Ständig ertönt ein Alarm. Menschen und Monitore werden rund um die Uhr aufmerksam beobachtet. Für Simon Bramer, Stellvertretende Zentrumsleitung der kardiologischen Intermediate-Care-Station im Helios Klinikum Berlin-Buch, ist das der perfekte Job in der Pflege. Im Gespräch erklärt er die Aufgaben auf einer Intermediate-Care-Station (IMC), wie sich die Abteilung von der Intensivstation unterscheidet und wie er die Patientinnen und Patienten auf der IMC erlebt.
Haben Sie nach Feierabend noch das Piepen der Überwachungsgeräte im Kopf?
Eine Überwachungsstation ist kein ruhiger Ort – das ist leider so. Unsere zwölf Betten sind alle monitorüberwacht. Da kommt es manchmal zu überlappenden Alarmen. Zum Beispiel, wenn irgendwo eine Sauerstoffüberwachung vom Finger rutscht – wir haben Sensoren, mit denen wir über die Finger die Sauerstoffsättigung messen. Dann ertönt ein Gong. Eventuell gibt es aber gleichzeitig in einem anderen Zimmer einen Asystolie-Alarm, weil der Herzschlag ausgesetzt hat. Dieser Ton ist dann viel intensiver. In einem Möbelhaus gab es einmal ein Telefon, das genau diesen Klingelton hatte. Da hatte ich gleich den Impuls: Rettungs-Rucksack schnappen und reanimieren! Darauf bin ich offenbar konditioniert. Aber es ist nicht so, dass mich irgendein Überwachungston zu Hause im Schlaf verfolgt.
Welche Patientinnen und Patienten werden auf einer Intermediate-Care-Station behandelt?
Die kardiologische IMC ist eine Behandlungsstufe, die den Intensivbereich entlastet. Wir übernehmen zum Beispiel Herzkranke, die gerade einen minimalinvasiven Eingriff im Katheterlabor hinter sich haben – wie die Öffnung eines Herzkranzgefäßes nach einem Herzinfarkt. Auch Menschen mit Herzschwäche, deren Zustand sich plötzlich verschlechtert hat, kommen zu uns. Oder Patientinnen und Patienten mit einer Angina Pectoris, dieser Brustenge, die man spürt, wenn das Herz nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Andere haben eine Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung. Die meisten bleiben 24 bis 48 Stunden am Monitor – dann können sie auf die Normalstation ohne Überwachung verlegt werden. Oder ihr Zustand verschlechtert sich und sie müssen doch noch auf die Intensivstation.
Was genau ist der Unterschied zur Intensivstation?
Auf der Intensivstation werden Menschen behandelt, bei denen lebenswichtige Körperfunktionen gestört sind. Die Betroffenen können zum Beispiel nicht selbständig atmen. Deshalb werden sie auf der Intensivstation in Narkose gelegt und an eine Beatmungsmaschine angeschlossen. Um bei dem Atem-Beispiel zu bleiben: Die Herzkranken auf unserer Station leiden zwar auch unter Luftnot, aber bei ihnen reicht eine Sauerstoffmaske, die sie bei der Atmung unterstützt. Sie sind stabiler.
Wie intensiv werden die Herzkranken auf einer IMC überwacht?
Wir überwachen permanent die sogenannten Vitalparameter: Herz- und Atemfrequenz, Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung und den Blutdruck. Der kann – je nach Befund – zwischendurch mit einer Manschette gemessen werden. Einige haben aber auch eine Kanüle in der Arterie, sodass die Blutdruckwerte permanent kontrolliert werden. Bei einer Herzschwäche gibt es zum Beispiel Medikamente, die den Herzschlag beschleunigen. Die können die Pumpfunktion des Herzens verbessern, stellen aber gleichzeitig die Peripherie, also die Gefäße eng. Das kann zu einer Erhöhung des Blutdrucks führen. Sobald ein gewisser Wert überschritten wird, gibt es einen Alarm. Ein zu hoher Blutdruck könnte ein lebensbedrohliches Lungenödem verursachen. Aber auch ein Blutdruckabfall kann gefährlich werden. Deshalb bedarf es einer kontinuierlichen Überwachung. Wir haben mit komplexen Krankheitsbildern zu tun, bei denen wir die Medikation feinfühlig anpassen müssen.
Wie stark belastet es Sie, mit schwer Herzkranken zu arbeiten?
Ich habe auf einer Intensivstation gelernt – und bin froh, dass ich auf der IMC weiterhin mit der Überwachung, der ganzen Technik und Notfallmedizin zu tun habe. Auch hier können wir Betroffenen in Akutsituationen sehr schnell und effektiv helfen. Wenn ich einer Patientin oder einem Patienten zum Beispiel Sauerstoff über die Maske gebe, um die Atmung zu verbessern, sehe ich sofort, dass die Sauerstoffsättigung steigt. Das Wohlbefinden verbessert sich. Die blauen Lippen werden rosa. Wir haben so viele Möglichkeiten, etwas zu tun …
Wie schnell geht es den Patientinnen und Patienten nach einem Herzinfarkt wieder gut?
Der primäre Schmerz, das Angstgefühl und die Enge sind nach dem Öffnen des Gefäßes meist verschwunden. Wenn die Betroffenen zu uns auf die Station kommen, geht es ihnen körperlich also schon wieder viel besser. Ihr Wohlbefinden hängt von vielen Faktoren ab: Mussten die Betroffenen reanimiert werden? Wurden bei der Wiederbelebung Rippen gebrochen? Schmerzt die Stelle in der Leiste, über die der Katheter eingeführt wurde? Wird der Druckverband als unangenehm empfunden? Manche reagieren genervt, weil sie auf dem Rücken liegen müssen. Andere haben einen ausgeprägten Gesprächsbedarf und wollen ganz genau verstehen, was passiert ist: Was bedeutet das für ihre Zukunft? Einige sind froh, mit dem Leben davongekommen zu sein und tragen das erst einmal mit sich selbst aus. Da reagiert jeder anders.