Endokarditis: Wie eine Entzündung der Herzklappen behandelt wird

Fieber und Schüttelfrost können auf unterschiedliche Erkrankungen hindeuten. In manchen Fällen ist es eine Entzündung der Herzklappen – die Endokarditis, die meist durch Bakterien verursacht wird. Wie sie entsteht und was hilft.

Von Silja Klassen

 

31.03.2023

 

Bildquelle (Bild oben): iStock / Dr_Microbe  

Was ist eine Endokarditis?

Die Endokarditis ist eine Entzündung der Herzklappen. Vornehmlich sind die Mitral- und Aortenklappe betroffen. Wenn die Herzinnenhaut betroffen ist, spricht man von einer Endokard-Entzündung.

Was sind die Symptome einer Endokarditis?

Die Symptome einer Endokarditis können sich schnell über einige Tage (akute Endokarditis) oder langsam über einige Wochen oder möglicherweise Monate (subakute Endokarditis) entwickeln. „Die Anzeichen für eine Endokarditis sind völlig anders als für eine Myokarditis“, erläutert Prof. Andreas Zeiher vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main.

 

Die Symptome sind in der Regel:

  • Krankheitsgefühl
  • Abgeschlagenheit
  • Leistungsunfähigkeit
  • sogenannte subfebrile Körpertemperaturen – etwa zwischen 37,3 bis 37,7 Grad Celsius
  • Nachtschweiß
  • keine Schmerzen

 

„In dem Moment, wenn eine Herzklappe in ihrer Funktion beeinträchtigt ist, kommen die klassischen Symptome vonseiten des Herzens dazu wie Atemnot. Insbesondere Atemnot bei Belastung“, so Prof. Zeiher. „Und wenn der Prozess so weit ist, dass die Klappe bereits zerstört wird, dann können sich kleine Blutgerinnsel darauf bilden, die im Laufe der Zeit abgeströmt werden, in die Peripherie gelangen und kleine rote Flecken oder Knötchen auf der Haut bilden.“ Das heißt: Die Blutgerinnsel können von der betroffenen Herzklappe ausgehend in andere Bereiche des Körpers transportiert werden – und auf der Haut sichtbar werden. „Das sind kleine sogenannte septische Embolien, ausgehend von der destruierten Klappe“, erklärt Prof. Zeiher. „Doch das ist zum Glück relativ selten.“

Wie stellt man die Diagnose einer Endokarditis?

Die Diagnose einer Endokarditis stellt man in der Regel mit der Ultraschalluntersuchung des Herzens. „Wir können Veränderungen der Herzklappen heute mit den hochauflösenden Systemen wunderbar sehen“, sagt Prof. Zeiher. „Das ist eine relativ einfache Diagnose.“

Eine Endokarditis kann die Funktion der Herzklappe beeinträchtigen. Eine Endokarditis kann die Funktion einer Herzklappe als Ventil im Herzen beeinträchtigen. Bildquelle: iStock / gerenme

Welche Ursachen führen zu einer Endokarditis?

„Klassischerweise wird die Endokarditis, die Entzündung der Herzklappen, von Bakterien verursacht“, sagt Prof. Zeiher. Beispielsweise durch Staphylokokken oder Streptokokken, die durch offene Wunden ins Blut gelangen und das Herz erreichen konnten. „Im Gegensatz zur Myokarditis, einer Herzmuskelentzündung, die – wenn sie infektiös ist – von Viren verursacht wird. Besonders gefährdet sind Patientinnen und Patienten mit angeborenen Herzfehlern, vorgeschädigten oder künstlichen Herzklappen. Das heißt, wenn Menschen angeborene Herzklappenfehler haben oder aber, was in unseren Breiten nicht mehr so häufig ist, im Rahmen von rheumatischen Erkrankungen eine Schädigung der Herzklappen stattgefunden hat.“

Welche weiteren Risikofaktoren für eine Endokarditis gibt es?

