Aktuelle Studie zeigt: Kliniken mit Mindestmengen behandeln sicherer

Qualität durch Erfahrung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Mindestmengenregelung in der stationären Versorgung weiterentwickelt, um die Qualität komplexer Eingriffe nachhaltig zu sichern. Die Vorgaben basieren auf wissenschaftlicher Evidenz, wie auch eine aktuelle Studie zum Einsatz mechanischer Kreislaufunterstützung (MCS) bei Betroffenen in Deutschland mit kardiogenem Schock (CS) jetzt nachweist.  

Düsseldorf, 9. September 2025 – Practice makes perfect – wie eine aktuelle, auf dem diesjährigen Kongress der European Society of Cardiology (ESC) vorgestellte, retrospektive Kohortenstudie eindrücklich aufzeigt. Die Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen dem Behandlungsvolumen von Krankenhäusern und der Mortalität von Patientinnen und Patienten mit kardiogenem Schock – mit oder ohne mechanische Kreislaufunterstützung. In die Analyse eingeschlossen wurden 220.223 Patientinnen und Patienten aus 1.232 Kliniken im Zeitraum von 2017 bis 2021. Die Studie basiert auf bundesweiten Abrechnungsdaten (DRG-Daten) vom Statistischen Bundesamt (Destatis) aus Deutschland. Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob spezialisierte, volumenstarke Zentren bessere Überlebensraten erzielen – was durch die Untersuchung klar bestätigt werden konnte.1

Beim Analysieren der Studiendaten zeigt sich: Patientinnen und Patienten mit kardiogenem Schock haben bessere Überlebenschancen, wenn sie in Kliniken mit hoher Fallzahl behandelt werden. Das Mortalitätsrisiko war signifikant niedriger in Kliniken mit höheren Fallzahlen an kardiogenem Schock (CS) und mechanischer Kreislaufunterstützung (Mechanical Circulatory Support, MCS) (oberes Terzil vs. untere beiden Terzile); CS: HR 0,92, 95% KI (0,91; 0,94); p<0,001 und MCS: HR 0,80, 95% KI (0,76; 0,84), p<0,001. „Unsere Analysen zeigen, dass rund 450 Krankenhäuser in Deutschland Systeme zur mechanischen Kreislaufunterstützung einsetzen. 90 % von ihnen führen jedoch weniger als 25 Eingriffe pro Jahr durch, trotz des klaren Zusammenhangs mit einer schlechteren Prognose für unsere Patientinnen und Patienten. Wir müssen eine Diskussion über strukturelle Voraussetzungen und zur Qualitätssicherung durch Mindestmengen führen“, erklärt PD Dr. Benedikt Schrage, Autor der Studie und Oberarzt am Universitären Herz- und Gefäßzentrum des UKE in Hamburg. Die Autorinnen und Autoren empfehlen, basierend auf den Forschungsergebnissen nachdrücklich eine Zentralisierung der Versorgung auf spezialisierte Zentren mit mindestens 90 CS-Fällen bzw. 25 MCS-Fällen jährlich.1  

Professor Dr. Stefan Blankenberg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK), sagt zudem: „Der Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Überlebenswahrscheinlichkeit ist international und auch national in einigen Bereichen gut belegt. Die vorliegende Arbeit fügt sich hier nahtlos ein. Mindestmengen bündeln Erfahrungen, stärken die Qualität und erhöhen vermutlich die Überlebenschancen der Patientinnen und Patienten in einigen Bereichen spür- und messbar.“

Mindestmengen stärken Zentren, senken Komplikationen – und entlasten das System 

Durch das sogenannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, bestimmte Krankenhausleistungen in sogenannte Leistungsgruppen zu unterteilen. Nur Krankenhäuser, die dafür konkrete Qualitätsvorgaben erfüllen – etwa personelle Ausstattung oder bestimmte technische Voraussetzungen – dürfen diese Leistung anbieten. Damit soll die Versorgung konzentriert und auf spezialisierte Zentren in der Region gebündelt werden. Das primäre Ziel dahinter ist es, die Versorgungsqualität deutlich zu steigern und die Krankenhauslandschaft gezielter zu strukturieren.2

