Individuen, die weder einen vorbekannten arteriellen Hypertonus, eine Dyslipidämie, einen Diabetes mellitus noch eine Raucheranamnese aufweisen, gelten grundsätzlich im traditionellen Sinne als risikoarm. Wenn Menschen jedoch aufgrund einer Erhöhung des hsCRP-Spiegels dennoch nachweislich eine residuale Inflammation aufweisen, besteht eine nicht zu vernachlässigende Gefahr für das Erleiden kardiovaskulärer Erkrankungen. Zwar haben SMuRFs keinen Zusammenhang mit den blauen kleinen Wesen aus der Kinderserie, stellen jedoch ein spannendes, neues Konzept dar, das die Relevanz weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren und personalisierter Medizin in den Vordergrund hebt.
In die Analyse gingen Daten von 12.530 gesunden Frauen (Durchschnittsalter 53,2 Jahre) ein, die weder vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch SMuRFs (Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes mellitus und Rauchen) aufwiesen, aber von denen der hsCRP-Wert zu Studienbeginn vorlag (National Institutes of Health-funded Women’s Health Study). Während der Beobachtungsdauer über 30 Jahre erlitten 973 Frauen schwere kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkt, koronare Revaskularisation, ischämischer Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod).
Die einmalige hsCRP-Messung zu Studienbeginn zeigte bei den initial gesunden Frauen eine starke Assoziation mit dem kardiovaskulären Risiko über 30 Jahre. Bereits geringfügig erhöhte hsCRP-Werte waren signifikant mit dem Langzeitrisiko assoziiert: Frauen mit hsCRP-Spiegeln >3 mg/l wiesen ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse auf. Dieser Effekt blieb auch nach multivariater Adjustierung konsistent. Zusammenfassend ermöglichte eine einfache hsCRP-Bestimmung die Identifizierung einer Patientengruppe, die von gängigen Algorithmen nicht erfasst wird, aber ein deutlich erhöhtes Langzeitrisiko trägt.
Interessant war zudem die Verknüpfung dieser Beobachtungen mit randomisierten Studiendaten: Im Rahmen der Präsentation wurden Daten einer Subanalyse der JUPITER-Studie präsentiert, in die 8.278 SMuRF-less Personen mit einem hsCRP-Spiegel >2 mg/l eingeschlossen wurden.2,3 Rosuvastatin reduzierte das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um 38 % bei den Frauen und Männern der SMuRF-less-but-inflamed-Population. Damit wird hsCRP nicht nur als prognostischer Marker, sondern auch für potenzielle Therapie-Allokationen und als Marker für klinische Entscheidungsfindungen hinsichtlich primär- und sekundärpräventiver Maßnahmen weiter gestärkt, was eine wesentliche Erkenntnis für künftige Ansätze in der Präventionsmedizin darstellt.
Aus klinischer Perspektive ergibt sich ein konsistentes Bild: hsCRP ist nicht nur ein Marker für eine akute Inflammation, sondern identifiziert ein relevantes residuales Risiko auch in vermeintlichen Low-Risk-Subgruppen. Die Risikostratifizierung mittels hsCRP macht es möglich, bislang unsichtbare Risikogruppen zu identifizieren, die keine standardisierten, modifizierbaren Risikofaktoren tragen (SMuRF-less) und möglicherweise präventiv frühzeitig zu behandeln. Damit liefert dieser Beitrag einen wichtigen Impuls für die Diskussion, hsCRP systematischer in die Routineprävention einzubeziehen.
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