Triglyzerid-reiche Lipoproteine erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten und Pankreatitis. Die aktuell zur Verfügung stehenden pharmakologischen Optionen zur Senkung von hohen Triglyzerid-Spiegeln sind limitiert. Apolipoprotein C3 (ApoC3) ist ein regulatorisches Protein auf Triglyzerid-reichen pro-atherogenen Lipoproteinen. ApoC3 hemmt zwei Schlüsselenzyme im Triglyzerid-Stoffwechsel, die Lipoprotein-Lipase und die hepatische Lipase. Eine Hemmung der ApoC3-Aktivität ist mit einer reduzierten Synthese und einer höheren Abbau-Rate Triglyzerid-reicher Lipoproteine assoziiert. Weiterhin gibt es Hinweise für die Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms und der vaskulären Entzündung durch ApoC3. Daher stellt ApoC3 ein attraktives pharmakologisches Ziel für Wirkstoffe zur Senkung der Triglyzeride dar. Auf dem ACC-Kongress 2024 wurden die Daten für zwei neue RNA-Medikamente zur Hemmung von ApoC3 vorgestellt.
BRIDGE-TIMI 73a ist eine randomisierte Phase-2b-Studie an 154 Patienten mit moderater Hypertriglyzeridämie (150-500 mg/dl) und erhöhtem kardiovaskulären Risiko oder mit schwerer Hypertriglyzeridämie (>500 mg/dl). Der Antisense-RNA-Wirkstoff Olezarsen wurde in zwei Dosierungen (50 und 80 mg) geprüft und im Verhältnis 3:1 in monatlichen subkutanen Injektionen mit Placebo verglichen.
Der mediane Triglyzerid-Spiegel war zu Beginn der Studie 241 mg/dl. Olezarsen in der 50-mg- und 80-mg-Dosierung reduzierte die Serum-Triglyzeride um 49,3 % und 53,1 % nach 6 Monaten. Olezarsen reduzierte die Serumkonzentrationen von ApoC3, Apolipoprotein B und Non-HDL-Cholesterin. LDL-C wurde um 9,9 % bzw. 7,7 % nicht-signifikant gesenkt. Das Auftreten von unerwünschten Ereignissen, Leber- und Nierenfunktion oder Thrombozyten unterschied sich statistisch nicht zwischen Placebo und den beiden Olezarsen-Gruppen.
In einer zweiten Studie wurde Olezarsen bei 66 Patienten mit dem Familiären Chylomikronämie-Syndrom (FCS) getestet. Patienten mit FCS haben auf dem Boden einer Mutation der Lipoproteinlipase sehr hohe Serum-Triglyzerid-Spiegel und ein sehr hohes Pankreatitis-Risiko. Die 80-mg-Olezarsen-Dosierung senkte die Triglyzeride um 43,5 % nach 6 Wochen, die 50-mg-Dosierung war nicht ausreichend. In 53 Wochen traten 11 akute Pankreatitiden in der Placebo-Gruppe versus je 1 Episode in den Olezarsen-Gruppen.
Die Phase-2b-Studie SHASTA-2 randomisierte 229 Patienten mit hochgradiger Hypertriglyzeridämie auf die Hepatozyten-spezifische small interfering RNA (siRNA) Plozasiran zur Hemmung von ApoC3 oder Placebo (3:1). Die Patienten erhielten 10 mg, 25 mg, oder 50 mg Plozasiran oder Placebo an Tag 1 und nach 12 Wochen.
Nach 12 Wochen waren in den Plozasiran-Gruppen die Triglyzeride um 66 %, 70 % und 74 % reduziert. Die Triglyzerid-Senkung nach 48 Wochen betrug 31 %, 58 % und 53 %. Plozasiran reduzierte die Serumkonzentrationen von ApoC3, Apolipoprotein B und Non-HDL-Cholesterin. HDL-C war nach 48 Wochen um 24 %, 32 % und 38 % erhöht. Das LDL-C wurde um 34 %, 34 % und 45 % erhöht. Auch in der SHASTA-2-Studie unterschieden sich unerwünschte Effekte nicht zwischen den Gruppen. In der 50-mg-Gruppe wurden erhöhte HbA1c-Werte beobachtet.
Triglyzerid-reiche Lipoproteine sind pro Partikel mindestens so atherogen wie LDL-C. Im Unterschied zu LDL-Hypercholesterinämien sind Lebensstil-Maßnahmen bei Patienten mit hohen Triglyzeriden sehr wirksam. Pharmakologisch stehen aktuell allerdings für die große Gruppe von Personen mit ausgeprägter Triglyzerid-Erhöhung derzeit keine überzeugenden Therapieoptionen zur Verfügung. Nur für die sehr seltenen Patienten mit der genetischen Erkrankung Familiäres Hypercholesterinämie-Syndrom (FCS) ist der ApoC3-Hemmer Volanesorsen zugelassen.
Die aktuellen Leitlinien empfehlen daher für Patienten mit Triglyzerid-Erhöhung eine Senkung des LDL-C zur Reduktion des vaskulären Risikos, ohne dass die Triglyzeride selbst relevant gesenkt werden. Fibrate können Triglyzeride um 20-30 % senken, allerdings waren die großen Endpunktstudien neutral im Hinblick auf kardiovaskuläre Endpunkte. Es gibt auch leider keine belastbare Evidenz für eine Senkung des Pankreatitis-Risikos durch Fibrate. In der REDUCE-IT-Studie wurde bei Patienten mit Hypertriglyzeridämie eine Risikoreduktion durch hochdosierte Icosapentethylsäure gezeigt, allerdings war der Effekt mindestens zum Teil unabhängig von den Triglyzeriden, und die Substanz steht in Deutschland nicht mehr zur Verfügung. Daher sind die Daten für die neuen RNA-Medikamente zur Hemmung von ApoC3 vielversprechend, eröffnen potentiell ein neues Therapiefeld und stellen die Basis für zum Teil bereits laufende kardiovaskuläre Endpunktstudien dar.