Was sind die häufigsten Herzkrankheiten in Deutschland?

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Die Statistik zeigt auch, dass Männer häufiger und in jüngerem Alter am Herzen erkranken als Frauen. Veränderungen im Lebensstil, regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung senken jedoch das Risiko.

 

Bildquelle (Bild oben): iStock / ipopba

Von Sven Stein

 

28.03.2023

Was sind die häufigsten Herzkrankheiten in Deutschland?

In den vergangenen 50 Jahren ist die Lebenserwartung in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Frauen werden inzwischen durchschnittlich 82,6 Jahre alt, Männer 77,5 Jahre – ein Plus von neun beziehungsweise zehn Jahren. Die Zahl der Menschen, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben, geht zwar zurück, doch sie sind weiterhin die häufigste Todesursache in Deutschland.

 

Von 100 Verstorbenen in Deutschland litt laut Statistischem Bundesamt jeder Dritte (33%) an einer Herzerkrankung. Der Deutsche Herzbericht 2021 nennt als häufigste Todesursache (Angaben für 2020) mit deutlichem Abstand die koronare Herzkrankheit (auch chronische ischämische Herzkrankheit genannt; 7,7%). Der Herzinfarkt (4,5%) lag auf dem vierten Platz der Statistik, Herzinsuffizienz (3,5%) auf Rang sechs. Zudem finden sich die hypertensive Herzkrankheit (2,4%) und Vorhofflimmern (2,1%) unter den zehn häufigsten Todesursachen.

Ließe sich die Zahl der Sterbefälle durch Herzkrankheiten senken?

Etwa 340.000 Menschen starben laut Statistischem Bundesamt in Deutschland an Herz-Kreislauf-Krankheiten. Der Herzbericht nennt allein für die koronare Herzkrankheit mehr als 75.000 Todesfälle. Ließe sich die Zahl verringern? „Wenn man das ändern will, muss man die Ursachen bekämpfen“, sagt Prof. Christiane Tiefenbacher, Chefärztin der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des Marien-Hospitals Wesel. Der Risikofaktor Alter ließe sich zwar nicht ändern und ebenso wenig die einmal entstandene zugrunde liegende Gefäßverkalkung (Arteriosklerose), die unter anderem ebenfalls durch das Alter beeinflusst wird. Eine Reihe anderer dafür verantwortlicher Risikofaktoren könne jedoch jeder selbst beeinflussen.

 

„Die klassischen Risikofaktoren sind das Zigarettenrauchen, der Bluthochdruck, die Zuckerkrankheit und die Blutfette“, erklärt Prof. Tiefenbacher. „Das sind alles Faktoren, an denen man etwas tun kann. Zum einen durch eine medikamentöse Vorsorge und zum anderen durch Prophylaxe und den Lebensstil.“ Die wichtigsten Punkte:

 

  • Nicht rauchen oder mit dem Rauchen aufhören: „Rauchen ist ganz klar mit einer erheblichen Senkung der Lebenserwartung verbunden“, so Prof. Tiefenbacher. „Eine der Ursachen sind Gefäßverkalkungen. Hinzu kommen Herzinfarkte, Schlaganfälle und Krebserkrankungen.“

 

  • Bewegung senkt das Risiko der koronaren Herzkrankheit: „Man sollte sich in der Woche insgesamt mindestens 150 Minuten bewegen“, erklärt Prof. Tiefenbacher. Empfohlen werden jeweils 30 Minuten Ausdauersport an fünf Tagen in der Woche. „Optimal wären sogar insgesamt 300 Minuten.“

 

  • Gesunde Ernährung: „Viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch, wenig Zucker und alles in Maßen“, rät Prof. Tiefenbacher. „Das weiß heutzutage eigentlich jeder. Es gibt aber einen mächtigen Gegner, nämlich den inneren Schweinehund, der uns das vergessen lässt.“

 

Die gute Nachricht: Alle Menschen, denen es gelingt, diesen Gegner zu bezwingen und ein herzgesünderes Leben zu führen, senken damit ihr Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Änderungen im Lebensstil können Herzkrankheiten vorbeugen. Die Gesundheit des Herzens kann jeder durch Änderungen im Lebensstil verbessern. Bildquelle: iStock / magicmine

Männer oder Frauen – welches Geschlecht erkrankt häufiger?

