Was schützt besser nach PCI im Langzeitverlauf: Clopidogrel oder ASS?

 

Die 5-Jahres-Follow-up-Daten der japanischen STOPDAPT-2-Studie wurden vor Kurzem veröffentlicht. In die Verlängerungsstudie wurden 3.005 japanische Patient:innen aus STOPDAPT-2 eingeschlossen. Als primärer Endpunkt wurde der Komposit aus kardiovaskulären Ereignissen und Blutungen erfasst. PD Dr. Luise Gaede ordnet die Studienergebnisse ein und teilt neue Erkenntnisse aus weiteren Langzeitstudien, die ASS-Monotherapien im Vergleich zu P2Y12-Monotherapien nach PCI untersuchten.

Von:

Dr. Heidi Schörken 

HERZMEDIZIN-Redaktion

PD Dr. Luise Gaede

Herausgeberin der Rubrik Vaskuläre Herzerkrankungen

 

27.02.2024

 

Bildquelle (Bild oben): SciePro / Shutterstock.com

Hintergrund 

 

Immer noch ist unklar, ob Clopidogrel oder ASS im Anschluss an die DAPT (duale antithrombozytäre Therapie) nach PCI (perkutane Koronarintervention) die bessere Wahl ist im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse und Blutungen. Auch über die Dauer der DAPT wird nach wie vor diskutiert: Meta-Analysen weisen daraufhin, dass eine kürzere DAPT (≤ 6 Monate) gegenüber einer längeren DAPT (≥ 12 Monate) mit einem geringeren Blutungsrisiko verbunden ist, ohne dass sich das Ischämierisiko signifikant erhöht. Allerdings empfiehlt die aktuelle ESC-Leitlinie von 2023 weiterhin nach der PCI eine DAPT-Standardtherapie über 12 Monate nach einem akutem Koronarsyndrom (ACS) bzw. von 6 Monaten nach einer PCI stabiler koronarer Herzkrankheit ohne hohes Blutungsrisiko.1

STOPDAPT-2-Studie: 1 Monat DAPT + 11 Monate Clopidogrel versus 12 Monate DAPT

 

Die japanische STOPDAPT-Studie (Short and Optimal Duration of Dual Antiplatelet Therapy After Everolimus-Eluting Cobalt-Chromium Stent) hatte gezeigt, dass die Inzidenz unerwünschter Ereignisse einer 3-monatigen DAPT gefolgt von einer Aspirin-Monotherapie nach Stent-Implantation akzeptabel war.2 Daher wurde untersucht, ob eine weitere Verkürzung der DAPT-Dauer möglich ist. In der randomisierten STOPDAPT-2-Studie erhielten 3.045 Patient:innen aus Japan entweder eine 1-monatige DAPT und anschließend Clopidogrel, oder die DAPT-Standardtherapie über 12 Monate.3

Überlegenheit der verkürzten DAPT+Clopidogrel

 

Die Inzidenz des kombinierten Endpunktes aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Stentthrombose und schwere Blutungenergab nach einem Follow-Up von einem Jahr eine Überlegenheit der auf 1 Monat verkürzten DAPT: 2,4 % versus 3,7 % (p = 0,04).3 Weitere Subgruppen-Analysen zeigten, dass die Vorteile der einmonatigen DAPT auch für die Subgruppen von Patient:innen mit Diabetes oder mit erhöhtem Blutungsrisiko oder komplexer PCI bestehen blieben.4,5

5-Jahres-Follow-up der STOPDAPT-2-Studie: Langzeittherapie mit Clopidogrel versus ASS

 

Vor kurzem wurde nun die 5-Jahresdaten der STOPDAPT-2-Studie veröffentlicht.6 In die Verlängerungsstudie wurden 3.005 Patient:innen aus STOPDAPT-2 eingeschlossen (Alter: 68,6 ± 10,7 Jahre; Frauen: 22,3 %; akutes Koronarsyndrom: 38,3 %). Als Langzeittherapie erhielten die Patient:innen entweder weiterhin Clopidogrel oder wurden nach der 12-monatigen DAPT auf ASS umgestellt. 98 % der Patient:innen schlossen die 5-Jahres-Nachbeobachtung ab. Als primärer Endpunkt wurde der Komposit aus kardiovaskulären Ereignissen (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Stentthrombose) und Blutungen erfasst.

Nicht-Unterlegenheit, aber keine Überlegenheit für Clopidogrel in der Landmark-Analyse

 

Die Clopidogrel-Gruppe war der Aspirin-Gruppe im Hinblick auf den primären Endpunkt nicht unterlegen, aber auch nicht überlegen (11,75 % vs. 13,57 %; pnoninferiority < 0,001; psuperiority = 0,13). Eine Überlegenheit der Clopidogrel-Gruppe wurde für die kardiovaskulären Ergebnissen festgestellt (8,61 % vs. 11,05 %; p = 0,03), wohingegen es keine Unterschiede bei den Blutungen gab (4,44 % bzw. 4,92 %; p = 0,51). 

