Antikoagulanzien verhindern die Mehrzahl der Schlaganfälle bei Vorhofflimmern. Aufgrund des hohen Schlaganfallrisikos werden Antikoagulanzien, heutzutage zumeist direkte Inhibitoren von Faktor II oder Faktor X (direkte orale Antikoagulanzien, DOACs), aber auch Vitamin-K-Antagonisten, bei Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfallsrisiko empfohlen. Wenn kein Vorhofflimmern vorliegt, verursachen Antikoagulanzien vor allem Blutungsereignisse ohne wesentlichen Effekt auf Schlaganfälle.
Device-detektiertes Vorhofflimmern (DDAF) findet sich bei 20–30 % der Patientinnen und Patienten mit implantierten Schrittmachern, Defibrillatoren, oder Ereignisrekordern.1 Die EAST-AFNET-4-Studie hat gezeigt, dass eine systematische, früh initiierte rhythmuserhaltende Behandlung Schlaganfälle verhindern kann2, mutmaßlich über eine Reduktion der Vorhofflimmerlast.3 Dies wirft die Frage auf, ob eine Antikoagulation bei Patientinnen und Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern wirksam und sicher ist.
2 große randomisierte placebo-kontrollierte Studien haben die Wirksamkeit und Sicherheit von DOACs bei Patientinnen und Patienten mit DDAF geprüft: NOAH-AFNET 64 und ARTESIA5. NOAH-AFNET 6 wurde vorzeitig wegen Sicherheitsbedenken und einem Trend zur fehlenden Wirksamkeit beendet.4 Beide Studien fanden eine unerwartet niedrige Schlaganfallsrate ohne Antikoagulation und nur eine schwache weitere Senkung der Schlaganfallrate durch Antikoagulation.6 Diese schwache Wirksamkeit steht deutlich erhöhten Blutungsereignissen gegenüber. Basierend auf diesen Ergebnissen stellt sich die Frage, ob eine Antikoagulation bei Patientinnen und Patienten mit DDAF und einem hohen Schlaganfallrisiko sinnvoll ist, und ob es Subgruppen gibt, bei denen eine Antikoagulation sinnvoll ist.
Die ARTESiA-Studiengruppe hat nun eine Subanalyse publiziert, die die Wirksamkeit von Apixaban in Abhängigkeit vom klinischen Schlaganfallrisiko untersucht hat.7 In einer präspezifizierten Analyse wurde die Wirksamkeit von Apixaban in den Subgruppen mit einem hohen CHA2DS2VASc-Score (5–9, n = 1.085), einem mittleren CHA2DS2VASc-Score (4, n = 1.349) und einem niedrigen CHA2DS2VASc-Score (2-3, n = 1.578) untersucht. Die Kontrollgruppe erhielt Aspirin 81 mg/Tag. Die analysierten Ereignisse waren die gleichen wie in der Hauptstudie, nämlich Schlaganfall oder systemische Embolie (Effektivität) und schwere Blutung nach ISTH (Sicherheit).
Die Daten legen nahe, dass eine Antikoagulation im Vergleich zu einer Behandlung mit Aspirin bei Patientinnen und Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und multiplen Schlaganfallrisikofaktoren erwogen werden kann. Allerdings ist in diesem Kontext zu beachten, dass die analoge Subanalyse der NOAH-AFNET-6-Studie eine deutlich erhöhte Gefahr für schwere Blutungen oder Todesfälle bei DDAF und multiplen Schlaganfallrisikofaktoren (CHA2DS2VASc 5–9) aufgedeckt hat.8 Beide Analysen sind gut gemacht und müssen, wie alle Subanalysen, als hypothesengenerierend aufgrund der relativ kleinen Zahl an Patientinnen/Patienten und Ereignissen angesehen werden.
Ob die Therapie in der Vergleichsgruppe (Aspirin für alle in ARTESiA, Aspirin nur bei Aspirin-Indikation in NOAH-AFNET 6) zu der Heterogenität der Ergebnisse beigetragen hat, bedarf weiterer Analysen. Die Ergebnisse beider Subanalysen identifizieren eine Gruppe von Patientinnen und Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern, die wahrscheinlich keine Antikoagulation benötigt (CHA2DS2VASc 2–4). Bei Patientinnen und Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern und multiplen Schlaganfallrisikofaktoren können die Ergebnisse der beiden Subanalysen die Beratung der Betroffenen mit Daten unterfüttern, bei allerdings auch erhöhtem Blutungsrisiko. Bessere Methoden zur Schlaganfallrisikoabschätzung bei Patientinnen und Patienten mit DDAF wären sehr hilfreich. Weitere Analysen der Datensätze von NOAH-AFNET 6 und ARTESiA können hier vielleicht weiterhelfen.