Gibt es Verhaltensregeln für den Besuch auf der Intensivstation?
In jeder Klinik gibt es eigene Hausregeln, die von den Angehörigen einer Patientin oder eines Patienten befolgt werden sollten. Weitere Tipps für das richtige Verhalten auf der Intensivstation:
- Vor und nach dem Betreten der Station die Hände desinfizieren.
- Bei Infektionskrankheiten (zum Beispiel Erkältung oder Grippe) nur nach Absprache mit dem Personal die Station besuchen.
- Bevor Sie den Patienten oder die Patientin versorgen, halten Sie Rücksprache mit den Pflegekräften. Wird zum Beispiel der Wunsch geäußert etwas zu trinken, kann es medizinische Gründe haben, weshalb vorerst darauf verzichtet werden sollte. Besser: Erst bei der Pflege nachfragen, statt eigenmächtig zu handeln.
- Besuchszeiten aufteilen. In der Regel sollten maximal zwei Angehörige gleichzeitig vor Ort sein.
- Informationen weitertragen – bestenfalls gibt es einen oder zwei Ansprechpartner für Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte, von denen die Informationen an andere Angehörige weitergeleitet werden.
- Bei Untersuchungen oder pflegerischen Maßnahmen den Raum verlassen.
Was können Angehörige tun, um Patientinnen und Patienten zu helfen?
„Für den Patienten oder die Patientin ist es wichtig, wenn er oder sie in der Situation Beistand von den Angehörigen bekommt. Auch, wenn die Betroffenen nicht ansprechbar sind, kann es helfen, wenn die Angehörigen mit ihnen reden, ihnen aus einem Lieblingsbuch vorlesen oder ihnen ihre Lieblingsmusik vorspielen“, sagt Dr. Schneckenpointner.
Sobald ein Patient oder eine Patientin wach ist, ist es wichtig, sie zu beruhigen. Deshalb rät Prof. Lars Maier: „In dieser Situation sollte Rücksicht auf die betroffene Person genommen werden. Deshalb sollten Stress oder Streitgespräche vermieden werden. Auch weitere stressige Ereignisse im Alltag, zum Beispiel ein Wasserrohrbruch, sollten in dieser Zeit nicht unbedingt thematisiert werden.“
Gerade bei Menschen, die eine längere Zeit im umgangssprachlich sogenannten künstlichen Koma verbracht haben, kann es sein, dass die Patienten oder Patientinnen nach dem Aufwachen desorientiert sind, in ein Delir (akute Verwirrtheit) verfallen, der Tag-Nacht-Rhythmus aus dem Gleichgewicht geraten ist oder Halluzinationen entstehen. „In so einem Fall sollten die Angehörigen beruhigend auf die Person einwirken und darauf achten, dass sie nicht versucht aufzustehen oder in Ängste verfällt“, betont Dr. Schneckenpointner.
Was nehmen Patientinnen und Patienten von der Intensivstation wahr?
Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation, die nicht ansprechbar sind, erinnern sich nach dem Aufenthalt teilweise an die Ereignisse. Intensivmediziner Dr. Schneckenpointner erklärt: „Einige berichten, dass sie zum Beispiel Geräusche oder Gespräche mitbekommen haben. Das ist jedoch nicht immer so. Grundsätzlich bin ich jedoch davon überzeugt, dass es hilfreich ist, wenn man viel mit dem Betroffenen spricht, damit er die gewohnte Stimme hört.“
Wann werden Angehörige auf eine mögliche Organspende angesprochen?
In Deutschland gilt für eine Organspende die sogenannte Entscheidungsregelung. Das heißt: Ein Mensch muss sich zu Lebzeiten aktiv für oder gegen die Organspende entschieden haben. Nur wenn die Einwilligung zur Organspende vorliegt und der irreversible Hirnfunktionsausfall, umgangssprachlich auch Hirntod genannt, diagnostiziert wird, können Organe zur Spende freigegeben werden.
„Bei schweren Hirnschädigungen zeichnet sich oft ab, dass es zu einem irreversiblen Hirnfunktionsausfall kommen kann. In solchen Fällen kommen Ärztinnen, Ärzte und Personal oft frühzeitig auf die Angehörigen zu, um den Willen des Patienten oder der Patientin zu erfragen“, erklärt Dr. Schneckenpointner. Wurde der Wille nicht dokumentiert, sind die nächsten Angehörigen dazu angewiesen, im Willen der Person zu entscheiden. „Diese Entscheidung zu treffen ist schwer. Durch die Entscheidungsregelung haben wir in Deutschland jedoch große Probleme bei der Versorgung mit Spenderorganen. Deshalb können wir die Angehörigen nur bitten, im Sinne des Patienten oder der Patientin zu handeln. Wurde kein Wille geäußert, würde ich mir wünschen, dass die Angehörigen in dieser schweren Zeit dennoch daran denken, wieviel Gutes sie in dieser Situation tun können, wenn sie der Organspende zustimmen“, sagt Prof. Lars Maier.