In vielen europäischen Ländern gibt es räumliche und regionale Ungleichheiten in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz (HI), so auch in Deutschland. Besonders in ländlichen Regionen ist der Zugang zu spezialisierten kardiologischen Leistungen eingeschränkt, was sich negativ auf die Prognose auswirken kann. Telemedizin gilt als eine vielversprechende Strategie, um diese strukturellen Barrieren zu überwinden, da es eine zeit- und ortsunabhängig digitale Versorgung ermöglicht. Eine prä-spezifizierte Analyse der TIM-HF2-Studie untersucht den Einfluss geographischer Faktoren auf die Wirksamkeit eines strukturierten Telemonitoring-Programms.
TIM-HF2 war eine randomisierte, kontrollierte Multizenterstudie mit 1.538 Herzinsuffizienz-Patientinnen und Patienten mit einer HI-Hospitalisierung innerhalb der letzten 12 Monate, die entweder in ein nicht-invasives Telemonitoring-Programm mit externen Devices oder in die Standardversorgung randomisiert wurden. Eingeschlossen wurden sowohl Betroffene mit reduzierter (HFrEF), mittelgradig eingeschränkter (HFmrEF) als auch erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion (HFpEF). Ausgangspunkte für die nun vorliegende präspezifizierte Analyse war, dass die Randomisierung nach der Lage des kardiologischen Zentrums (ländlich vs. städtisch) stratifiziert war. Drei geographische Merkmale standen im Fokus:
- Lage der behandelnden Kardiologinnen und Kardiologen (ländlich vs. städtisch),
- Wohnort der Patientinnen und Patienten (ländlich vs. städtisch),
- Individuelle Reisedistanz zwischen Wohnort und Kardiologin oder Kardiologe
Die mediane Altersgruppe der Patientinnen und Patienten lag bei 70 Jahren, ungefähr ein Drittel (30 %) waren Frauen und etwa die Hälfte (48 %) der Studienteilnehmenden befanden sich bei Einschluss in NYHA-Klasse III oder IV.
Der Nutzen der Telemonitoring-Intervention war grundsätzlich unabhängig vom Wohnort oder der Lage der Kardiologin oder des Kardiologen, d.h. sowohl in ländlichen als auch städtischen Regionen konnten durch Telemonitoring vergleichbare Reduktionen des primären Endpunkts (Tage verloren durch Tod oder ungeplante kardiovaskuläre Hospitalisationen) erzielt werden.
Entscheidend war jedoch: Die Effektivität der Telemonitoring-Strategie stieg signifikant mit zunehmender Reisedistanz der Betroffenen zu ihrer Kardiologin oder ihrem Kardiologen. Das heißt, für jede Verdopplung der Distanz verringerte sich der kombinierte Endpunkt um 13 %. Besonders deutlich war beispielsweise der Vorteil für Patientinnen und Patienten mit einem Anfahrtsweg von >100 km: Hier konnte die Rate verlorener Tage um 51 % reduziert werden. Diese distanzabhängigen Effekte bestätigten sich auch für die sekundären Endpunkte Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität.
Telemonitoring hat das Potenzial, geografische Barrieren und strukturelle regionale Nachteile zu überwinden, indem es den Zugang zur kardiologischen Versorgung unabhängig vom Standort ermöglicht. Bei der Implementierung von Telemonitoring könnte daher ein besonderes Augenmerk auf die Patientinnen und Patienten gelegt werden, die an von der kardiologischen Versorgung weit entfernten Orten wohnen. Aus methodologischer Sicht ist interessant, dass die individuelle Reisedistanz ein quantitativ robustes und patientenorientiertes Maß zu sein scheint, das subtile Behandlungsunterschiede in Telemonitoring wirksam erfasst. Dies sollte bei der Konzeption und Analyse künftiger Telemonitoring-Studien berücksichtigt werden.
Die vorgestellte Analyse zeigt, dass nicht-invasives Telemonitoring in der TIM-HF-Studie in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz die Ereignisrate sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich signifikant verbessern kann. Eine entscheidende Hilfe kann Telemonitoring bei der Überwindung geographischer Versorgungsbarrieren spielen, da mit steigender Distanz zwischen versorgender Kardiologin oder versorgendem Kardiologen und Patientenwohnort der Nutzen größer wurde. Damit stellt Telemonitoring ein zentrales Element zukünftiger Strategien zur Verbesserung der kardiovaskulären Versorgungsgerechtigkeit insbesondere in strukturell schwachen Regionen dar.