Obwohl Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) an komplexen chronischen Herzkrankheiten leiden, die lebenslang regelmäßig überwacht werden sollten, nehmen laut Studien nur rund die Hälfte der Betroffenen an den kardiologischen Kontrolluntersuchungen teil. Über die Ursachen der geringen Adhärenz von EMAH ist nur wenig bekannt. Es wird vermutet, dass psychologische Faktoren wie Krankheitswahrnehmung oder Krankheitsidentität eine Rolle spielen könnten.
In dieser Studie wurden Daten von EMAH einer Online-Befragung aus dem Jahr 2024 analysiert, um psychologische und soziodemographische Prädiktoren der Adhärenz zu identifizieren.1,2
1.136 Personen (mittleres Alter 36,7 Jahre, 60 % Frauen) aus dem Nationalen Register für angeborene Herzfehler (NRAHF) gingen in die Querschnittsanalyse ein, von denen vollständig ausgefüllte Online-Fragebögen vorlagen. Der Schweregrad der angeborenen Herzkrankheit war laut den entsprechenden Register-Daten jeweils leicht (12,5 %), moderat (54,4 %) oder komplex (33,1 %) ausgeprägt.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen wurde von den Befragten durchschnittlich als sehr wichtig eingestuft (Mittelwert 5,3 auf einer Skala von 1 bis 6). Als einziger signifikanter soziodemographischer Prädiktor für diese Einschätzung wurde das Alter identifiziert. Weiterhin wurden signifikante Korrelationen zu einigen krankheitsbedingten Faktoren festgestellt, wie subjektive Beeinträchtigung, Nutzen der Behandlung und Sorgen über die Krankheit. Es gab jedoch keinen signifikanten Zusammenhang mit psychischen Faktoren, wie Depressionen, oder mit Emotionsregulationsstrategien.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten (94 %) nahm an regelmäßigen kardiologischen Kontrolluntersuchungen teil: 10 % alle 2 Jahre, 50 % einmal pro Jahr, 30 % mehrmals pro Jahr. Es wurde ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Herzkrankheit und der Häufigkeit der Kontrolluntersuchungen festgestellt. Von den soziodemographischen Faktoren wurde nur das Nettoeinkommen (<3000 € monatlich) als signifikanter Prädiktor identifiziert. Signifikante Korrelationen wurden weiterhin mit krankheitsbedingten Faktoren (subjektive Beeinträchtigung, Nutzen der Behandlung und Sorgen über die Krankheit) sowie mit Depressionen festgestellt. Geschlecht und Emotionsregulationsstrategien hatten dagegen keinen signifikanten Einfluss auf die Adhärenz.
In dieser Online-Umfrage wurden Kontrolluntersuchungen als sehr wichtig eingeschätzt, insbesondere mit zunehmendem Alter. Außerdem nahmen fast alle Befragten regelmäßig an kardiologischen Kontrolluntersuchungen teil – umso häufiger, je höher der Schweregrad der Herzkrankheit war. Als soziodemographischer Faktor korrelierte ein niedriges Netto-Einkommen mit einer höheren Adhärenz, was vermutlich an der hohen Teilzeit-Quote von EMAH mit schwer ausgeprägter Herzkrankheit lag. Weiterhin waren krankheitsbedingte Sorgen mit einer höheren Adhärenz verbunden, während sich Despressionen eher negativ auf die Adhärenz auswirkten.
Als wichtigste Limitation dieser Studie ist ein Selektionsbias zu erwähnen, da vor allem EMAH mit einer hohen Adhärenz an der Umfrage teilnahmen. Außerdem beruhten die Adhärenz-Angaben auf einer subjektiven Selbsteinschätzung.
Laut den Autorinnen und Autoren weisen die vorliegenden Ergebnisse dennoch daraufhin, dass die Adhärenz von EMAH erhöht werden kann, wenn die Betroffenen ausführlich und verständlich über den Nutzen der Kontrolluntersuchungen informiert werden. Weiterhin könnten psychotherapeutische Interventionen hilfreich sein, um depressive Symptome zu vermindern, die sich ungünstig auf die Adhärenz auswirken könnten.
Die Studie von Ehmann et al. bietet eine fundierte Analyse der Adhärenz zu kardiologischen Kontrolluntersuchungen bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH), basierend auf einer Online-Umfrage von Patientinnen und Patienten im Nationalen Register für angeborene Herzfehler.
Die Ergebnisse liefern wertvolle Erkenntnisse über soziodemographische und krankheitsbedingte Prädiktoren der Adhärenz. Besonders interessant ist der Zusammenhang zwischen niedrigem Einkommen und höherer Adhärenz, eine Hypothese die noch weiter untersucht werden sollte. Zudem ist die Rolle psychologischer Faktoren differenziert dargestellt, was die Diskussion über gezielte Interventionen, z. B. durch psychotherapeutische Maßnahmen, bereichert.
In der Kardiologie bedarf insbesondere das Patientenkollektiv der EMAH einer umfangreichen Betreuung, wozu die Erkenntnisse der Studie im Hinblick auf mögliche Maßnahmen zur Erhöhung der Adhärenz einen wichtigen Beitrag liefern.