EMAH-Check für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler

Dank des medizinischen Fortschritts können heute die allermeisten Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) ein ganz normales Leben führen und sich ihre Träume erfüllen. Doch bei aller Lebensfreude sollten die Betroffenen wissen, dass ihr Risiko für gefährliche Herzkomplikationen lebenslang erhöht ist. Nur durch die regelmäßige ärztliche Kontrolle (EMAH-Check) können fortschreitende Herzprobleme rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Erfahren Sie hier mehr!

Von Dr. Heidi Schörken

 

01.03.2024


Bildquelle (Bild oben): iStock/Kar-Tr

Eine Erfolgsgeschichte: Die Gruppe der EMAH wächst immer weiter

Jedes Jahr kommen in Deutschland etwa 8.000 Kinder mit angeborenen Herzfehlern zur Welt. Erfreulicherweise hat die Medizin in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht. Dank neuester Entwicklungen und modernster Techniken haben sich die Behandlungsmöglichkeiten insbesondere in der Kinderherzchirurgie enorm verbessert. Es ist ein großartiger Erfolg, dass heute über 90 Prozent der Kinder mit angeborenen Herzfehlern Erwachsenwerden und in der Regel ein Leben ohne Einschränkungen führen könne. Noch vor 70 Jahren erreichten weniger als 40 Prozent der betroffenen Kinder das Teenageralter.

 

Dank dieser erfreulichen Entwicklung gibt es in Deutschland derzeit so viele Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH), wie noch nie zuvor: Mit rund 400.000 betroffenen Personen ist diese Gruppe inzwischen deutlich größer als die der Kinder und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern und wird zukünftig noch weiter anwachsen. 

Das Problem: EMAH gehen nur selten zum Arzt

Während die Eltern von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern, in der Regel dafür sorgen, dass diese regelmäßig durch niedergelassene Kinderkardiolog:innen oder in kinderkardiologischen Zentren überwacht und begleitet werden, ändert sich die Situation häufig schlagartig, sobald die Jugendlichen volljährig werden.

 

Die jungen Erwachsenen möchten ihre Freiheit genießen und von Gefahren oder Risiken nichts mehr wissen. Sie empfinden die ärztliche Überwachung als lästig oder bevormundend. Diese Einstellung ist nur allzu gut verständlich, kann jedoch lebensgefährliche Folgen haben. Laut aktuellen Schätzungen wird nur jeder 8. EMAH-Betroffene kardiologisch betreut. Dagegen gehen mehr als 80 Prozent dieser verletzlichen Patientengruppe gar nicht zum Arzt oder nur zum Hausarzt.

Das Risiko für Herzkomplikationen im Langzeitverlauf ist 16-fach erhöht.

Dank der modernen Herzchirurgie können die meisten Betroffenen zwar ein beschwerdefreies Leben führen, allerdings sind die angeborenen Herzfehler sehr häufig nicht vollständig ausgeheilt oder spurlos verschwunden. Im Gegenteil: das vorgeschädigte Herz von EMAH-Patient:innen ist generell anfälliger für Langzeitkomplikationen. Im Vergleich zur Normalbevölkerung ist das Risiko der EMAH-Betroffenen 16-fach höher, an Herz-Langzeitproblemen zu erkranken, wie Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Herzrhythmusstörungen, Gefäßerkrankungen und Entzündungen der Herzinnenhaut (Endokarditis).

Sich neuen Herausforderungen stellen.

Wie bei allen jungen Erwachsenen ändern sich auch bei EMAH-Betroffenen viele Dinge im Laufe des Lebens. Junge Menschen probieren sich gerne aus und testen ihre Grenzen, ohne dabei auf die Gesundheit zu achten. Ausgiebiges Feiern, Fernreisen oder waghalsige Abenteuer sind bei jungen Menschen beliebt, können aber auch Risiken bergen: Schlafmangel, Extremsport, Alkohol-, Nikotin- oder anderer Drogenkonsum können sich ungünstig auf das Herz auswirken, insbesondere bei einem vorgeschädigten Herz, und im allerschlimmsten Fall sogar zu einem plötzlichen Herztod führen. Das besonders hohe Risiko wird durch einen Blick auf die Statistik deutlich: Jeder fünfte EMAH-Betroffene stirbt an einem Herzstillstand, während der plötzliche Herztod in der Normalbevölkerung nur sehr selten vorkommt.

