1Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Medizinische Klinik I - Kardiologie und Angiologie Gießen, Deutschland
Hintergrund: Die typische AV Knoten Re-Entry Tachykardie (AVNRT) ist eine benigne Form der paroxysmalen supraventrikulären Tachykardien, die bei Patienten ohne strukturelle Herzerkrankungen auftritt. Im Kindesalter könnten seltene Formen der supraventrikulären Tachykardien, wie z.B. die Permanent Reciprocating Junctional Tachycardia (PJRT), zur akuten Herzinsuffizienz führen. Meistens tritt AVNRT paroxysmal auf und im Unterschied zur Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern, verursacht sie keine Tachymyopathie (TCM). Hier berichten wir über einen seltenen Fall von einer sekundären, AVNRT-induzierten, TCM, mit Symptomen einer akuten Herzinsuffizienz, die erfolgreich durch eine Ablation behandelt wurde.
Fallpräsentation: Ein 64-jähriger Mann wurde notfallmäßig mit Symptomen einer neu diagnostizierten akuten Herzinsuffizienz in unserer Klinik eingeliefert. Leitsymptom war progrediente Dyspnoe bis zur Orthopnoe, eingeschränkte Belastbarkeit und Beinödeme. Palpitationen bzw. länger bestehendes Herzrasen wurden vom Patienten verneint. Im EKG zeigte sich eine anhaltende SVT mit regelmäßigen R-R Intervallen, einer Herzfrequenz von 148/Min, ohne Nachweis von P-Wellen (Figure 1A). Im Thorax-Röntgen zeigte sich eine Lungenstauung sowie ein rechtsseitiger Pleuraerguss (Figure 1B). In der Echokardiographie präsentierte sich eine hochgradig, global eingeschränkte Pumpfunktion mit eine LV-EF von 10% (Figure 1C). Laborchemisch konnten sowohl ein relevanter Anstieg der kardialen Enzyme als auch ein akutes Nieren- und Leberversagen nachgewiesen werden. Der BNP-Wert lag bei 1600 ng/L. Bei Verdacht auf TCM erfolgte eine primär erfolgreiche elektrische Kardioversion. Bei persistierender Symptomatik der akuten kardialen Dekompensation wurde der Patient unter anderem auch mit Levosimendan behandelt, dennoch rezidivierte die Tachykardie. Zur weiteren Abklärung der TCM, erfolgte eine Koronarangiographie, dabei stellte sich eine nicht-interventionsbedürftige 1-Gefäß-koronare Herzkrankheit (FFR 0,92) dar. Bei hochgradigem Verdacht einer VHF-induzierten Tachymyopathie wurde die Indikation einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) in Ablationsbereitschaft gestellt. Die EPU zeigte eine stabile SVT mit konzentrischer Vorhofaktivierung und kurzer VA-Zeit. Die Stimulationsmanöver konnten eine typische AVNRT nachweisen, welche durch eine komplikationsloser Ablation der langsamen Leitungsbahn erfolgreich behandelt wurde (Figure 1D). Die Entlassung erfolgte nach Komplettierung der Rekompensation mit einer gebesserten LVEF von 30% unter Herzinsuffizienz-Therapie.
Diskussion: In diesem Kasus handelt es sich um einen sehr seltenen Fall einer AVNRT-induzierten-Tachymyopathie, bei einem bisher gesunden Patienten. Mutmaßlich war die AVNRT bereits zuvor anhaltend präsent und der Patient ist darunter asymptomatisch geblieben, bis zur Entwicklung der Tachymyopathie und infolgedessen des kardiogenen Schocks. Der hier dargestellte Fall, zeigt eindrücklich die potentielle, lebensgefährliche Komplikation einer asymptomatischen oder nicht-diagnostizierten AVNRT. Die Ablation der langsamen Leitungsbahn bleibt nach wie vor der Grundstein der Therapie. Befunde der Tachymyopathie sind nach Behandlung der Arrhythmie meistens reversibel.