Ob koffeinhaltiger Kaffee proarrhythmisch wirkt oder Kaffeetrinkende möglicherweise sogar ein geringeres Risiko für Vorhofflimmern (VHF) haben, wird kontrovers diskutiert. Die DECAF-Studie (Does Eliminating Coffee Avoid Fibrillation) untersuchte, wie sich der Konsum von täglich etwa 1 Tasse koffeinhaltigem Kaffee im Vergleich zur Koffein-Abstinenz auf das VHF-Risiko auswirkt.
Die DECAF-Studie ist eine internationale, multizentrische, prospektive, offene, randomisierte klinische Studie. Die Aufnahme der Teilnehmenden wurde zwischen 2021 und 2024 an 5 Zentren in den USA, Australien und Kanada durchgeführt. An der Studie nahmen 200 Erwachsene (Durchschnittsalter 69 Jahre; 71 % Männer) mit VHF teil, die bereits im Vorfeld normalerweise etwa 1 Tasse Kaffee pro Tag tranken.
Nach erfolgreicher Kardioversion (elektrisch oder medikamentös) wegen VHF oder Vorhofflattern mit VHF-Vorgeschichte wurden die Teilnehmenden im Verhältnis 1:1 randomisiert entweder in die Kaffee-Gruppe, die weiterhin etwa 1 Tasse Kaffee pro Tag trank, oder in die Abstinenz-Gruppe, die in den folgenden 6 Monaten vollständig auf Koffein verzichtete.
Die Hälfte der Teilnehmenden nahm bereits Medikamente zur Vorbeugung von Herzrhythmusstörungen ein und setzte die Einnahme der verschriebenen Medikamente während der gesamten Studie fort. Der Konsum von Kaffee und anderen koffeinhaltigen Getränken wurde von den Teilnehmenden in drei ausführlichen Telefoninterviews während der Studie selbst angegeben.
Der primäre Endpunkt waren klinisch detektierte Rezidive von VHF oder Vorhofflattern (Dauer ≥30 Sekunden). Der Beobachtungszeitraum betrug 6 Monate.
Die Baseline-Charakteristika beider Gruppen waren vergleichbar. Laut primärer Intention-to-treat-Analyse waren Rezidive von VHF- oder Vorhofflattern in der Kaffee-Gruppe (47 %) seltener als in der Gruppe mit Koffein-Abstinenz (64 %), was ein im Vergleich um 39 % geringeres Risiko für ein Rezidiv bedeutet (HR 0,61; 95%KI [0,42; 0,89]; p=0,010).
Ein ähnlicher Benefit des Kaffeekonsums wurde auch nur für VHF-Rezidive beobachtet. As-treated-Analysen, die Crossovers einbezogen, ergaben ähnliche Ergebnisse. Es gab zwischen den Gruppen keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich unerwünschter Ereignisse wie kardiovaskulär bedingte Hospitalisierungen oder Tod jeglicher Ursache.
Die Studienergebnisse deuteten darauf hin, dass koffeinhaltiger Kaffee möglicherweise nicht für ein erhöhtes VHF-Risiko verantwortlich ist und dieses sogar verringern könnte, so der Letztautor der Studie, Prof. Gregory M. Marcus (San Francisco), gegenüber der American Heart Association (AHA).3 Es sei sinnvoll, dass Betroffene erwägen, mit natürlich koffeinhaltigen Lebensmitteln wie Kaffee und Tee, die ihnen schmecken, zu experimentieren. Allerdings könnten manche Menschen auch feststellen, dass Koffein oder koffeinhaltiger Kaffee bei ihnen VHF auslöst oder verschlimmert.
Zu den Limitationen: An der DECAF-Studie nahmen nur Personen teil, die bereits Kaffee tranken. Zukünftige Studien könnten daher untersuchen, ob VHF bei Personen, die zum ersten Mal Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke zu sich nehmen, seltener auftritt. Da die Studienteilnehmenden ca. 1 Tasse Kaffee pro Tag konsumierten, lassen sich die Ergebnisse möglicherweise nicht auf Personen übertragen, die mehr Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke wie Energy-Drinks zu sich nehmen.
Die DECAF-Studie überzeugt durch ein zeitgemäßes, pragmatisches Studiendesign, das die klinische Versorgungssituation nach Kardioversion realistisch abbildet. Ergänzend zu früheren qualitativ hochwertigen Beobachtungsdaten liefert sie erstmals vergleichsweise robuste prospektiv-randomisierte Evidenz, dass moderater Kaffeekonsum nach Kardioversion nicht proarrhythmisch wirkt – möglicherweise sogar protektiv ist.
Als relevante Limitation ist zu nennen, dass lediglich klinisch detektiertes Vorhofflimmern oder -flattern erfasst wurde, ohne systematisches, kontinuierliches Rhythmus-Monitoring. Damit bleibt offen, inwiefern asymptomatische bzw. subklinische Episoden durch den Kaffeegenuss beeinflusst werden, was wiederum für die Arrhythmie-induzierte Kardiomyopathie etc. relevant sein könnte. Zudem wurde Vorhofflattern nur bei rund 6 % der Teilnehmenden dokumentiert, sodass hierzu keine belastbare Beurteilung möglich ist.
Insgesamt zeigt DECAF elegant, dass moderate Mengen koffeinhaltigen Kaffees bei stabilen Patientinnen und Patienten nach Kardioversion sicher, ggf. sogar protektiv sind.
Ein Gedanke zuletzt: Da die Optimierung der Lebensqualität bei der Behandlung von Menschen mit VHF eine wesentliche Rolle spielt, lässt sich für echte „Kaffee-Fans“ noch über das Timing des Konsums spekulieren: Techniken wie das verzögerte Koffeintrinken am Morgen oder Mikrodosierung wird aufgrund einiger Studien nachgesagt, unerwünschte Wirkungen abzumildern und die kognitiven Vorteile länger aufrechtzuerhalten.
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