In einer kürzlich veröffentlichten translationalen Arbeit konnten wir beobachten, dass erhöhte ImP-Plasmaspiegel mit einer höheren Prävalenz von KHK assoziiert sind – unabhängig von klassischen Risikofaktoren.2 In präklinischen Modellen konnte zudem ein kausaler Zusammenhang zwischen ImP und Atherosklerose nachgewiesen werden. Mechanistisch greift ImP in die endotheliale PI3K/AKT-Signalkaskade ein und aktiviert den Transkriptionsfaktor FOXO1. Diese Signalkaskade reguliert die Proliferation und Migration von Endothelzellen, welche essentielle Prozesse für die Gefäßreparatur nach Verletzungen darstellen. Die durch ImP verursachte Störung dieses Gleichgewichts führt zu einer gestörten endothelialen Regeneration und fördert die Atherogenese. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes oder metabolischem Syndrom könnten diese Mechanismen eine Rolle für das erhöhte kardiovaskuläre Risiko spielen.
Eine in Nature publizierte Studie bestätigte die proatherogenen Effekte von ImP.3 Dabei zeigten sich bereits erhöhte Serumwerte in bislang gesunden Personen mit subklinischer aber metabolisch aktiver Atherosklerose, die mittels Koronar-CT und 18F-FDG PET/MRI untersucht wurden. Interessanterweise war diese Korrelation unabhängig von klassischen Risikoparametern auf. Mechanistisch wurde gezeigt, dass ImP lokale und systemische Immunantworten aktiviert, insbesondere in Makrophagen. Dies führt zu chronischer Entzündung mit Anstieg von proinflammatorischen Zytokinen, zirkulierenden B- und T-Zellen und Infiltration von Immunzellen in die Gefäßwand mit erhöhter Plaquevulnerabilität und proatherogener. Zusätzlich wurde der Imidazolin-1-Rezeptor (I1R) als Signalvermittler von ImP identifiziert, wodurch u.a. die mTOR-Signalkaskade in Makrophagen aktiviert wird. Eine pharmakologische Blockade dieses Rezeptors reduzierte die Entzündungsreaktionen und Atherosklerose – unabhängig vom Cholesterinspiegel, aber abhängig von der. Damit ergibt sich ein potenzieller neuer Therapieansatz zur Modulation mikrobiomabhängiger Signalwege.
In einer kürzlich publizierten multizentrischen klinischen Studie unter Beteiligung von mehreren Zentren aus Deutschland und der Schweiz konnten wir zeigen, dass das ImP ein unabhängiger Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und Gesamtmortalität bei Patientinnen und Patienten mit bekannter KHK ist.4 Interessanterweise zeigten weder Histidin noch Urocanat – die Vorläufer von ImP – vergleichbare Assoziationen, was die spezifische Rolle der mikrobiellen Stoffwechselaktivität für das ImP-abhängige erhöhte kardiovaskuläre Risiko hervorhebt.
Die drei aktuellen Studien belegen übereinstimmend, dass Imidazolpropionat ein zentraler, mikrobiomabhängiger Risikofaktor für Atherosklerose und koronare Herzkrankheit ist. ImP beeinflusst die Endothelfunktion, Immunaktivierung, Plaquevulnerabilität und letztlich die klinische Prognose. Eine gezielte Blockade der ImP-Produktion (z. B. über das bakterielle Enzym Urocanatreduktase) oder der ImP-vermittelten Signalwege (z. B. I1R) stellt vielversprechende neue Strategien für Prävention und Therapie der koronaren Herzerkrankung dar – insbesondere im Rahmen personalisierter kardiovaskulärer Medizin.
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