 

Die 1-Jahres-Landmark-Analyse für Clopidogrel versus ASS ergab zwar eine Nicht-Unterlegenheit, aber keine Überlegenheit des primären Endpunktes (9,57 % vs. 10,05 %; pnoninferiority < 0,001, psuperiority = 0,66). Es wurden keine Unterschiede für die kardiovaskulären Ereignisse (6,79 % vs. 8,68 %; p = 0,06) und für die Blutungen (3,99 % vs. 3,32 %; p = 0,31) festgestellt.

Fazit

 

In der STOP-DAPT2 Studie zeigte sich Clopidogrel als eine attraktive Alternative zu Aspirin mit einem tendenziellen ischämischen Nutzen über 1 Jahr nach der PCI. Allerdings konnte in der Landmark-Analyse keine Überlegenheit von Clopidogrel nachgewiesen werden ebenso wie keine Unterschiede jeweils für kardiovaskuläre Ereignisse und Blutungen. Da die Landmark-Analyse nur Daten über ein Jahr hinaus nach der PCI einbezog, handelte es sich hierbei um den eigentlichen Vergleich der Langzeitmonotherapien Clopidogrel versus ASS. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass es sich um ein japanisches Patientenkollektiv handelte, und die Daten daher nur bedingt generalisierbar sind.

Kommentar von PD Dr. Luise Gaede

 

Neben der STOP-DAPT-2-Studie wurden vor kurzem auch die Daten der HOST-EXAM-Extended-Studie aus Süd-Korea veröffentlicht.7 Auch diese Studie verglich über einen Follow-Up-Zeitraum von 5 Jahren die ASS-Monotherapie mit einer Monotherapie mit Clopidogrel. Hier zeigten sich bei über 4.500 eingeschlossenen Patient:innen eine Überlegenheit von Clopidogrel hinsichtlich der ischämischen Ereignisse, aber auch hinsicthlich der Blutungskomplikationen. Ebenfalls positiv für die P2Y12-Monotherapie fiel eine Metaanalyse aus, die 7 Studien mit insgesamt 24.325 Patient:innen einschloss. Hier konnte eine P2Y12-Monotherapie (Clopidogrel oder Ticagrelor) ischämische Ereignisse reduzieren, ohne hierbei die Blutungskomplikationen zu erhöhen. Im Gegensatz zu den anderen Studien flossen hier auch Studien ein, die nicht nur im asiatischen Raum durchgeführt wurden.8

 

Die aktuelle Studienlage weist daher klar daraufhin, dass eine P2Y12-Monotherapie im Vergleich zu einer ASS-Monotherapie keine Nachteile, sondern eher Vorteile mit sich bringt. Die validesten Daten liegen hierbei für eine Clopidogrel-Monotherapie vor. Insbesondere ischämische Ereignisse können hier verhindert werden.


Referenzen

 

1. Byrne RA et al. ESC Scientific Document Group. 2023 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes. Eur Heart J Acute Cardiovasc Care. 2024;13(1):55-161. 

2. Natsuaki M et al. One-year outcome of a prospective trial stopping dual antiplatelet therapy at 3 months after everolimus-eluting cobalt-chromium stent implantation: ShortT and OPtimal duration of Dual AntiPlatelet Therapy after everolimus-eluting cobalt-chromium stent (STOPDAPT) trial. Cardiovasc Interv Ther. 2016;31(3):196-209.

3. Watanabe H et al. Effect of 1-Month Dual Antiplatelet Therapy Followed by Clopidogrel vs 12-Month Dual Antiplatelet Therapy on Cardiovascular and Bleeding Events in Patients Receiving PCI: The STOPDAPT-2 Randomized Clinical Trial. JAMA. 2019;321(24):2414-2427. 

4. Yamamoto K et al. Clopidogrel Monotherapy After 1-Month Dual Antiplatelet Therapy in Patients With Diabetes Undergoing Percutaneous Coronary Intervention. JACC Cardiovasc Interv. 2023;16(1):19-31. 

5. Yamamoto K et al. Clopidogrel Monotherapy After 1-Month DAPT in Patients With High Bleeding Risk or Complex PCI. JACC Asia. 2023;3(1):31-46.

6. Watanabe H et al. STOPDAPT-2 Investigators. Clopidogrel vs Aspirin Monotherapy Beyond 1 Year After Percutaneous Coronary Intervention. J Am Coll Cardiol. 2024;83(1):17-31.

7. Kang J et al. Aspirin Versus Clopidogrel for Long-Term Maintenance Monotherapy After Percutaneous Coronary Intervention: The HOST-EXAM Extended Study. Circulation. 2023 Jan 10;147(2):108-117.

8. Gragnano F et al. P2Y12 Inhibitor or Aspirin Monotherapy for Secondary Prevention of Coronary Events. J Am Coll Cardiol. 2023;82(2):89-105.

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