Mann zerbricht Zigarette, Bildquelle: ©Adobe Stock/mbruxelle
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Wie viele Lebensjahre schenkt mir ein sofortiger Rauchstopp?

Diese Zahlen einer kürzlich veröffentlichten Studie sind beeindruckend: Wer im Alter von 50 Jahren keinen der fünf klassischen Risikofaktoren – Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, Unter-/Übergewicht/Adipositas, Diabetes und Rauchen – aufweist, lebt im Durchschnitt zehn Jahre länger als eine Person, bei der alle fünf Risikofaktoren vorliegen. Besonders schwer wiegt hier das Rauchen: Ein Nichtraucherstatus im Alter von 50 Jahren bringt einen Lebenszeitgewinn von über fünf Jahren im Vergleich zu Personen, die regelmäßig qualmen. 

Von Kerstin Kropac
 

01.08.2025


Bildquelle (Bild oben): ©Adobe Stock/mbruxelle

Unterschied der Lebenserwartung bei Rauchstopp im Alter von 50 Jahren Abb. 1: Unterschied der Lebenserwartung bei Rauchstopp im Alter von 50 Jahren (modifiziert nach Magnussen et al. 2025)

 

Verschiedene Studien haben in den vergangenen Jahren die gesundheitlichen Vorteile des Nichtrauchens oder eines konsequenten Rauchstopps bestätigt. Der Verzicht auf Zigaretten und Co. gilt sogar als eine der wirksamsten Schutzmaßnahmen für die Gesundheit – auch weil er Herzerkrankungen und Schlaganfälle verhindert.

 

Warum ist Rauchen so schädlich für das Herz?

Im Tabakrauch stecken über 7.000 Chemikalien – neben mindestens 69 bekannten Karzinogenen, also Substanzen, die Krebs verursachen oder dessen Entstehung begünstigen können, auch zahlreiche Stoffe, die zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Freie Radikale und reaktive Sauerstoffspezies (ROS) fördern zum Beispiel die Entstehung der Atherosklerose. Das ist eine Erkrankung der Arterien, die durch Ablagerungen an den Wänden der Blutgefäße entsteht, und zu Verengungen oder Blockaden der Arterien führen kann. Dieser Effekt wird durch den enthaltenen Feinstaub noch verstärkt – und zwar nicht nur, wenn man selbst, sondern auch, wenn man passiv raucht. „Insgesamt tragen die Auswirkungen des Zigarettenrauchs zu einem Umfeld bei, das die Bildung von Plaques in den Herzkranzarterien fördert, ein Ungleichgewicht zwischen Blutversorgung und -bedarf des Herzmuskels erzeugt, und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöht“, erklärt Prof. Christina Magnussen, stellv. Klinikdirektorin der Kardiologie am Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg.

 

Zur Expertin

Prof. Dr. Christina Magnussen

Prof. Dr. Christina Magnussen, stellv. Klinikdirektorin am Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg

Portraitbild Prof. Christina Magnussen

 

 

Wie viele Lebensjahre kann ich gewinnen, wenn ich mit dem Rauchen aufhöre?

Eine im Jahr 2013 im New England Journal of Medicine publizierte Studie, veranschaulicht, wie stark der Rauchstopp je nach Lebensalter das durch Rauchen erhöhte Sterberisiko senkt (Beobachtungsende 31.12.2006): Rauchende Personen, die zwischen dem 25. und 34. Lebensjahr aufhörten, erreichten fast die gleichen Überlebensraten wie lebenslange Nichtraucherinnen und Nichtraucher. Damit gewannen sie im Vergleich zu fortgesetztem Rauchen etwa 10 Lebensjahre hinzu! „Rauchen ist weit mehr als nur ein klassischer kardiovaskulärer Risikofaktor“, erklärt die Expertin. „Es erhöht auch das Risiko für eine Vielzahl anderer chronischer Erkrankungen - darunter verschiedene Krebsarten, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz.“

 

Gewinne ich auch noch Lebensjahre dazu, wenn ich im höheren Alter mit dem Rauchen aufhöre?

Ein Rauchstopp im Alter von etwa 39 Jahren reduzierte das erhöhte Risiko für Tod jeglicher Ursache immerhin noch um etwa 90 Prozent. Dennoch blieb ein um 20 Prozent erhöhtes Risiko im Vergleich zu lebenslangen Nichtrauchern bestehen. Dies stellt allerdings trotzdem eine erhebliche Reduktion gegenüber einem um rund 200 Prozent erhöhten Risiko bei fortgesetztem Rauchen dar.

 

Für Raucherinnen und Raucher, die zwischen dem 35. und 44. Lebensjahr aufgehört hatten, waren die Überlebensraten zwar etwas niedriger als bei lebenslangem Nichtrauchen, dennoch konnten auch sie rund neun zusätzliche Lebensjahre erwarten im Vergleich zu Personen, die weiterhin rauchten.

 

„Trotzdem lassen sich viele Raucherinnen und Raucher erst nach einem einschneidenden Ereignis wie einem Herzinfarkt, der überlebt wurde, oder einer Schwangerschaft vom Aufhören überzeugen“, sagt Prof. Magnussen.

Ist wirklich ein kompletter Rauchstopp nötig – oder reicht es aus, weniger zu rauchen?

