Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck belastet das Herz und kann zur hypertensiven Herzkrankheit führen. Was es mit dem sogenannten Hochdruckherz auf sich hat und wie es behandelt wird
Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck belastet das Herz und kann zur hypertensiven Herzkrankheit führen. Was es mit dem sogenannten Hochdruckherz auf sich hat und wie es behandelt wird
Von Jonas Heinrich
Bildquelle (Bild oben): iStock/miviri
Mit jedem Schlag pumpt das etwa faustgroße Herz Blut durch den gesamten Körper, um Organe, Muskeln und anderes Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Damit das Blut selbst die kleinsten, entlegensten Gefäße (Kapillare) erreichen und anschließend zum Herzen zurückfließen kann, muss ein bestimmter Druck in den Blutbahnen herrschen. Ist dieser jedoch zu hoch, leidet das Herz. Aber warum eigentlich?
„Ist der Blutdruck zu hoch, muss das Herz gegen einen stärkeren Widerstand anpumpen. Dadurch wird es übermäßig beansprucht und passt sich zwangsweise an“, sagt Prof. Michael Böhm, Direktor der Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum des Saarlandes. „Um die gestiegene Belastung bewältigen zu können, vergrößert sich das Herz durch eine Verdickung der Herzwände. Allerdings wachsen die kleinen Gefäße, die den Herzmuskel mit Blut versorgen, nicht im selben Umfang mit.“ Anders als das ebenfalls vergrößerte – aber gesunde – Sportlerherz, wird das vergrößerte Hochdruckherz nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt: Es besteht eine hypertensive Herzkrankheit, die zu den schwerwiegendsten Komplikationen eines über längere Zeit unkontrollierten Bluthochdrucks zählt.
Die Ursache der hypertensiven Herzkrankheit steckt in ihrem Namen: chronischer Bluthochdruck (Hypertonie). Die Gruppe der gefährdeten Menschen ist groß: Ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland – 20 Millionen Menschen – hat einen zu hohen Blutdruck. Das ist das Ergebnis der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1) des Robert-Koch-Instituts. Darüber hinaus gibt es jedoch eine hohe Dunkelziffer. „Viele wissen nichts von ihrem Bluthochdruck, da er lange keine oder kaum Symptome bereitet“, sagt Prof. Böhm. „Doch je früher er behandelt wird, umso besser bekommen wir ihn in den Griff. Daher sollten auch junge und gesunde Menschen regelmäßig ihren Blutdruck messen lassen – insbesondere dann, wenn es in der Familiengeschichte Fälle von Bluthochdruck, Herzinfarkten oder Schlaganfällen gibt.“ Neben der familiären Vorbelastung gibt es noch weitere Risikofaktoren, die unveränderbar sind. Andere wiederum hängen ausschließlich von unserem Lebensstil ab.
Die unveränderbaren Risikofaktoren für Bluthochdruck sind:
Die durch den Lebensstil beeinflussbaren Risikofaktoren für Bluthochdruck sind:
In etwa fünf Prozent der Fälle tritt Bluthochdruck als Folge von anderen Erkrankungen auf (sekundäre Hypertonie).
Bluthochdruck bleibt in vielen Fällen lange unentdeckt, da er üblicherweise erst Beschwerden verursacht, wenn er bereits Schaden angerichtet hat. Zu den frühen Warnzeichen und Symptomen einer hypertensiven Herzerkrankung gehören:
Das Hauptsymptom ist Luftnot unter Belastung. Prof. Böhm erklärt: „Bluthochdruck führt zu einer Vernarbung (Fibrose) von Herzgewebe, wodurch das Herz steifer wird. In der Folge kann es schlechter erschlaffen, sodass während der Füllungsphase (Diastole) nicht genügend Blut in die Herzkammern fließen kann. Insbesondere wenn es schneller schlägt, füllt es sich weniger und kann dann folgerichtig auch weniger auswerfen. Das kann zu einem Rückstau von der linken Herzkammer in die Lunge führen, was wiederum den Druck erhöht und bei Belastung Luftnot auslöst. Wir sprechen dann von einer hypertensiven Entgleisung.“
Ausbleibende Beschwerden erschweren die Diagnose von Bluthochdruck und Folgeerkrankungen wie die hypertensive Herzkrankheit. Umso wichtiger sind daher rechtzeitige Vorsorge und Früherkennung: Wer regelmäßig seinen Blutdruck in der Hausarztpraxis oder Apotheke messen lässt, kann Veränderungen frühzeitig feststellen. Blutdruckwerte ab 140/90 mmHg gelten als erhöht. Optimal sind Werte unter 120/80 mmHg.
