Interview: Die Highlights der DGK Herztage

 

Mit fünf Kongressen unter einem Dach bilden die DGK Herztage traditionell ein breites Spektrum der Kardiologie ab. Die Tagungspräsidenten und Organisatoren Prof. Philipp Sommer (Deutsche Rhythmus Tage), Prof. Alexander Ghanem (AGIK Live), Dr. Benny Levenson (Kardiologie Aktuell), Prof. Harald Langer und Dr. Malte Tiburcy (Basic Science Meeting), sowie Prof. Albrecht Elsässer (Akademie Kurse), stellen die Hot Topics vor und verraten ihre persönlichen Programmhighlights.

 

Eine gekürzte Version dieses Interviews erschien in der Cardio News, Juli/August 2025. DGK-Mitglieder erhalten die Cardio News kostenlos. Hier Mitglied werden!

Von:

Melissa Wilke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

17.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Sina Ettmer Photography / Shutterstock.com

HERZMEDIZIN: Welche besonders relevanten Studien aus Ihrem Schwerpunktbereich werden bei den Herztagen vorgestellt?

 

Sommer: Wir werden nicht nur bislang unpublizierte Studien sehen, sondern neben der Besprechung bereits veröffentlichter Projekte, beispielsweise die „typischen“ Landmarkstudien wie Single Shot Champion, ADVENT, TAILORED AF, auch schwerpunktmäßig in der Rekrutierung befindliche Projekte beleuchten. Hier sind vor allem die „deutschen“ Studien CABA HFpEF (DZHK) und PROFID EHRA aus der Charité Berlin sowie internationale Projekte wie REACT zu nennen.

 

Ghanem: EARLY-TAVR und MATTERHORN. Weil sie beide die evidenzbasierten Indikationsbereiche der bereits etablierten Verfahren TAVI und M-TEER erweitern, und damit den Stellenwert katheterbasierter Verfahren für die alltägliche Patientenversorgung weiter festigen.

 

Levenson: Da die neue Leitlinie zur Klappentherapie bereits im AGIK-Programm ausführlich dargestellt wird, fokussieren wir uns auf die Leitlinie Perikarditis/Myokarditis sowie die Leitlinie Herzerkrankungen und Schwangerschaft. Daneben erscheint insbesondere die "Herzcheck"-Studie mit mobilem MRT zur verbesserten Detektion von subklinischer Herzinsuffizienz in strukturschwachen Regionen relevant, um Erkrankungen frühzeitiger erkennen zu können und schwere Krankheitsverläufe sowie hohe Folgekosten zu verhindern. Und Digit-HF hat die Renaissance des Digitoxins eingeläutet.

 

Langer: Vor dem Hintergrund, dass neue Ablationsansätze, wie PFA, in die Klinik eingeführt wurden und Verbreitung finden, sind Studien interessant, die sich den zellulären Effekten einer Ablation widmen. Ebenso werden zunehmend holistische Ansätze im Sinne einer kardiovaskulären Systembiologie betont, worunter beispielsweise Schnittstellen der kardiovaskulären Medizin mit immunologischen Prinzipien fallen. Nach der Publikation großer Studien zur Inhibition der Inflammation, zum Beispiel durch Canakinumab, sind Studien zu neuen Ansätzen wie der Hemmung von IL-6 auf dem Weg. Ein großes Thema auch in der gesellschaftlichen Diskussion ist „Aging“ geworden, die AG 4 Vaskuläre Biologie widmet sich dem Thema des Alterns der Endothelzelle in ihrer AG-Sitzung.  

Workshops, Akademie-Kurse, Plaza-Sitzungen und Stipendien

 

HERZMEDIZIN: Was sind Ihre persönlichen Highlights bei den Herztagen?

 

Levenson: Das Highlight ist das eigentliche Motto der Herztage: „Gemeinsam − together in Forschung, Lehre, Diagnostik und Therapie“. Dieses Motto zieht sich durch den gesamten Kongress, ob es die Zusammenarbeit von DGK und ACC im 75. Jubiläumsjahr ist oder Teamwork zwischen verschiedenen Fachbereichen, Karrierestufen und innerhalb kardiovaskulärer Teams.