Um das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren, ist ein vollständiger Rauchstopp notwendig. Das belegt eine 2021 im European Heart Journal publizierte Studie mit über 897.000 Raucherinnen und Rauchern. Personen, die es geschafft haben, komplett aufs Rauchen zu verzichten, haben ein um 23 Prozent reduziertes Schlaganfallrisiko und ein um 26 Prozent geringeres Herzinfarkt-Risiko – im Vergleich zu Menschen, die weiter rauchten. Wer den Zigarettenkonsum lediglich reduzierte, dessen Risiko war kaum geringer als bei kontinuierlichen Raucherinnen und Rauchern. „Tatsächlich können schon geringe Mengen an Tabakkonsum schwerwiegende Auswirkungen haben, da keine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung besteht“, erklärt die Kardiologin. „Schon ein bis fünf Zigaretten pro Tag können das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich erhöhen. Einen sicheren Schwellenwert kennt man nicht, aber man weiß: Bereits kleine Dosen sind schädlich.“ Wurde das Rauchen zunächst beendet und später wieder aufgenommen, stieg das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erneut um 42 bis 69 Prozent gegenüber dauerhaft abstinenten Personen.

 

„Generell gilt: Je früher der Rauchstopp erfolgt, desto größer sind die gesundheitlichen Vorteile.“

Prof. Dr. Christina Magnussen

 

 

Wann ist es zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören?

Ein Rauchstopp lohnt sich immer – das belegen auch Studien. Selbst im mittleren Alter zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr brachte der Rauchstopp im Vergleich zum erfolgreichen Management eines der anderen untersuchten Risikofaktoren – Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, Unter-/Übergewicht/Adipositas oder Diabetes – den größten Zugewinn an Lebenszeit: nämlich mehr als zwei zusätzliche Lebensjahre! In den aktuellen ESC-Leitlinien, also den Leitlinien der European Society of Cardiology, wurde der Rauchverzicht deshalb als potenziell wirksamste Vorsorgemaßnahme festgehalten. Ein Rauchstopp zwischen 45 und 65 Jahren bei Männern bzw. 75 Jahren bei Frauen ist mit einem Gewinn von drei bis fünf Lebensjahren frei von kardiovaskulären Erkrankungen verbunden. „Generell gilt: Je früher der Rauchstopp erfolgt, desto größer sind die gesundheitlichen Vorteile“, so Prof. Magnussen. „Doch auch im höheren Alter lohnt sich der Ausstieg noch. Ein Rauchstopp zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr ist einer der Faktoren, der im Vergleich zu anderen Lebensstilveränderungen mit dem größten Zugewinn an Lebensjahren verbunden ist."

 

Unterschied der Lebenserwartung bei Rauchstopp im Alter zwischen 55 und 60 Jahren - Magnussen et al. 2025 / Herzmedizin.de Abb. 2: Unterschied der Lebenserwartung bei Rauchstopp im Alter zwischen 55 und 60 Jahren (modifiziert nach Magnussen et al. 2025)

 

 

Was kann mir helfen, mit dem Rauchen aufzuhören?

Viele Menschen schaffen die Rauchentwöhnung allein. Andere nutzen Kurse, Digitale Gesundheitsanwendungen oder Einzelbehandlungen. „Welche Maßnahme hilft, ist sehr unterschiedlich für jede Person“, erklärt Prof. Magnussen. „Wenn der Entzug nicht allein gelingt, rate ich zum Beispiel zu einer strukturierten kognitiven Verhaltenstherapie, idealerweise ein Einzel- oder Gruppensettings. Medikamentöse Therapien können Entzugssymptome lindern und Rückfälle verhindern. Ein kombinierter Ansatz aus Verhaltenstherapie und medikamentöser Unterstützung hat die höchste Erfolgsrate.“

 

FAQ: Kann ich durch einen sofortigen Rauchstopp Lebensjahre gewinnen?

Im Tabakrauch stecken über 7.000 Chemikalien – auch zahlreiche Stoffe, die zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen.

 

Rauchende Personen, die zwischen dem 25. und 34. Lebensjahr aufhörten, gewannen in einer Studie im Vergleich zu fortgesetztem Rauchen etwa 10 Lebensjahre hinzu.

 

Rauchen erhöht auch das Risiko für eine Vielzahl anderer chronischer Erkrankungen - darunter verschiedene Krebsarten, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz.

 

Studien belegen: Um das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren, ist ein vollständiger Rauchstopp notwendig.

 

Bei jedem Mensch wirkt eine andere Maßnahme: Viele schaffen die Rauchentwöhnung allein. Andere nutzen Kurse, Digitale Gesundheitsanwendungen oder Einzelbehandlungen.

 

Fazit:

Viele Studien zeigen deutliche gesundheitlichen Vorteile, wenn ein kompletter Rauchstopp gelingt – und zwar auch noch im höheren Lebensalter. Am vorteilhaftesten ist es allerdings, gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen. „Natürlich ist der Weg aus der Nikotinabhängigkeit für viele eine große Herausforderung - körperlich wie psychisch. Doch es lohnt sich: Wer aufhört zu rauchen, verlängert sein Leben - messbar, direkt und dauerhaft“, so Frau Prof. Magnussen.

 

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