Aus gesundheitspolitischer Sicht ist die Einführung von Mindestmengen per se nicht nur ein Instrument der Qualitätssicherung, sondern auch ein Mittel zur Steuerung der knappen Ressourcen im Gesundheitswesen. Angesichts steigender Kosten, zunehmender Personalengpässe und demografischen Herausforderungen wird es hier immer wichtiger, hochspezialisierte Leistungen in erfahrenen Zentren zu bündeln. 

„Hochkomplexe Therapien wie beispielsweise die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) erfordern erhebliche personelle und technische Ressourcen. Bei geringer Fallzahl führen sie häufig zu ineffizientem Ressourceneinsatz ohne nachweislichen Qualitätsgewinn. Die konsequente Einführung von Mindestmengen trägt zur Konzentration dieser Leistungen in spezialisierten Zentren bei, verbessert dadurch auch die Wirtschaftlichkeit, reduziert Komplikationen und entlastet letztlich auch die Solidargemeinschaft“, betont Professor Dr. Stefan Blankenberg.

Aktueller Stand der Mindestmengenregelung in Deutschland

Der gemeinsame Bundesausschuss legt in Deutschland verbindliche Mindestfallzahlen für planbare und hochkomplexe Krankenhausleistungen fest, um sowohl die Versorgungsqualität als auch die Sicherheit von Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Dies betrifft unter anderem Transplantationen, onkologische Operationen, Frühgeborenenversorgung sowie ab 2026 auch Herztransplantationen, für die mindestens zehn Eingriffe pro Jahr nachgewiesen werden müssen.3 Die Regelungen zu Mindestmengen werden fortlaufend aktualisiert und basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen im Zusammenhang mit Fallzahlen und Ergebnisqualität. 

„Uns ist bewusst, dass diese Thematik mit vielen Bedenken innerhalb der Gesellschaft behaftet ist und auch in der Ärzteschaft kontrovers diskutiert wird“, so Professor Dr. Stefan Blankenberg. „Wir müssen allerdings dafür Sorge tragen, diesen Wandel durch unsere Expertise mitzugestalten, um nicht selbst gestaltet zu werden.“ Die DGK begleite die Entwicklung daher inhaltlich sehr sorgfältig, laut dem DGK-Präsidenten. Dies würde vor allem durch interdisziplinär besetzte Kompetenzgruppen erfolgen, die Eingriffe unterschiedlicher Komplexität im Rahmen der Qualitätsoffensive bewerten und entsprechende Handlungsvorschläge erarbeiten würden. 

Ein spannendes Kurzinterview mit PD Dr. Schrage zur mechanischen Kreislaufunterstützung beim kardiogenen Schock finden Sie direkt hier.  

Quellen

1. Dettling A. et al. 2025 Higher hospital volume is associated with lower mortality for patients with cardiogenic shock and mechanical circulatory support. Eur J Heart Fail Aug 2025, https://doi.org/10.1002/ejhf.70025.

2. Bundesministerium für Gesundheit, Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz-khvvg.html, zuletzt aufgerufen: 09.09.2025.

3. Gemeinsamer Bundesausschuss, Neue Mindestmenge macht Herztransplantationen sicherer, https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1146/, zuletzt aufgerufen: 09.09.2025. 

Kontakt

Deutsche Gesellschaft für Kardiologie

Pressesprecher: Prof. Dr. Michael Böhm (Homburg/Saar)

Pressestelle: Jill Graw, Tel.: 0211 600 692 967

presse@dgk.org 

Über die DGK:

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige, wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 13.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitreichende Informationen für Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Fachpersonal, aber auch für Nicht-Mediziner:innen stellt die DGK auf Herzmedizin.de zur Verfügung.

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