 

Tiburcy: Meine Highlights sind die erstmalige Verleihung des Medical-Scientist-Programms der KEK im Rahmen des Basic Science Meetings und die Plaza-Sitzung über die Möglichkeit für den Nachwuchs, Grundlagenforschung und Klinik zu verbinden.

 

Ghanem: Die Workshops der AGIK am Freitag rund um die Simulation katheterbasierter Interventionen, welche in Echtzeit mittels TEE und ICE begleitet werden, sind meine persönlichen Highlights des Kongresses.

 

Sommer: Ich freue mich auf eine Sitzung, in der Referierenden die Aufgabe gegeben wurde, mit „Mythen im Katheterlabor“ aufzuräumen. Gibt es für diese Gepflogenheiten einen medizinisch belegbaren Hintergrund oder machen wir das so, weil wir es schon immer gemacht haben?

 

HERZMEDIZIN: Prof. Elsässer, welche Akademie-Kurse im Rahmen der Herztage empfehlen Sie in diesem Jahr besonders und welche sind vor allem für junge Teilnehmende interessant?

 

Elsässer: Alle, weil sie alle absolut top sind. Das Ziel sollte sein, alle zu besuchen, denn mehr Input geht nicht! Unser interaktives Kurs-Konzept garantiert die individuelle Anpassung an jeden Kenntnis- und Ausbildungsstand. Dadurch profitieren alle Teilnehmenden, auch insbesondere die jungen Kardiologinnen und Kardiologen. 

Gesundheitspolitik, ESC Updates, Digitalisierung und Grundlagenforschung

 

HERZMEDIZIN: Welches Thema hat die Kardiologie in diesem Jahr am meisten geprägt? Welche Sitzungen empfehlen Sie dazu?

 

Sommer: Vermutlich hat kaum ein anderes Thema wie die politisch induzierten Veränderungen in der Vergütung und die bevorstehende Einführung der Hybrid-DRGs derart massiv die Entscheidungen unseres Versorgungalltags beeinflusst und wird möglicherweise noch größere Umwälzungen in den Krankenhäusern mit sich bringen. Wir adressieren diese berufspolitischen Aspekte in einigen Sitzungen – so ist der „Same-Day Discharge“ das rhythmologische Hauptthema in der „Great Debate“. Aber auch die Seite der Politik soll in der gemeinsamen Sitzung mit Kardiologie Aktuell, „Panta rhei – Gesundheitsversorgung im Wandel“, zu Wort kommen.

 

Ghanem: In diesem Jahr sind die „Klappenerkrankungen“ das Hot Topic, zumal beim ESC in Madrid die neuen Leitlinien vorgestellt werden. In diesen werden auch die zahlreichen Studien rund um die katheterbasierte Therapie der Aorten-, Mitral- und Trikuspidalklappe abgebildet sein. Meine Empfehlung hierzu gilt der AGIK-Plenum-Sitzung: „Update ESC Leitlinie 2025 – Klappenerkrankungen aus verschiedenen Perspektiven“, in der wir die diagnostischen Pfade und Behandlungsoptionen aus vier Blickwinkeln beleuchten: Ambulante Kardiologie, Kardiale Bildgebung, Interventionelle Kardiologie und Herzchirurgie.

 

Levenson: Ein Thema, das sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Fachkreisen mit hohen Erwartungen, aber auch mit Ängsten besetzt ist, ist die Künstliche Intelligenz. In nahezu allen Diskussionen reden Diskutanten über die KI und meinen häufig nicht dasselbe. Wir haben dieses Thema in die Sitzung "KI und Digitalisierung – friend or foe?" aufgenommen.

 

Tiburcy: In den Grundlagenwissenschaften dominierte das Thema „Kardiometabolismus“, insbesondere in der Pathogenese der HFpEF. Dazu gibt es die neuesten Erkenntnisse in zwei AG-Sitzungen, „The Interconnectedness of Cardiometabolic Health and Cardiovascular Diseases in Clinical and Preclinical Settings“ (AG 13), und „Molecular causes of diastolic dysfunction in HFpEF and HCM“ (AG 8). Außerdem kann ich die Sitzung der AG 18 zu zellulären Mechanismen der Ablationstherapie beim Vorhofflimmern sehr empfehlen. 


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