Mehrere große Analysen belegen, dass Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen weiterhin deutlich unterrepräsentiert sind. So stieg der Anteil weiblicher Erstautorinnen in hochrangigen medizinischen Journalen zwischen 1994 und 2014 zwar an, erreichte jedoch selbst in den jüngsten Jahren lediglich etwa 30 %, während der Anteil weiblicher Senior- oder Letztautorinnen über zwei Jahrzehnte hinweg meist unter 20 % lag.1
In kardiologischen randomisierten Studien zeigt sich ein ähnliches Bild: Frauen stellten nur 15–20 % der First Authors und etwa 10–12 % der Senior Authors.2 Auch in Late-Breaking Trials waren Frauen mit weniger als 15 % der Präsentierenden klar unterrepräsentiert.3 Eine systematische Übersicht beschreibt zudem, dass Frauen in höheren akademischen Positionen wie Associate oder Full Professorships häufig nur 20–25 % der Stellen innehatten.4
Im redaktionellen Bereich fanden Keiser et al., dass Frauen in Editorial Boards großer medizinischer Journale oftmals weniger als 20 % ausmachten.5 Neuere Daten der JAMA Network Journals zeigen weiterhin lediglich rund 30 % Frauen in redaktionellen Führungsrollen.6 Ergänzend belegt eine bibliometrische Analyse, dass Frauen global eine geringere wissenschaftliche Sichtbarkeit erfahren und je nach Fachgebiet bis zu 40 % weniger Zitierungen erhalten.7
Auch auf Kongressen zeigt sich eine klare Unterrepräsentation. In Late-Breaking Cardiovascular Trials sind Frauen mit 10–15 % deutlich unterrepräsentiert.3 Dies steht im Kontrast zur zunehmend ausgewogenen Geschlechterverteilung im klinischen Alltag, in dem viele Weiterbildungsjahrgänge bereits zu mehr als einem Drittel aus Frauen bestehen.
Ein zentraler Mechanismus ist der sogenannte Homophily Bias. Silver et al. zeigten, dass über 80 % der Auszeichnungen medizinischer Fachgesellschaften an Männer vergeben wurden – trotz einer hohen Qualifikation vieler Ärztinnen.8 Zudem gelingt Frauen der Übergang in Senior-Autorenschaften deutlich seltener.1,2 Die geringere Zitierung weiblicher Wissenschaftlerinnen verstärkt diese Unterschiede zusätzlich.7
Sichtbarkeit beeinflusst wissenschaftliche Erkenntnisse und klinische Versorgung. Burgess et al. argumentieren, dass Frauen in klinischen Studien weiterhin oft unter 30–35 % der eingeschlossenen Personen stellen, was die Generalisierbarkeit der Ergebnisse limitiert.9 Diverse Teams erzielen nachweislich innovativere Problemlösungen und robustere Ergebnisse.
Fachgesellschaften sollten transparente Expertinnen-Datenbanken etablieren, Diversity-Standards einführen und Frauen gezielt in Senior-Autorschaften sowie Studienleitungen einbinden. Sponsoring-Programme können den Karriereweg zusätzlich stärken. Individuell können Social-Media-Präsenz, gegenseitige Verstärkung und das aktive Einfordern von Führungsrollen Sichtbarkeit erhöhen.
Frauen sind in der kardiologischen Wissenschaft, in Studienstrukturen und Führungspositionen trotz hoher Kompetenz weiterhin deutlich unterrepräsentiert – oft mit Anteilen von lediglich 10–30 %. Sichtbarkeit ist jedoch veränderbar. Durch strukturelle Reformen und aktive Förderung weiblicher Expertise kann die Kardiologie diverser, innovativer und gerechter werden.
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