Herztransplantation: Wie wird man zum Spender?

Etwa 40 Prozent der Deutschen besitzen einen Organspendeausweis, in dem sie ihre Entscheidung dokumentiert haben, ob sie ihre Organe nach dem Tod spenden möchten oder nicht. Das ist wichtig: Denn nur, wer sich zu Lebzeiten für eine Organspende ausgesprochen hat, kann in Deutschland Spender werden. Was Sie wissen sollten, wenn Sie Organspender werden möchten. 

Von Jana Kolbe

 

06.12.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock/aydinmutlu

Wie wird man zum Organspender?

Etwa 700 Menschen standen 2022 auf der Warteliste für ein neues Herz. Oft warten die Patienten und Patientinnen mehrere Jahre, um ein Spenderorgan zu bekommen. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 358 Herzen transplantiert. „Leider gibt es deutlich weniger Organspender als Organe gebraucht werden. Deshalb ist es wichtig, sich zu Lebzeiten mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine Entscheidung für oder gegen eine Organspende zu treffen“, erklärt Dr. Roland Schneckenpointner, Funktionsoberarzt und Facharzt für Innere Medizin und Intensivmedizin an der Uniklinik Regensburg.

 

In Deutschland gilt, im Gegensatz zu allen anderen Ländern in Europa, die sogenannte Entscheidungslösung. Das heißt: Organe und Gewebe dürfen nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person einer Organspende zugestimmt hat. Liegt keine Entscheidung vor, werden die Angehörigen gefragt. Experten und Expertinnen raten dazu, die Entscheidung für oder gegen eine Organspende in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung zu dokumentieren. Darin kann auch notiert werden, wenn man keine Organe spenden möchte.

 

Bevor Spenderorgane entnommen werden dürfen, muss bei dem Patienten oder der Patientin der sogenannte Hirntod festgestellt werden, zum Beispiel als Folge einer Hirnblutung oder einer schweren Hirnschädigung. Der Begriff Hirntod wird heute nur noch umgangssprachlich benutzt, der Fachbegriff dafür lautet irreversibler Hirnfunktionsausfall (IHA). „Das heißt: Alle Hirnfunktionen sind unwiederbringlich ausgefallen und das Herz-Kreislauf-System wird nur noch künstlich aufrechterhalten, um die Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen“, erklärt der Intensivmediziner.

 

Liegt der Verdacht auf Hirntod vor, wird das Verfahren zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls eingeleitet. „Die IHA-Diagnostik dient vorrangig dazu, Sicherheit über den Zustand eines Patienten oder einer Patientin zu erlangen. Sie wird auch unabhängig von einer Organspende durchgeführt. Denn: Der irreversible Hirnfunktionsausfall definiert als sicheres Todeszeichen den Zeitpunkt des Todes“, sagt Dr. Schneckenpointner. Bestätigt die IHA-Diagnostik den Verdacht, entscheiden die Ärztinnen und Ärzte, ob eine Organspende medizinisch infrage kommt.

 

Wo erhält man einen Organspendeausweis?

Der Organspendeausweis kann kostenlos bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) bestellt werden. Auch Apotheken, Arztpraxen, Krankenhäuser, Krankenkassen und Einwohnermeldeämter stellen den Organspendeausweis kostenfrei zur Verfügung. Sie können den Ausweis auch im Internet (zum Beispiel unter organspende-info.de herunterladen und selbst ausdrucken oder beim Infotelefon Organspende unter der gebührenfreien Telefonnummer 0800/90 40 400 kostenlos bestellen.

 

Wann treffen Angehörige die Entscheidung über eine Organspende?

Damit jemand seine Organe spenden kann, muss eine Einwilligung für die Organspende vorliegen. Diese kann in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung hinterlegt werden. Hat der Patient oder die Patientin zu Lebzeiten selbst keine Entscheidung getroffen, können die nächsten Angehörigen (zum Beispiel Ehepartner, Eltern, Geschwister, volljährige Kinder oder Großeltern) im Sinne der verstorbenen Person entscheiden. „Dabei wird darauf geachtet, dass die Angehörigen in den letzten zwei Jahren Kontakt zu der Person hatten, um sicherstellen zu können, dass sie nach ihrem Willen entscheiden können“, erklärt Dr. Schneckenpointner. Das heißt: Äußert eine Person im Laufe ihres Lebens gegenüber den Angehörigen, dass sie einer Organspende zustimmt, sollten Angehörige diesem Willen nachkommen, auch wenn sie für sich selbst eine andere Entscheidung treffen würden. „Erst wenn dieser mutmaßliche Wille der verstorbenen Person nicht ermittelbar ist, entscheiden die Angehörigen nach ihren eigenen Wertvorstellungen“, erklärt Dr. Roland Schneckenpointner.

