Der Nutzen einer Antikoagulation bei Personen mit Vorhofflimmern und mit einem sehr niedrigen Schlaganfallrisiko ist unklar. Skandinavische Registerdaten legen nahe, dass bei Vorhofflimmern und einem niedrigen Schlaganfallrisiko das Risiko für die Entwicklung einer Demenz reduziert werden kann. Prospektiv randomisierte Daten zu dieser Fragestellung fehlen.
Ziel der Untersuchung war es, zu zeigen, dass eine Antikoagulation mit Rivaroxaban (15 mg) im Vergleich zu Placebo das Risiko für den kombinierten Endpunkt aus kognitiver Verschlechterung, Schlaganfall oder tranitorisch ischämischer Attacke bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern und niedrigem Schlaganfallrisiko reduziert.
BRAIN-AF war eine prospektive randomisierte, Placebo-kontrollierte doppelt-verblindete Studie mit Patientinnnen und Patienten mit Vorhofflimmern zwischen 30 und 62 Jahren ohne CHADS-Risikofaktor (d. h. ohne Hypertonie, Diabetes, Z. n. Schlaganfall/TIA). Personen mit einer vaskulären Erkrankung (z. B. KHK oder pAVK) erhielten Acetylsalicylsäure anstelle von Placebo.2
1.235 Patientinnen und Patienten wurden über einen Zeitraum von 8,5 Jahren in 53 Studienzentren in Kanada randomisiert und im Mittel über 3,7 Jahre nachverfolgt. Die Studie wurde auf Empfehlung des Data Safety Monitoring Boards abgebrochen wegen Zwecklosigkeit (futility). Die Patientinnen und Patienten waren im Schnitt 53 Jahre alt, 25 % waren Frauen. Es gab insgesamt 256 primäre Endpunkt-Ereignisse (234 Fälle einer kognitiven Verschlechterung, 13 Schlaganfälle und 9 TIAs).
Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Studienarmen, numerisch kam es im Rivaroxabanarm häufiger zu primären Endpunkt-Ereignissen als im Kontrollarm: Hazard Ratio 1,10 (95%-KI 0,86-1,40). Auch die einzelnen Komponenten des primären Endpunktes unterschieden sich nicht zwischen den Studienarmen.
Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern ohne CHADS-Risikofaktoren profitieren nicht von einer Antikoagulation mit Rivaroxaban (15 mg), um eine kognitive Verschlechterung, einen Schlaganfall oder eine transitorisch ischämische Attacke zu verhindern.
Diese Studie zeigt sehr deutlich, dass bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern und mit einem sehr niedrigen Risiko für Schlaganfälle (CHADS 0) durch eine Antikoagulation keine kardioembolische Ereignisse verhindert werden können und auch die Entwicklung einer Demenz nicht verhindert werden kann. Das deckt sich mit der aktuellen Empfehlung der Leitlinie, die von einer Antikoagulation bei diesen Patientinnen und Patienten abrät.
Léna Rivard et al. Blinded Randomized Trial of Anticoagulation to Prevent Ischemic Stroke and Neurocognitive Impairment in Atrial Fibrillation (BRAIN AF). AHA Scientific Sessions 2024, Late Breaking Clinical Trials, main session I.