Frau hält ein schwebendes Herz in ihren Händen ©Adobe Stock/natalimis

Nach der Herztransplantation: Mein neues Leben mit Spenderherz

Ein Spenderorgan rettete dem Polizisten Dirk Menhard das Leben. Seitdem ist er seinem anonymen Spender jeden Tag dankbar.

Von Dr. Christiane Teetz

 

 

 

Bildquelle (Bild oben): Adobe Stock/natalimis

Es gibt Momente, in denen Dirk Menhard das gleichmäßige Pochen in seiner Brust bewusster wahrnimmt als an anderen Tagen. Etwa wenn abends mal komplette Stille zu Hause einkehrt. Oder wenn sein Blick das Tattoo auf seinem Unterarm streift. 21. 10. 2021 steht da – das Datum, an dem ihm ein Spenderherz das Leben rettete.

Diagnose Herzinsuffizienz – Menhard brauchte ein neues Herz

Der Polizist litt damals an einer „terminalen Herzinsuffizienz“, also einer Herzschwäche im Endstadium. Sein Herz war nicht mehr in der Lage, die Organe des Körpers mit Blut zu versorgen. „Eine eigentlich banale Viruserkrankung hatte meinen Herzmuskel befallen und ihn massiv geschädigt“, erzählt Menhard. Schließlich stand fest: Nur ein künstliches Herz oder eine Transplantation könne ihn noch retten, sagten ihm die Ärzte. Der Baden-Württemberger entschied sich, auf ein Spenderherz zu warten. Weil er nach den gesetzlichen Kriterien mit seiner Grund-Fitness sehr gute Aussichten hatte, eine Transplantation zu überstehen, stand er weit oben auf der Warteliste.

Drei Monate verbrachte Menhard auf einer Spezialstation für Herzinsuffizienz. Er wusste, dass der entscheidende Anruf jede Minute kommen könnte – aber wie für einige auf der Station auch zu spät. Oder nie. Dann ging es eines Tages schnell: Das Herz eines jungen Mannes komme für ihn in Frage, sagte ihm der Kardiologe. Innerhalb von sechs Stunden musste der Eingriff vorbereitet und das Herz in die Klinik gebracht werden. „Elf Stunden hat die Operation gedauert“, so der Polizist. „Als ich dann aufgewacht bin, konnte ich nicht glauben, dass es wirklich geklappt hatte.“ Nach Komplikationen, die ihn noch einige Wochen im Krankenhaus hielten, stand jedoch tatsächlich fest: Sein Körper nahm das Organ an, das Transplantat schlug zuverlässig in seiner Brust.

Herztransplantation: Nicht jeder erhält ein Spenderorgan

Dirk Menhards Weg ist eine Erfolgsgeschichte, die alles andere als selbstverständlich ist. Denn in Deutschland erhält nur ein Teil der Menschen, die lebensbedrohlich herzkrank sind, ein lebensrettendes Spenderherz. Im vergangenen Jahr standen 664 Menschen auf der Warteliste für die entscheidende Transplantation, doch nur 350 bekamen das neue Organ auch.

Der Grund für das seit vielen Jahren bestehende Missverhältnis: Nur eine Minderheit der Menschen in Deutschland hat ihre Bereitschaft zur Organspende klar dokumentiert – entweder indem sie einen Organspendeausweis mit sich führen oder über die seit März 2024 bestehende Möglichkeit, die Entscheidung für oder gegen eine Organspende im OrganSpendeRegister zu hinterlegen. Liegt eine solche Zustimmung nicht vor, werden die Angehörigen der Verstorbenen befragt. Für die Familie ist das jedoch in der Trauersituation meist eine große seelische Belastung.

Dirk Meinhard hat sich noch im Krankenhaus vorgenommen, jeden Moment seines neuen Lebens zu genießen – hier zusammen mit seiner Lebenspartnerin Nadine Maier, Bildquelle: Privat Dirk Meinhard hat sich noch im Krankenhaus vorgenommen, jeden Moment seines neuen Lebens zu genießen – hier zusammen mit seiner Lebenspartnerin Nadine Maier, Bildquelle: Privat

Der Spender hat seinen Willen per Organspendeausweis dokumentiert

Dirk Menhard lebt nun seit bald vier Jahren mit seinem zweiten Herzen. Er muss zwar dauerhaft Medikamente einnehmen, vor allem Immunsupressiva, die verhindern, dass sein Körper das Herz abstößt. Diese Gefahr bleibt ein Leben lang bestehen. Und weil die Medikamente die Kraft seines Immunsystem drosseln, hat er zudem ein erhöhtes Risiko für andere Krankheiten. Aber auf all dies stellt er sich ein. „Ich muss mich zum Beispiel extrem gut mit Sonnenschutzmittel eincremen, weil mein Hautkrebsrisiko sehr hoch ist“, sagt er.

Ansonsten führt er ein weitgehend uneingeschränktes Leben: In der Polizeiarbeit findet er Erfüllung, und er genießt die Stunden, die er mit seiner Lebenspartnerin, Freunden und Familie verbringen darf. „Mein Blick aufs Leben hat sich seit den Wochen im Krankenhaus von Grund auf verändert“, so der 45-Jährige. „Die Dinge, die ich tun möchte, die verschiebe ich nicht lange, sondern setze sie nach Möglichkeit um.“ Zum Beispiel pflegt er seine große Leidenschaft für US-amerikanische Oldtimer-Autos. Er organisiert regelmäßig Veranstaltungen mit anderen Autonarren, ist vergangenes Jahr sogar zu einem weltweiten Treffen geflogen.

Und Dirk Menhard erzählt seine Geschichte so oft wie möglich, auch vor Publikum. „Ich möchte, dass alle davon erfahren“, sagt er. „Dass sich möglichst jeder mit dem Thema beschäftigt und seinen Organspende-Wilen auch bekundet.“ Weil die Spende in Deutschland strikt anonym abläuft, weiß er nur, dass sein Spender ein sehr junger Mann seiner Körpergröße war. „Ich lebe nur, weil er sich frühzeitig für die Organspende entschieden hat und das auch durch einen Organspendeausweis dokumentiert hat“, sagt der Polizist. „Dafür werde ich ihm für den Rest meines Lebens dankbar sein.“

Die wichtigsten Fragen zum Thema Organspende:

Wenn für ein Organ mehrere Empfänger in Frage kommen, muss die Vermittlung laut Transplantationsgesetz (TG) und nach den Richtlinien der Bundesärztekammer „nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit“ erfolgen.

Organspendeausweise gibt es unter anderem in Apotheken, Arztpraxen und online zu bestellen beim Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit. Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende kann zudem im elektronischen OrganSpendeRegister hinterlegt werden.

Man weiß aus Untersuchungen, dass viele Menschen zu einer Organspende bereit wären [1]. Doch nur eine Minderheit dokumentiert diese Zustimmung schriftlich, wodurch eine Spende im Fall des Todes nicht möglich ist. Die sogenannte Widerspruchslösung, die in vielen europäischen Ländern gilt, sieht dagegen vor, dass jede Person automatisch als Organspender oder -spenderin gilt – es sei denn, sie hat zu Lebzeiten ausdrücklich schriftlich widersprochen.

Diese Seite teilen