 

Gibt es die Möglichkeit, nur bestimmte Organe zu spenden?

Auf dem Organspendeausweis gibt es drei mögliche Entscheidungen:

 

  • eine uneingeschränkte Zustimmung zur Organspende,
  • das Ablehnen einer Organspende oder
  • eine Freigabe bestimmter Organe und Gewebe für die Spende.

 

Das heißt: Wer sich für eine Organspende entscheidet, kann auch festlegen, dass zum Beispiel nur das Herz gespendet werden soll.

Dr. Roland Schneckenpointner Dr. Roland Schneckenpointner ist Funktionsoberarzt und Facharzt für Innere Medizin und Intensivmedizin an der Uniklinik Regensburg. Bildquelle: UKR

Welche medizinischen Kriterien schließen eine Spende aus?

Wird bei einer Person, die einer Organspende zugestimmt hat, der Hirntod festgestellt, gibt es nur wenige medizinische Gründe, die gegen eine Organspende sprechen. Eine Organentnahme kann zum Beispiel bei bestimmten Infektionen oder bei akuten Krebserkrankungen ausgeschlossen sein.

 

Bei allen anderen Erkrankungen entscheiden Ärzte und Ärztinnen im Einzelfall, ob und welche Organe gespendet werden können. Für den Erfolg einer Organtransplantation ist es wichtig, dass die transplantierten Organe gesund und funktionstüchtig sind. „Gerade bei Patienten und Patientinnen, die bereits seit längerer Zeit unter einer Herz-Kreislauf-Erkrankung gelitten haben, sind oft auch andere Gefäßerkrankungen vorhanden. Deshalb kann es sein, dass sie sich nicht als Organspender oder eben nur als Spender für bestimmte Organe eignen“, sagt Dr. Schneckenpointner. Um sicherzustellen, dass die Organe funktionstüchtig sind, wird der Spender deshalb unmittelbar vor der Organentnahme medizinisch untersucht.

 

Wie läuft eine Organspende ab?

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) koordiniert die Organspende. Da es mehr Menschen gibt, die eine Organspende benötigen, als Menschen, die Organe spenden, wird eine Warteliste geführt. Entscheidend für die Reihenfolge sind die Erfolgsaussichten einer Transplantation und die Dringlichkeit. Zusätzlich sollten die Gewebemerkmale zwischen spendender und empfangender Person möglichst übereinstimmen.

 

Die Organentnahme bei einem hirntoten Patienten oder einer Patientin findet erst nach einer medizinischen Untersuchung statt, um sichergehen zu können, dass die Organe für den Empfänger oder die Empfängerin kein Risiko darstellen. „Organe werden nur entnommen, wenn sie zur Spende freigegeben wurden. Die Entnahme erfolgt mit der gleichen Sorgfalt und Wundversorgung wie bei einer Operation am lebenden Menschen“, betont Dr. Schneckenpointner

 

Sobald ein Spenderorgan entnommen wurde, ist es von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten. Deshalb muss die Zeit zwischen Entnahme und Transplantation möglichst kurz sein. Die Transplantationen finden nur in ausgewählten Transplantationszentren statt.

 

Wann kann eine Herztransplantation nötig sein?

Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, eine Krankheit der Herzmuskulatur oder ein angeborener Herzfehler können zum endgültigen Herzversagen führen. Bei diesen Patienten und Patientinnen kann eine Herztransplantation in Betracht gezogen werden. Für Betroffene mit einer Herzschwäche im Endstadium ist die Herztransplantation oft die einzige Überlebenschance.

 

Die Erfolgsaussichten einer Herztransplantation sind heute viel besser als noch vor einigen Jahren: Heute arbeiten von 100 transplantierten Herzen ein Jahr nach der Operation noch etwa 80. Nach fünf Jahren sind es noch 70. Diese Daten wurden europaweit in einer Studie über einen Zeitraum von 1990 bis 2021 erfasst.

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