Menschen mit chronischen Erkrankungen und insgesamt abwehrgeschwächte Patientinnen und Patienten haben ein höheres Risiko zu erkranken. Diabetikerinnen und Diabetiker zum Beispiel haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzklappenentzündungen, weil durch Wunden, die bei ihnen oft schlecht verheilen, die Bakterien leichter in den Körper und somit ins Blut kommen können. „Auch Drogenmissbrauch mit Injektionen durch verunreinigte Spritzen trägt dazu bei, denn in solchen Fällen spritzen sich die Menschen Bakterien mehr oder weniger selbst ins Blut“, sagt Prof. Zeiher. „Damit werden wir heute häufiger konfrontiert als früher.“

 

Rheumatische Herzklappen, die durch eine unbehandelte oder nicht ausreichend bekämpfte Streptokokken-Infektion entstehen können, sieht der Kardiologe hingegen kaum noch. Sie treten oft im Kindesalter auf, weil das Immunsystem der Kinder noch nicht vollständig entwickelt ist. „Die Erkrankung wird oft schon im Kindesalter entdeckt und es werden entsprechende Therapien in die Wege geleitet.“

Führt eine Immunschwäche zu einem erhöhten Risiko für Endokarditis?

„Ja, das gilt für alle Menschen, die eine sogenannte Immunsuppression haben“, erklärt Prof. Zeiher. „Das Risiko ist bei krebskranken Patientinnen und Patienten geringfügig erhöht. Und dann gibt es Besonderheiten bei Menschen, die viele Hautpustel haben oder mit ihrer Hygiene nicht so achtsam sind, so dass Keime aus dem Gastrointestinaltrakt, sogenannte Enterokokken, in die Intimzone gelangen können. Aber das sind Sonderfälle.“

Prof. Andreas Zeiher Prof. Dr. Andreas Zeiher, Distinguished Professor of Cardiology, Universität Frankfurt, ehemaliger Direktor der Medizinischen Klinik III am Universitätsklinikum Frankfurt am Main.

Wie viele Menschen sind von Endokarditis betroffen?

Eine Endokarditis trifft etwa drei bis zehn von 100.000 Menschen. Die Endokarditis hat im Gegensatz zur Myokarditis in den vergangenen Dekaden deutlich an Häufigkeit zugenommen. Das hängt damit zusammen, dass die Menschen älter werden und immer mehr vorgeschädigte Herzklappen haben. Dabei erkranken Männer doppelt so häufig wie Frauen. „Die Ursache dafür kennen wir noch nicht vollständig“, so Prof. Zeiher. „Männer haben häufiger Verletzungen, die sie möglicherweise nicht ganz so ernst nehmen, wie Frauen es tun würden. Aber das kann nicht die einzige Ursache sein. Doch alles weitere wäre Spekulation.“

Wie läuft die Behandlung einer Endokarditis?

In der Regel wird eine Langzeit-Antibiotika-Therapie verordnet, nach entsprechender Bestimmung, welche Bakterien ursächlich sind. „Wir untersuchen das Blut, kultivieren die für die Endokarditis verantwortlichen Bakterien und machen ein sogenanntes Antibiogramm“, erklärt Prof. Zeiher. „Wir testen, welche Antibiotika im speziellen Fall wirksam sind. Dann folgt meistens eine sechswöchige bis dreimonatige Antibiotika-Therapie, um zu verhindern, dass die Herzklappe von den Bakterien regelrecht ‚weggefressen‘ wird.“ Falls dies doch eintritt und die Zerstörung der Herzklappe fortschreitet, wird sie operativ ausgetauscht. Dabei wird auch das Gewebe um die betroffene Klappe möglichst umfassend herausgeschnitten, um zu verhindern, dass sich eventuell noch in der Umgebung vorhandene Bakterien auf die ausgetauschte Herzklappe setzen können.

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