Der Herzbericht zeigt, dass Männer deutlich häufiger von Herzkrankheiten betroffen sind als Frauen. Beispiel koronare Herzkrankheit: Mit 886 Fällen pro 100.000 Einwohner trifft sie Männer mehr als doppelt so oft wie Frauen (340 Fälle pro 100.000). Beim Herzinfarkt verhält es sich ebenso – Männer (307,4 Fälle) sind mehr als doppelt so oft betroffen wie Frauen (118,7).

 

„Da gibt es verschiedene Erklärungsansätze“, sagt Prof. Tiefenbacher. „Dazu gehört etwa, dass Männer traditionell die anstrengenderen Berufe und Stress haben, sie leben gefährlicher, rauchen mehr und haben zudem einen anderen genetischen Hintergrund. Aber da wendet sich heute ein wenig das Blatt, weil auch Frauen zunehmend stressige Berufe haben oder immer häufiger rauchen. Und beim Herzinfarkt ist die Sterblichkeit in der akuten Phase bei Frauen sogar höher als bei Männern.“ Der Grund sei, dass ein Herzinfarkt noch immer als Männerkrankheit gelte und bei Frauen von den Ärzten oft nicht wahrgenommen werde.

In welchem Alter treten Herzkrankheiten laut Statistik auf?

Männer erkranken statistisch nicht nur häufiger an Herzleiden, sie sind auch in deutlich jüngerem Alter betroffen als Frauen. Beispiel koronare Herzkrankheit: Schon ab dem 45. bis 50. Lebensjahr steigt die Zahl der Männer, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, kontinuierlich bis zum 75. bis 80. Lebensjahr an. Bei den Frauen hingegen wächst die Zahl der Fälle deutlich später, verzögert und geringer als bei Männern.

 

„Die Tatsache, dass Männer etwa zehn Jahre früher erkranken als Frauen liegt zunächst am Schutz durch die weiblichen Geschlechtshormone, die Östrogene, die Verkalkungen verhindern“, erklärt Prof. Tiefenbacher. „Wenn der Schutz in der Menopause wegfällt, dann holen Frauen die Erkrankungen nach – aber eben später. Deshalb kriegen Frauen in der Regel auch den Herzinfarkt zehn Jahre später.“

Kamen in der Corona-Pandemie weniger Herzkranke in die Kliniken?

Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2020 knapp 2,6 Millionen Menschen wegen einer Krankheit des Kreislaufsystems im Krankenhaus behandelt – der niedrigste Stand seit zehn Jahren. Auch der Herzbericht zeigt einen deutlichen Rückgang der Patientinnen und Patienten. Beispiel koronare Herzkrankheit: Die Zahl der Menschen in Kliniken sank im Vergleich zu den beiden Vorjahren um 11,4 Prozent. Auch bei Herzinsuffizienz (minus 9,3%) oder Herzklappenkrankheiten (minus 5,5%) war die Zahl gegenüber 2018 rückläufig. Ob die Corona-Pandemie dafür verantwortlich war, sei anhand der verfügbaren Daten noch nicht zu beurteilen, heißt es im Herzbericht.

 

„Das ist absolut eine Folge der Pandemie“, berichtet Prof. Tiefenbacher aus ihrer Erfahrung. „2021 hat sich die rückläufige Entwicklung fortgesetzt und ist eher sogar noch stärker geworden.“ Die Leute hätten Angst gehabt. „Sie hatten die Vorstellung, dass es im Krankenhaus eine Triage gibt. Manche wollten anderen keinen Platz wegnehmen und viele hatten Sorge, dass sie sich im Krankenhaus anstecken.“ Dadurch habe die Zahl der Behandlungen und der Vorsorgeuntersuchungen nicht nur im Krankenhaus, sondern auch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, drastisch abgenommen. „Da sind wir immer noch in einer Aufholphase, es hat sich noch immer nicht normalisiert.“

 

Dabei wären eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von Herzkrankheiten enorm wichtig. „Es lässt sich vergleichen mit Frühsorge-Untersuchungen bei Krebserkrankungen“, sagt Prof. Tiefenbacher. „Je früher eine Erkrankung erkannt wird, umso besser kann man präventiv behandeln.“ Und damit ließen sich tatsächlich die Zahlen der Patientinnen und Patienten und der Todesfälle langfristig senken.

 

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