Kardiologische Reha: Wer sie bekommt und was dort geschieht

Ob nach einer Bypass-Operation, einem Herzinfarkt oder einer Herzmuskelentzündung – eine kardiologische Rehabilitation kann den Heilungsverlauf begünstigen und schwere Folgen verhindern. Wann eine Reha ansteht und wie sie abläuft.

Von Jonas Heinrich

 

26.04.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock / LightFieldStudios

Wann ist eine kardiologische Reha sinnvoll?

Eine kardiologische Rehabilitation kann in zwei Fällen sinnvoll sein: Einerseits als Vorbeugungsmaßnahme, wenn eine Person ein hohes Risiko für künftige Herzerkrankungen hat. Andererseits als Reaktion auf ein kürzlich eingetretenes Ereignis wie einen Herzinfarkt oder eine Herzoperation. Eine vorbeugende Reha wird als „allgemeine Rehabilitation“ bezeichnet, eine akut bedingte als „Anschlussheilbehandlung“ (AHB). Die AHB folgt dabei unmittelbar auf den stationären Krankenhausaufenthalt.

„Zu den Gründen für eine AHB gehören unter anderem Herzoperationen, Herzinfarkte oder Herzrhythmusstörungen“, sagt Dr. Eike Langheim, Chefarzt am Reha-Zentrum Seehof in Teltow (Brandenburg). „Die allgemeine Rehabilitation führen wir hingegen vorbeugend bei gefährdeten Personen durch.“ Dies betrifft beispielsweise Menschen mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen oder Übergewicht. Im Ablauf unterscheiden sich AHB und allgemeine Rehabilitation jedoch kaum: „Die herzstärkenden Maßnahmen sind für alle Patientinnen und Patienten ähnlich“, sagt Dr. Langheim.

Wann gibt es einen Anspruch auf eine kardiologische Reha?

Das Recht auf eine kardiologische Reha steht Ihnen in der Regel bei folgenden Krankheitsbildern zu:

 

  • chronische Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie koronare Herzkrankheit (KHK),
  • akute Erkrankungen wie akutes Koronarsyndrom (ACS), Herzinfarkt, Herzschwäche, Lungenembolie oder Herzrhythmusstörungen,
  • Operationen am Herzen oder an den Gefäßen,
  • zusätzlich vorliegende Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas oder chronische Lungenerkrankungen.
Dr. Eike Langheim. Dr. med. Eike Langheim ist Chefarzt am Reha-Zentrum Seehof und Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Bildquelle: Dr. med. Eike Langheim

Lässt sich die kardiologische Reha mit einer Kur vergleichen?

Der Begriff Reha wird im alltäglichen Sprachgebrauch häufig mit Kur gleichgesetzt. Ein reines Wellness-Programm dürfen Sie dabei jedoch nicht erwarten: „Der Begriff ‚Kur‘ passt nicht zur kardiologischen Rehabilitation. Denn sie bedeutet auch Anstrengung und ist mit viel Aufwand aller Beteiligten verbunden“, erklärt Dr. Langheim. Die Mühe lohnt sich jedoch: „Im Verlauf der Reha zeigen die meisten Patientinnen und Patienten einen deutlichen Zuwachs an Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit.“ Die Fortschritte werden durch zahlreiche verschiedene Maßnahmen erreicht. Auf dem täglichen Programm stehen neben körperlichem Training auch psychologische Gespräche sowie Schulungen zur Ernährung und anderen Verhaltensweisen.

Wie ist der Ablauf einer kardiologischen Reha?

Eine kardiologische Rehabilitation beinhaltet neben der ärztlichen Betreuung und Diagnostik eine Reihe weitere Therapiemaßnahmen und unterstützende Angebote. Zum Ablauf der kardiologischen Reha gehören üblicherweise:

 

  • Schulungen zur jeweiligen Erkrankung,
  • körperliche Aktivität und Training,
  • Physiotherapie,
  • Ernährungstherapie,
  • Ergotherapie,
  • Entspannungstraining und Stressbewältigung,
  • sozialdienstliche Beratung,
  • psychologische Betreuung,
  • Pflege und Mobilisierung,
  • Rauchstopp,
  • medikamentöse Behandlung.

Um den größtmöglichen Nutzen aus der Reha zu ziehen, stellt das ärztliche und pflegerische Personal gemeinsam mit Ihnen einen individuellen Tagesplan zusammen: „An einem typischen Tag stehen etwa fünf bis acht Anwendungen auf dem Plan, darunter psychologische Gespräche, Bewegungstherapie sowie Ernährungsschulungen. Doch auch für Erholung und soziales Miteinander bleibt genügend Zeit. Gesundheit beinhaltet schließlich neben dem körperlichen auch das psychische und soziale Wohlbefinden“, sagt Dr. Langheim. „Um die verschiedenen Bereiche abzudecken, muss das Team einer kardiologischen Reha-Klinik breit aufgestellt sein und nicht nur allein die Herzerkrankung, sondern auch buchstäblich den bio-psycho-sozialen Zusammenhang sehen.“ Neben Ärztinnen und Ärzten kümmern sich daher Sozialarbeiterinnen und -arbeiter, Diätassistentinnen und Diätassistenten sowie Psycho-, Physio-, Ergo- und Bewegungstherapeutinnen und -therapeuten um Sie.

Was sind die Ziele der kardiologischen Rehabilitation?

