Kardiologie von morgen: Digitalisierung

 

DGK Herztage 2024 | Was wird zunehmend die Weiterbildung und den klinischen Alltag in der Kardiologie prägen? In der Young-DGK-Session „Kardiologie von morgen“ unter Leitung von PD Dr. Philipp Breitbart und Dr. Hannah Billig wurden aktuelle Trends diskutiert: kardiale Bildgebung, Digitalisierung, Ambulantisierung sowie Rahmenbedingungen in der ärztlichen Weiterbildung. Folgendes tut sich in der Digitalisierung.

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

07.10.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Sina Ettmer Photography / Shutterstock.com

„Wir werden uns vielleicht wundern, wer zum Schluss besser ist.“


Prof. Benjamin Meder, Universitätsklinikum Heidelberg, zur zunehmenden Konkurrenzfähigkeit von KI

In seinem Vortrag warb Prof. Benjamin Meder dafür, nicht besser sein zu wollen als Künstliche Intelligenz (KI), sondern zu lernen, die KI mit ihren wachsenden Fähigkeiten bestmöglich für sich und die Patientenversorgung einzusetzen. Die Digitalisierung in der Kardiologie betrifft aber nicht nur die Integration von KI, sondern ein sehr breites Themenspektrum, was der Referent beispielhaft beleuchtete.

Etablierung des E-Rezepts

 

„Man sieht, dass sich das jetzt eingroovt“, erklärte der Kardiologe zum E-Rezept. „Die Prozesse, die davor langwierig waren, werden langsam besser.“ Die Einführung technischer Neuerungen erfordere zunächst Geduld. Es sei aber eine zunehmende Akzeptanz beim Fachpersonal, insbesondere bei Technologie-affinen Jüngeren, in Umfragen zum E-Rezept zu beobachten. In ein, zwei Jahren werde das E-Rezept eine Selbstverständlichkeit sein, prognostizierte der Referent. Er lobte zudem das „Secure by Design“-Konzept der deutschen Telematik-Infrastruktur durch die Gematik, die sich im Ländervergleich durch eine hohe Cybersicherheit auszeichne.

Professionelle Vernetzung durch Social Media

 

Soziale Medien spielen eine immer größere Rolle bei der Rekrutierung und Vernetzung von Fachleuten sowie bei der Wissensverbreitung und Meinungsbildung, auch auf Ebene von Fachverbänden und -organisationen. Meder riet, sich damit vertraut zu machen, und empfahl das DGK-Positionspapier „Professioneller Umgang mit sozialen Medien in der Kardiologie“.

Sensorik und Wearables

 

Vorhofflimmern, aber auch Schlafapnoe und mehr – mittlerweile gibt es Smartwatches als zertifizierte Medizinprodukte für verschiedene Diagnostikanwendungen, erklärte der Referent und verwies auf ein aktuelles DGK-Positionspapier aus der Elektrophysiologie: Wearable-basierte Detektion von Arrhythmien.

KI-basierte EKG-Analyse und KI-Dashboards

 

Studien zeigen, dass KI-Modelle aus EKG-Daten Laborwerte wie NT-proBNP oder den globalen longitudinalen Strain (GLS) ableiten können, wie Meder anführte. Grundlegende Diagnosefähigkeiten einer KI veranschaulichte er anhand eines Online-Quiz, in dem man bei der EKG-Interpretation gegen eine KI antreten kann. Zudem stellte der Referent von der Mayo-Klinik entwickelte KI-Dashboards vor, die mithilfe verschiedener KI-Systeme das zukünftige Risiko beispielsweise für Herzinsuffizienz oder Vorhofflimmern anhand von EKGs bewerten. Für die Implementierung solcher KIs ist jedoch zunächst eine Produktzertifizierung erforderlich, betonte der Referent. Es würden zunehmend KI-Produkte auf den Produktmarkt drängen.

Generative Sprachmodelle

 

Large Language Models (LLM) wie ChatGPT-4 sind in der Lage, komplexe medizinische Fragen einschließlich Bildbefundung und EKG-Analyse teils auf Expertenniveau zu beantworten und Prüfungen wie Staatsexamina zu bestehen, wie Meder anhand einer Studie zeigte. In einer weiteren Studie erwies sich GPT-4 in der Analyse von Case Reports aus Fachjournals sogar insgesamt überlegen. „Da müssen wir uns fragen, wo wir stehen“, gab der Referent zu bedenken.

Fortschritte in der Bildgebung durch KI

 

Die kardiale Bildgebung ist hinsichtlich Hardware, Software und Anwendungsmöglichkeiten ein hochdynamisches Feld, wie bereits Dr. Stefanie Werhahn in ihrem Vortrag verdeutlichte. Meder ergänzte das Themengebiet durch weitere KI-Anwendungsbeispiele, u. a.: automatisierte Echokardiografie-Auswertung; KI-basierte Einfärbung von Bildbefunden zur besseren Visualisierung und zur Reduktion von Kontrastmittel und Strahlenbelastung (Non-Contrast CT); virtuelle Flussanalysen; Single-Frame-MRT-Auswertung bzw. Ultrakurz-Protokolle zur breiteren Nutzung von MRT-Geräten bis hin zum First-Line-Imaging.

Diskussion

 

„Natürlich ist es wichtig, dass wir verstehen, was die KI macht“, schloss Meder seinen Vortrag. KI-Transparenz war auch auf der Pressekonferenz der DGK Herztage 2024 eine zentrales Thema gewesen – Stichwort „Supervised Learning“. Meder betonte ebenfalls, dass es nicht nur um die Ergebnisse selbst geht, sondern die von der KI vorgenommenen Interpretationen verständlich und nachvollziehbar sein müssen. Dies ist ein wichtiges Gebiet, das auch hilft, das kardiologische Wissen zu erweitern.


Auch rechtliche Aspekte bleiben zentrale Diskussionsthemen, insbesondere die Haftung. Meder sieht hier die Hersteller von KI-Produkten in der Pflicht, ähnlich wie sich dies beim autonomen Fahren abzeichnet. Konkrete rechtliche Rahmenbedingungen stehen noch aus.


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