Eine einzelne Messung mit erhöhten Werten ist dabei kein Grund zur Sorge, sollte jedoch von einer Kardiologin oder einem Kardiologen überprüft werden: „In der Diagnostik nehmen wir eine Langzeitmessung vor und überwachen den Blutdruck 24 Stunden lang“, sagt Prof. Böhm. „Ist er erhöht, klären wir zwei Fragen: Was hat der Bluthochdruck bereits angerichtet und welche Ursachen liegen ihm zugrunde?“ Mögliche Schäden an Herz und Gefäßen werden per Herz-Ultraschall (Echokardiografie) erfasst. Außerdem wird im Labor die Nierenfunktion geprüft: Eiweiße im Urin lassen auf einen sogenannten Endorganschaden der Niere schließen – also eine bereits gestörte Funktion des Organs. „Zudem schauen wir, ob weitere Risikofaktoren wie erhöhte Cholesterinwerte, Diabetes oder familiäre Vorbelastung vorliegen. Dies ist besonders wichtig, wenn Schädigungen wie Herzinfarkte, Herzmuskelschwäche oder Nierenschwäche bereits eingetreten sind. Daraus ergibt sich das ‚globale Risiko‘, anhand dessen sich die nötige Strenge der Blutdruckbehandlung entscheidet“, so Prof. Böhm weiter.
Liegt der Blutdruck dauerhaft bei mehr als 140/90 mmHg, muss er unbedingt gesenkt werden. Bleibt er jahrelang unkontrolliert hoch, droht eine hypertensive Herzerkrankung, die mit schweren Folgen wie Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen einhergehen kann. Die gute Nachricht ist, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, einen erhöhten Blutdruck wieder in den Griff zu bekommen. Zur Standardtherapie gehören blutdrucksenkende Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen:
Häufig werden zwei verschiedene Wirkstoffe kombiniert, um deren Effektivität zu erhöhen und den angestrebten Blutdruckwert von 120/80 mmHg zu erreichen. Die Wahl hängt zudem von möglichen Begleiterkrankungen ab: „Bei Patientinnen oder Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko setzt man zuerst Kalzium-Antagonisten ein. Eine Person mit Niereninsuffizienz profitiert am meisten von einem ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten, weil diese die Nieren schützen und einer Herzinsuffizienz vorbeugen“, sagt Prof. Böhm. „In der Regel greifen wir zu Kombinationspräparaten, damit Betroffene nur eine Tablette einnehmen müssen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Medikament auch konsequent einnehmen (Adhärenz).“
Das Tückische ist nämlich, dass Bluthochdruck nicht immer Symptome verursacht und die Einnahme blutdrucksenkender Mittel dazu führen kann, dass sich Betroffene durch den gesenkten Blutdruck zunächst schlechter fühlen. „Manche setzen ihre Medikamente selbständig ab, da sie unter Nebenwirkungen leiden oder andere Beschwerden den eingenommenen Mitteln zuschreiben. Das ist zwar ein menschlicher Reflex, stellt jedoch ein großes Problem in der Behandlung von Bluthochdruck dar“, so Prof. Böhm. „Hier müssen wir der Patientin oder dem Patienten vermitteln, wie wichtig die lebenslange Einnahme der Medikamente ist, um Folgen wie Herzmuskelschwäche, Herzinfarkte oder Schlaganfälle zu verhindern.“ Wer ein Medikament nicht verträgt, sollte sich daher zuerst an die behandelnde Ärztin oder den Arzt wenden. Oft lässt sich eine passende Alternative finden.
Der Lebensstil ist sowohl in der Entstehung als auch in der Behandlung der hypertensiven Herzkrankheit entscheidend. Patientinnen und Patienten können selbst aktiv werden und ihren Blutdruck senken. Hierbei gilt es, auf eine salzarme Ernährung zu achten und auf Zigaretten sowie Alkohol möglichst zu verzichten. Zudem wirkt sich Bewegung im Alltag positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus und kann beim Stressabbau helfen. Entscheidend ist außerdem, Übergewicht zu vermeiden oder abzubauen: „Als Faustregel können Sie sich merken, dass eine Gewichtsabnahme von 1 Kilogramm den Blutdruck um 1 mmHg senkt“, sagt Prof. Böhm.
Eine hypertensive Herzkrankheit ist – wie die meisten Erkrankungen des Herzens – in der Regel kein Hindernis, weiterhin körperlich aktiv zu sein. Im Gegenteil: Sport sowie Bewegung im Alltag stärken das Herz und wirken langfristig blutdrucksenkend. Stimmen Sie Ihre sportlichen Vorhaben jedoch unbedingt mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ab, damit Sie das richtige Maß finden und Ihr Herz nicht überlasten.