Kardiologische Reha-Maßnahmen sollen Sie dabei unterstützen, mit Ihrer Erkrankung umzugehen, nach einer Operation wieder auf die Beine zu kommen und grundlegend Ihre Herzgesundheit zu verbessern. Konkret stehen bei der kardiologischen Reha folgende Ziele im Vordergrund:

 

Ob diese Ziele erreicht werden, hängt zwar einerseits von der Qualität der ausgewählten Reha-Klinik ab. Entscheidend ist allerdings auch, dass Sie sich auf die verschiedenen Reha-Maßnahmen einlassen und gewillt sind, Ihren Lebensstil anzupassen. „Die Schwierigkeit besteht darin, den herzgesunden Lebensstil auch nach der Reha im Alltag konsequent beizubehalten“, sagt Dr. Langheim. Gelingt Ihnen dies jedoch, können Sie das gesundheitliche Potenzial der kardiologischen Rehabilitation voll ausschöpfen.

Wie effektiv ist die kardiologische Reha?

Wie effektiv und nachhaltig eine kardiologische Rehabilitation ist, unterscheidet sich von Individuum zu Individuum und hängt von vielen Faktoren ab. Neben der eigenen Motivation und dem vorliegenden Krankheitsbild beeinflussen auch die Qualität der Klinik und das soziale Umfeld, wie sich die Herzgesundheit entwickelt. Um die Erfolgsquote der kardiologischen Rehabilitation in Deutschland wissenschaftlich zu messen, haben Forschende der Universität Potsdam in den Jahren 2017 und 2018 an zwölf verschiedenen Reha-Einrichtungen entsprechende Daten erhoben. Für ihre Studie konnten sie 1.262 Teilnehmende unter 65 Jahren gewinnen und deren Zustand zu Beginn und am Ende der Reha sowie sechs Monate danach erfassen. Die Auswertung der gesundheitsbezogenen Daten sowie der seitens der Patientinnen und Patienten ausgefüllten Fragebögen ergab, dass ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität nach sechs Monaten im Durchschnitt um 7 Prozent höher war als zu Beginn der Reha. Ihre Ausdauerfähigkeit war signifikant gestiegen, ebenso wie ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden. 69 Prozent gelang die berufliche Wiedereingliederung. Zahlreiche weitere Studien und Übersichtsarbeiten bestätigen die hohe Wirksamkeit der kardiologischen Rehabilitation.

Kardiologische Reha: Ambulant oder stationär?

Eine kardiologische Reha nimmt in der Regel drei bis vier Wochen in Anspruch. Je nach Patientenwunsch und Schwere der Erkrankung kann sie ambulant, stationär oder teilstationär stattfinden: „Bei Anschlussheilbehandlungen nach einer Operation empfiehlt sich ein stationärer Aufenthalt, da ein gewisses Restrisiko besteht“, sagt Dr. Langheim. In den übrigen Fällen kommt es auf die persönliche Präferenz an. „Wichtig ist lediglich, dass Sie sich vorbehaltlos auf die Rehabilitation einlassen.“

Wer trägt die Kosten einer kardiologischen Reha?

Wer die Kosten der kardiologischen Rehabilitation übernimmt, hängt einerseits davon ab, ob Sie berufstätig oder im Ruhestand sind. Andererseits davon, ob Sie gesetzlich oder privat versichert sind. In jedem Falle müssen Sie im Vorhinein einen Antrag bei dem entsprechenden Kostenträger stellen. Berufstätige beantragen die kardiologische Rehabilitation bei der Rentenversicherung. Gesetzlich versicherte Rentnerinnen und Rentner hingegen bei ihrer Krankenversicherung. Für Privatversicherte gilt: Da für private Krankenversicherungen keine Leistungspflicht hinsichtlich Reha-Maßnahmen besteht, hängt es vom jeweiligen Tarif ab, ob die Versicherung die Kosten übernimmt.

Damit die Kosten für Ihre Reha erstattet werden können, müssen stets drei Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

 

  • Rehabilitationsbedürftigkeit: Den Bedarf für eine kardiologische Reha weist Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr Arzt mittels Befundbericht nach.
  • Rehabilitationsfähigkeit: Sie sind körperlich und psychisch im Stande, aktiv an den Reha-Maßnahmen teilzunehmen.
  • Rehabilitationsprognose: Die Erfolgsaussichten sind positiv und die angesteuerten Ziele für Sie erreichbar.

In welcher Klinik Sie die Reha durchführen, können Sie übrigens mitbestimmen. Aufgrund des „Wunsch- und Wahlrechts“ unterliegt die Auswahl der Einrichtung bis zu einem gewissen Grad Ihnen. Unter Umständen können Sie beim Kostenträger Widerspruch einlegen. Sobald Ihr Antrag auf Kostenübernahme genehmigt wurde, steht Ihrer kardiologischen Reha nichts mehr im Weg.

Wie viele Herzpatientinnen und -patienten machen eine kardiologische Reha?

Leider nimmt nur rund die Hälfte aller Patientinnen und Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung die kardiologische Rehabilitation, die ihnen zusteht, in Anspruch. Im Jahr 2021 waren es laut Statistischem Bundesamt etwa 214.000 Betroffene, vor der Corona-Pandemie lag die Zahl bei über 250.000. Klar ist: Hier besteht ein großes, unausgeschöpftes Potenzial. Dr. Langheim rät daher allen Betroffenen, sich um eine Reha zu bemühen und vorbehaltlos darauf einzulassen: „Wer offen für die angebotenen Maßnahmen ist und aktiv mitmacht, kann in der kardiologischen Reha ganz viel für seine Herzgesundheit und Lebensqualität tun.“

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