Auf die eigene Gesundheit achtgeben.

Ein weiteres häufiges Problem ist, dass EMAH-Patienten und Patientinnen sich der Gefahren nicht bewusst sind und nicht ausreichend auf einen gesunden Lebensstil achten. Übergewicht und Bewegungsmangel gehören auch in der Normalbevölkerung zu den wichtigsten Risikofaktoren für Herzinsuffizienz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die wiederum mit Bluthochdruck und Herzinfarkt verbunden sind. Laut aktuellen Schätzungen liegt bei fast der Hälfte der EMAH-Betroffenen eine Herzinsuffizienz vor und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen. Daher ist eine regelmäßige körperliche Aktivität sowie eine gesunde und ausgewogene Ernährung gerade für EMAH-Betroffene besonders wichtig. Sportliche Aktivitäten müssen aber unbedingt zuvor mit dem Kardiologen oder der Kardiologin abgesprochen werden. Je nachdem welche Herzfehler vorliegen, kann es sein, dass auf Ausdauersportarten oder auf Leistungssport verzichtet werden muss.

Eine Schwangerschaft ist mit einer körperlichen Höchstleistung vergleichbar

Die gute Nachricht vorweg: Auch Frauen mit angeborenen Herzfehlern können ihren Kinderwunsch verwirklichen. Es gibt inzwischen sehr viele EMAH-Patientinnen, die ihre Schwangerschaft gut bewältigt und ein gesundes Kind zur Welt gebracht haben. Allerdings muss bei einem Kinderwunsch unbedingt vorab der Kardiologe bzw. die Kardiologin miteinbezogen werden. Im Laufe einer Schwangerschaft erhöht sich die Blutmenge deutlich. Ähnlich wie bei einer körperlichen Hochleistung wird das Herz sehr stark beansprucht. Durch diese enormen Anforderungen an das Herz, nimmt während der Schwangerschaft die Herzfrequenz zu, das Herz wird größer und die Herzwände werden dicker. Aufgrund dieser besonderen Belastungen ist es wichtig, dass sich Frauen mit EMAH und Kinderwunsch vorab individuell beraten und während der Schwangerschaft sorgfältig überwachen lassen – und zwar gemeinsam durch Gynäkolog:innen und Kardiolog:innen.

 

Weitere Informationen für EMAH-Patientinnen gibt es in der Patientenbroschüre der Deutschen Herzstiftung „Kann ich trotz Herzfehler schwanger werden?“.

Jetzt den Herzlotsen finden und den EMAH-Check machen!

Erfreulicherweise wurden in den letzten Jahren zahlreiche Schwerpunktpraxen und überregionale Zentren als Anlaufstellen für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern eingerichtet. Auch wenn keine Beschwerden bemerkbar sind, ist es für alle EMAH-Patienten und -Patientinnen wichtig, sich kardiologisch von einem EMAH-Spezialisten betreuen zu lassen. Chronische Herzkrankheiten können sonst unbemerkt voranschreiten und schlimmstenfalls das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöhen. Nur durch den regelmäßigen Check in einer EMAH-Praxis können drohende Komplikationen rechtzeitig erkannt, optimal behandelt und Folgeschäden vermieden werden. 

 

Hier finden Sie eine Arztpraxis mit EMAH-Schwerpunkt in ihrer Nähe: Dein Herzlotse ist ein Serviceangebot der Deutschen Herzstiftung, damit Menschen mit angeborenem Herzfehler ihren Herzspezialisten aufsuchen können. 

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