Wann eine Herzoperation nötig ist und wie sicher sie ist

Die meisten Herzoperationen zählen heute zu den Routineeingriffen, die eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität bringen und Leben retten können. Wann ist eine Herz-OP notwendig und welche Verfahren gibt es?

Von Jonas Heinrich

 

21.04.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock / Akarawut Lohacharoenvanich

Das Herz schlägt hunderttausendmal am Tag und pumpt dabei bis zu zehntausend Liter Blut durch den Körper. Gerät der Lebensmotor jedoch ins Stocken, kann es gefährlich werden: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland. Hierzulande müssen jährlich etwa 1,5 Millionen Menschen aufgrund einer Erkrankung des Herzens stationär behandelt werden. Die gute Nachricht: Die moderne Medizin bietet viele Möglichkeiten, Betroffenen zu helfen. Eine davon sind Herzoperationen.

Wann ist eine Herzoperation notwendig?

Wenn Medikamente und eine Anpassung des Lebensstils nicht den erhofften Erfolg bringen, ist bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein chirurgischer Eingriff nötig. Die Lebensqualität vieler Betroffener kann dadurch verbessert und ihr Leben verlängert werden. Denn mittels Operation können Herzchirurginnen und -chirurgen vorhandene Defekte oder Erkrankungen beheben und somit gefährliche Folgen einer beeinträchtigten Herzfunktion verhindern. Zu den häufigsten Ursachen, die eine Herzoperation notwendig machen, gehören:

Gründliche Diagnostik vor der Herzoperation

Wer an Symptomen wie Luftnot, Brustschmerzen oder einem Engegefühl im Brustkorb (Angina Pectoris) leidet, sollte in seine Hausarztpraxis gehen. Dort wird ein Elektrokardiogramm (EKG) gemacht, um den Herzrhythmus zu erfassen. Bei Auffälligkeiten wird die Patientin oder der Patient für die weiterführende Diagnostik an eine Kardiologin oder einen Kardiologen überwiesen.

„Mittels Echokardiografie, also Herz-Ultraschall, können wir uns ein Bild vom Zustand des Herzens machen. Um uns die Herzkranzgefäße oder die Hauptschlagader noch genauer anzusehen, wird eine Computertomografie oder eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt“, sagt Prof. Jan Gummert vom Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum. Der Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, weist zudem darauf hin, wie wichtig die Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialistinnen und Spezialisten ist: „Das interdisziplinäre Herzteam aus Expertinnen und Experten der Bereiche Kardiologie und Herzchirurgie entscheidet gemeinsam, ob beispielsweise ein Katheterverfahren ausreicht oder tatsächlich eine Herzoperation notwendig ist.“ Je nach Indikation kommen unterschiedliche Operationsverfahren zum Einsatz.

Prof. Jan Gummert Univ.-Prof. Dr. med. Jan Gummert, Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen an der Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum. Bildquelle: Peter Hübbe

Welche Arten der Behandlung gibt es bei Herzoperationen?

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird häufig zwischen „minimalinvasiven“ Herzoperationen und Operationen „am offenen Herzen“ unterschieden. Bei Letzteren wird das Brustbein vollständig oder teilweise durchtrennt, um den Brustkorb zu öffnen. Bei minimalinvasiven Operationen erfolgt der Zugang über kleinere Einschnitte an der Seite des Brustkorbs. „Der Begriff ‚minimalinvasiv‘ kann jedoch irreführend sein, da es sich dabei auch um invasive Eingriffe handelt, die mit Risiken verbunden sind. Der Begriff ‚weniger invasiv‘ wäre passender“, sagt Prof. Gummert. „Hierzu zählt auch die laterale Mini-Thorakotomie ohne Durchtrennung des Brustbeines. Der Vorteil hierbei ist, dass die so Behandelten sich viel früher wieder vollständig belasten können.“

Bei vielen herzchirurgischen Eingriffen wird eine Herz-Lungen-Maschine eingesetzt. Diese hält den Blutkreislauf während bestimmter Herzoperationen am Laufen: „Eine Herz-Lungen-Maschine kommt beispielsweise bei Herzklappenoperationen zum Einsatz, da man hierfür ein blutleeres Herz benötigt. Für die Dauer der Operation wird das Herz vom Blutkreislauf abgeklemmt und die Herz-Lungen-Maschine übernimmt seine Aufgabe“, sagt Prof. Gummert. Bypass-Operationen können häufig auch ohne Herz-Lungen-Maschine am schlagenden Herzen durchgeführt werden.

Welche der unterschiedlichen Operationsverfahren am häufigsten zum Einsatz kommen, erfahren Sie im Folgenden.

Bypass

Der häufigste Grund für eine Herz-OP ist die koronare Herzerkrankung (KHK). Dabei kommt es zu einer Verengung der Herzkranzgefäße, sodass der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird: „Um dies zu beheben, schaffen wir eine Umleitung, Bypass genannt, um die verengten Gefäße zu umgehen. Hierfür setzen wir beispielsweise die Brustwandarterie ein“, sagt Prof. Gummert. Koronare Bypass-Operationen sind sehr nachhaltig, mehr als 90 Prozent der neuen Gefäßbrücken mit einer Brustwandarterie sind nach zehn Jahren noch intakt.

