten Prozesskette der kardialen Bildgebung präsent – von Bildaufnahme über Analyse bis Reporting, erklärte die Referentin. Um zu verdeutlichen, wie KI helfen kann, die Versorgung in der Breite zu verbessern, führte die Kardiologin zwei Beispiele aus der Echokardiographie an. So kann ein Deep-Learning-Algorithmus Untersuchende, die nicht im Echo geschult sind, bei der Bildakquisition unterstützen. Die KI liefert während der Untersuchung Echtzeitanweisungen zur optimalen Schallkopf-Positionierung. In rund 99 % der Fälle kann für einfache Parameter wie linksventrikuläre Größe und Funktion eine ausreichende Bildqualität erreicht werden.2
Eine weitere Studie, veröffentlicht in „Circulation“, nutzte Deep Learning zur automatisierten Erkennung und Klassifikation der Mitralklappeninsuffizienz anhand apikaler Vier-Kammer-Blicke.3 Dabei zeigte das Modell eine hohe Genauigkeit. Die beiden Beispiele sollen zeigen, dass KI zukünftig einen breiteren Zugang zur knappen Ressource Echokardiographie eröffnen könnte, so Werhahn.
3. Radiomics: KI bei Screening und Risikoprädiktion
Die Bildgebung ist von besonderer Bedeutung für das Screening und die Risikoprädiktion, sagte die Referentin und verwies beispielhaft auf das Late Gadolinium Enhancement im kardialen MRT zur Risikostratifizierung vor Device-Implantation. Hinsichtlich des Einsatzes von KI stellte Werhahn eine Studie vor, bei der zwei KI-Modelle kombiniert wurden, um aus nativen Thorax-CT-Bildern u. a. Kalzium-Score, linksatriale Volumen und linksventrikuläre Masse zu berechnen.4 Die Ergebnisse korrelierten signifikant mit der kardiovaskulären Mortalität und zeigen, dass sich auch aus primär nicht-kardiologischer Diagnostik durch KI Informationen ziehen lassen, die ein frühzeitiges kardiovaskuläres Screening ermöglichen – und damit auch eine frühzeitige Therapie.
4. Molecular Imaging identifiziert neue Therapieziele
Zum Abschluss erläuterte Werhahn eine Studie, die mittels Tracer in der Positronenemissionstomographie (PET) die Aktivität von Fibroblasten bei Aortenklappenstenose untersuchte.5 Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Fibroblastenaktivität und Schweregrad der Erkrankung sowie dem linksventrikulären Remodeling. Diese molekulare Bildgebung kann als Grundlage für zukünftige Therapieansätze dienen und hebt das Potenzial hervor, Bildgebung über die reine Diagnostik hinaus zur Entwicklung spezifischer Behandlungen zu nutzen.
Diskussion
In der anschließenden Diskussion wurde die Rolle der KI in der Bildgebung, insbesondere im Zusammenhang mit der Ausbildung von Nachwuchs-Kardiologinnen und -Kardiologen, erörtert. Es wurde betont, dass die zunehmende KI-Unterstützung eine Chance bietet, die Ressourcen effizienter zu nutzen, jedoch auch weiterhin eine fundierte Ausbildung des ärztlichen Personals beispielsweise in der Echokardiographie sichergestellt werden sollte – durch Ausbildende vor Ort oder auch durch Weiterbildungsangebote bei der DGK.
Referenzen
- Simon, J. et al. (2024). Photon-counting detector CT reduces the rate of referrals to invasive coronary angiography as compared to CT with whole heart coverage energy-integrating detector. Journal of Cardiovascular Computed Tomography 18(1): 69-74.
- Narang, A.et al.(2021). Utility of a Deep-Learning Algorithm to Guide Novices to Acquire Echocardiograms for Limited Diagnostic Use. JAMA Cardiology 6(6): 624-632.
- Vrudhula, A. et al. (2024). High-Throughput Deep Learning Detection of Mitral Regurgitation. Circulation 150(12): 923-933.
- Miller, R. J. H. et al. (2024). Predicting mortality from AI cardiac volumes mass and coronary calcium on chest computed tomography. Nature Communications 15(1): 2747.
- Craig N. et al. Young Investigator Award CVI ESC Congress 2024. Valvular and myocardial fibroblast activation in aortic stenosis: a prospective positron emission tomography study.
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