Seltene Komplikation nach Ablation kostete Patient fast das Leben

Ein 75-jähriger Mann kommt mit Luftnot und unspezifischen Bauchschmerzen in die Notaufnahme. Der erste Verdacht stellt sich als falsch heraus. Erst als sich der Zustand des Patienten rapide verschlechtert, finden die Ärzte die Ursache.

Von Veronika Schlimpert

 

14.06.2022

Auch wenn eine Katheterablation inzwischen ein sehr sicheres Verfahren ist, kann es in seltenen Fällen zu Komplikationen kommen. Australische Ärzte um Dr. Lucy Gracen berichten im JACC Case Report über einen solchen Vorfall, der für den Patienten fast tödlich endete.

Luftnot und unspezifische Bauchschmerzen

Ein 75-jähriger Mann kommt mit Dyspnoe und unspezifischen Bauchschmerzen in die Notaufnahme eines Krankenhauses in Brisbane. Der Patient leidet an COPD. Fünf Tage zuvor ist er wegen einer supraventrikulären Tachykardie abladiert worden. Wegen paroxysmalen Vorhofflimmerns nimmt der Mann ein NOAK ein, die Therapie führte er auch nach der Ablation fort. Bei der körperlichen Untersuchung stellen die Ärzte fest, dass der Mann an einer Tachypnoe und Tachykardie leidet. Der Patient ist hämodynamisch stabil.

 

Die Anamnese des Mannes bringt die Mediziner zu einem Anfangsverdacht: Die Beschwerden des Patienten könnten einer infektiösen Exazerbation der COPD geschuldet sein, vermuten sie. In einer CT-Angiografie der Lunge können eine Lungenembolie und ein Perikarderguss als mögliche Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden. Im Brustraum sind keine Infektionsherde erkennbar. Der Patient wird daraufhin mit Schmerzmittel und Antibiotika behandelt und über Nacht dabehalten. Am nächsten Tag haben seine Beschwerden nachgelassen und er wird entlassen.

Zustand verschlechtert sich rapide

In den darauffolgenden 12 Stunden geht es dem 75-Jährigen allerdings zunehmend schlechter, weshalb er erneut das Krankenhaus aufsucht. Er befindet sich inzwischen in einem hämodynamisch instabilen Zustand: Sein systolischer Blutdruck liegt gerade mal bei 60 mmHg. Sein Hämoglobin-Wert ist von 11,3 g/dl auf 7,8 g/dl abgefallen.

 

Die Ärzte führen eine erneute CT-Diagnostik durch und entdecken darin ein ausgeprägtes subkapsuläres Leberhämatom. Sie leiten sofort lebensrettende Maßnahmen ein wie die Gabe von Kristalloiden und eine Erythrozytentransfusion. Um der Gerinnungshemmung entgegenzuwirken, wird der Patient zudem mit Tranexamsäure, Prothrombinkomplex-Konzentrat, gefrorenen Frischplasma und Faktor VII behandelt. Trotz dieser Maßnahmen ist der hämodynamische Zustand des Mannes weiterhin kritisch. Deshalb entscheiden sich die Ärzte für eine notfallmäßige Laparotomie. Im Bauchraum wird eine große intraperitoneale Blutung sichtbar, ausgehend von einer Ruptur der Leberkapsel, und ein aktiver Blutungspunkt subkapsulär in Segment III.

Große Blutung in der Leber

Der Patient erleidet noch auf den OP-Tisch einen Herzstillstand. Durch Reanimationsmaßnahmen können die Ärzte den Mann retten. Seine Leber wird komprimiert (sog. Packing), um die Blutung zu stoppen. Der Mann wird daraufhin auf Intensivstation verlegt. Mehrere kleinere Blutungspunkte werden in der Folge chirurgisch behandelt. Nach einer fünftägigen Rehabilitationsphase kann der Mann entlassen werden. Während der kommenden neun Monaten erleidet er keine weiteren hepatischen Komplikationen.

Ungewöhnliche Komplikation der Katheterablation

Doch was war die Ursache für die lebensbedrohliche Blutung? Die Ärzte schauen sich die initiale CT-Aufnahme des Patienten nochmal an und entdecken ein kleines subkapsuläres Hämatom in der Leber, das bei der ersten Begutachtung offensichtlich übersehen wurde. Solche Hämatome entstehen für gewöhnlich durch ein stumpfes Trauma, und entwickeln sich nur selten spontan, erläutern Gracen und ihre Kollegen. Die Ärzte vermuten deshalb, dass die Verletzung im Zuge der Radiofrequenzablation entstanden ist. „Wir postulieren, dass die Leberverletzung durch eine versehentliche Katheterisierung der rechten Lebervene während der kardialen Ablation verursacht wurde“, schreiben sie in der Publikation. Wenn – wie in diesem Falle – keine Fluoroskopie zum Einsatz komme, könne eine solche unbeabsichtigte Katheterisierung übersehen werden. Wie die Mediziner ausführen, hat sich die initial subklinische Blutung aufgrund der Einnahme einer Antikoagulation zu einem lebensbedrohlichen Hämatom entwickelt. Einen tödlichen Ausgang habe man nur knapp mithilfe von Wiederbelebungsmaßnahmen, chirurgischer Interventionen und einer Beendigung der Antikoagulation verhindern können.

 

Prinzipiell sind Blutungskomplikationen als Folge einer Katheterablation nichts Ungewöhnliches. Das Besondere an dieser Kasuistik ist aber die Lokalisation der Blutung. So ist nach Angaben der Autoren ihres Wissens nach bisher noch kein Fall von einem subkapsulären Leberhämatom in Folge einer endovenös vorgenommenen kardialen Ablation beschrieben worden. Wenngleich direkte Leberverletzungen nach epikardialen Ablationen bereits vorgekommen seien, fügen sie hinzu.

Fazit für die Praxis:

  • Als Komplikation einer Katheterablation kann sich in seltenen Fällen ein subkapsuläres Leberhämatom entwickeln, welches lebensbedrohlich werden kann, insbesondere unter einer Antikoagulation.
  • Anzeichen und Beschwerden eines subkapsulären Leberhämatoms sind unspezifisch, was die Diagnose schwierig macht. In diesem Falle ließen die pulmonalen Beschwerden zunächst nicht an eine hepatische Ursache denken. Den Autoren zufolge sollte bei Fehlen von radiologischen Auffälligkeiten in der Lunge aber an andere potenzielle Ursachen als Differenzialdiagnose gedacht werden. 
  • Bei Verdacht auf ein Leberhämatom sind ein CT oder Ultraschall der Leber wesentliche Bestandteile der Diagnostik. Obwohl es nicht die ideale Bildgebungsmodalität sei, könne ein CT ohne Kontrastmittel ein akutes Hämatom innerhalb von 24 bis 72 Stunden nach Blutungsbeginn sichtbar machen, erläutern die Autoren.

Literatur

Gracen L et al. Near-Fatal Hepatic Complication After Cardiac Catheter Ablation.J Am Coll Cardiol Case Rep 2022;4:645–48; https://doi.org/10.1016/j.jaccas.2022.03.011

Diese Seite teilen