Herzklappenersatz

Die vier Herzklappen sind Ventile im Herzen: Sie öffnen und schließen sich zum richtigen Zeitpunkt, um den Blutfluss zu regulieren. Im Laufe des Lebens können die Klappen jedoch erkranken und undicht werden. „Defekte Herzklappen können wir reparieren oder durch Prothesen ersetzen. Dabei kommt immer eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz, da das Herz blutleer sein muss“, sagt Prof. Gummert. Durch den erfolgreichen Herzklappenersatz kann beispielsweise eine lebensbedrohliche Herzinsuffizienz verhindert werden.

Herzschrittmacher-OP

Schlägt das Herz zu langsam (Bradykardie) und treten dadurch Symptome wie Schwindel oder Abgeschlagenheit auf, kann es mithilfe eines Herzschrittmachers in den richtigen Takt gebracht werden. Der Einsatz eines Herzschrittmachers ist heutzutage eine komplikationsarme Routineoperation. Das kleine, batteriebetriebene Gerät wird unter die Haut eingepflanzt, misst ständig den Herzschlag und gibt bei Bedarf einen elektrischen Impuls ab, um ihn zu beschleunigen. Die OP dauert lediglich eine bis anderthalb Stunden und meist reicht eine örtliche Betäubung aus.

Herztransplantation

Bei schwerer Herzschwäche im Endstadium ist eine Herztransplantation die beste Therapieoption. Der Eingriff erfolgt allerdings nur selten: „In Deutschland werden im Jahr etwa 300 bis 350 Herztransplantationen durchgeführt. Im Vergleich zu den 80.000 bis 85.000 anderen Herzoperationen eine kleine Zahl“, sagt Prof. Gummert. Ein Problem ist die geringe Zahl an verfügbaren Spenderherzen. So standen zum Ende des Jahres 2021 mehr als 700 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für eine Herztransplantation.

Herz-Lungen-Maschine für eine Herzoperation. Die Herz-Lungen-Maschine übernimmt während einer Herzoperation die Aufgaben des Herzens. Bildquelle: iStock / ivan68

Wie können sich Patientinnen und Patienten auf eine Herzoperation vorbereiten?

Je mehr Sie sich im Vorhinein informieren und von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt aufklären lassen, umso besser. Dadurch können Sie Unklarheiten aus der Welt schaffen und Ängste abbauen. „Schreiben Sie sich am besten alle Fragen auf, die Sie im Arztgespräch stellen möchten. Es ist zudem hilfreich, mit einer Angehörigen oder einem Angehörigen in das Gespräch zu gehen. So können Sie sicherstellen, dass Sie keine wichtigen Informationen überhören oder vergessen“, rät Prof. Gummert.

Vor einer anstehenden Herzoperation ist es in der Regel förderlich, sich maßvoll körperlich zu betätigen, also sich weder zu überanstrengen noch übermäßig zu schonen. Das richtige Maß stimmt Ihr Herzteam mit Ihnen ab.

Wie können Komplikationen bei Herzoperationen entstehen?

Andere Erkrankungen können Komplikationen bei der Herzoperation verursachen. Daher sollten Sie in den Wochen vor der Herzoperation auf Erkältungen, andere Infekte sowie offen Wunden achten. Unter den richtigen Voraussetzungen sind Eingriffe am Herzen heutzutage sicher: „Geplante Herzoperationen, zum Beispiel Eingriffe an den Herzkranzgefäßen, können wir mit einem sehr geringen Sterblichkeitsrisiko durchführen“, sagt Prof. Gummert.

Herz-OP erfolgreich – wie geht es jetzt weiter?

Haben Sie die Herzoperation erfolgreich überstanden, beginnt zeitnah der wichtige Rehabilitationsprozess: „In der Nacht nach der Operation werden die Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation oder Überwachungsstation beobachtet. Anschließend geht es auf die Normalstation, wo die Wunddrainagen nach ein bis zwei Tagen entfernt werden können. Dann kümmert sich eine Physiotherapeutin oder ein Physiotherapeut darum, die Betroffenen wieder zu mobilisieren“, sagt Prof. Gummert.

In vielen Fällen steht eine mehrwöchige Rehabilitation an, die stationär oder ambulant erfolgen kann. Art und Dauer der nötigen Nachsorge hängen auch von der vorliegenden Erkrankung und der durchgeführten Operation ab: „Wenn zum Beispiel das Brustbein bei der OP durchtrennt werden musste, sollte die Patientin oder der Patient diesen Bereich bis zu drei Monate lang schonen. Damit der Knochen wieder gut zusammenwachsen kann, sollten Betroffene nicht schwer heben und auch nicht schwimmen, Tennis spielen oder andere Sportarten betreiben, die den Schultergürtel beanspruchen“, so Prof. Gummert. Zu einer effektiven Nachsorge gehört vor allem bei Erkrankungen der Herzkranzarterien die Anpassung des Lebensstils. Von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten erfahren Sie, welche Ernährung Ihrem Körper guttut und mit welchen körperlichen Aktivitäten Sie Ihr Herz stärken können.

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