Erinnerungssystem fördert Verordnung hochintensiver Statintherapien

Automatische leitlinienbasierte Nachrichten, die Ärzte und Ärztinnen an das Verschreiben von Statinen erinnern und individualisierte Hintergrundinformationen zu einzelnen Erkrankten mitliefern, erhöhten in einer Studie die Anzahl der verordneten hochintensiven Statintherapien.

Von Joana Schmidt

 

07.03.2023

Obwohl die Leitlinien eine hochintensive Statintherapie für die meisten Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen empfehlen, haben Studien gezeigt, dass die Compliance gering ist. Erhalten Ärzte und Ärztinnen der Betroffenen automatische Erinnerungen mit Informationen zu Krankheitsgeschichte, früherer Statineinnahme und damit assoziierten Nebenwirkungen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine hochintensive Statintherapie verschreiben, signifikant erhöht. Das zeigt eine beim diesjährigen ACC-Kongress vorgestellte, randomisierte Studie.

 

Forschende um Prof. Salim Virani, Kardiologe am Michael E. DeBakey VA Medical Center in Houston, entwickelten das Erinnerungssystem mithilfe von leitlinienbasierten Algorithmen. Sie befragten ärztliches Personal und Erkrankte, um zu verstehen, wie sich personalisierte Erinnerungen am hilfreichsten einsetzen lassen. Um das System zu testen, etablierten sie es in 14 Kliniken, während 13 weitere Kliniken die Standardbehandlung fortsetzten. Es waren pro Arm 117 bzw. 128 Ärztinnen und Ärzte mit jeweils rund 18.000 Patientinnen und Patienten involviert.

 

Alle Behandelnden erhielten zu Studienbeginn eine Schulung über eine leitliniengerechte Statintherapie und hatten über den gesamten Studienzeitraum Zugang zu detaillierten Informationen zum Statineinsatz bei ihren kardiovaskulär erkrankten Patienten und Patientinnen. Etwa 27% der Erinnerungen wurden innerhalb von zwei bis sieben Tagen vor Arztterminen verschickt, die übrigen zu anderen Zeitpunkten im Studienzeitraum. Das sollte vermeiden, bei mehr als drei ungelesenen Nachrichten weitere zu erhalten.

Zunahme der hochintensiven Statintherapien um bis zu 10%

Im Interventionsarm wurden insgesamt 4.928 Erinnerungen bezogen auf 4.532 Erkrankte versendet. Doppelt so viele wären für Nachrichten infrage gekommen, aber der Algorithmus wählte nicht alle aus, um einer Alarmmüdigkeit der Ärztinnen und Ärzte durch zu viele Erinnerungen vorzubeugen. Der Anteil der Personen, denen eine hochintensive Statintherapie verschrieben wurde, stieg in allen Kliniken im Interventionsarm verglichen mit der Kontrollgruppe um 3,8%. In der Subgruppe der für die Erinnerungen ausgewählten Patientinnen und Patienten stieg er sogar um 10,1%, den Studienautoren zufolge „eine sehr bedeutsame Steigerung, angesichts der Herausforderungen, die mit diesem Problem einhergehen“.

 

Den Erkrankten, deren Erinnerungen kurz vor ihrem Arzttermin verschickt wurden, sowie denjenigen, die zuvor keine statinassoziierten Nebenwirkungen gehabt hatten, wurden etwas häufiger hochintensive Statintherapien verschrieben. Aber selbst bei Personen mit statinbedingten Nebenwirkungen wurde in der Subgruppe der für Erinnerungen ausgewählten Patienten und Patientinnen ein Anstieg um 9% bei den hochintensiven Statintherapien beobachtet. „Das ist wichtig, da diese Erkrankten aufgrund ihrer Vorgeschichte von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Statinen am schwierigsten zu behandeln sind“, so Virani.

Erhöhte Adhärenz in der Interventionsgruppe

Eine Auswertung der Daten zu Statin-Nachbestellungen ergab zudem eine um 2,8% höhere Adhärenz in der Interventionsgruppe. Der Anteil der Personen, denen irgendeine, also nicht nur eine hochintensive Statintherapie, verschrieben worden war, sank in beiden Gruppen leicht, in der Interventionsgruppe jedoch weniger.

 

Etwa 30% der Ärztinnen und Ärzte brachen den Versuch mit den Erinnerungen ab. Das betone die anhaltende Herausforderung, ein Erinnerungssystem zu etablieren, dass die Behandelnden unterstütze, aber nicht überfordere, gab Virani zu bedenken. Auch mehrere COVID-19-Wellen im Studienzeitraum könnten zu den Abbrüchen beigetragen haben. Zudem gab es keine Möglichkeit, mit einem direkten Klick in den Erinnerungsnachrichten eine Verschreibung einzuleiten, was möglicherweise mehr Teilnehmende überzeugt hätte.


Literatur

Virani S: A Randomized Trial of a Personalized Clinical Decision Support Intervention to Improve Statin Prescribing in Patients with Atherosclerotic Cardiovascular Disease (PCDS Statin), Late-Breaking Clinical Trials III. ACC-Kongress 2023, 4. – 6. März 2023, New Orleans.

 

Virani S et al. Cluster Randomized Trial of a Personalized Clinical Decision Support Intervention to Improve Statin Prescribing in Patients With Atherosclerotic Cardiovascular Disease (PCDS Statin). Circulation 2023. https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.123.064226

 

ACC-Pressemitteilung: Targeted Reminders Increase Prescriptions for High-Intensity Statins. 05.03.2023

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