Studien-Highlights des EuroPCR 2024

 

EuroPCR 2024 | Dr. Mirvat Alasnag stellt als Member des Editorial Boards von PCRonline im Interview ihre persönlichen Studien-Highlights des EuroPCR-Kongresses vor, der vom 20.-23.05. in Paris stattfand.

Von:

Romy Martinez & Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

 

05.06.2024

 

Bildquelle (Bild oben): NicoElNino / Shutterstock.com

HERZMEDIZIN: Frau Dr. Alasnag, was war für Sie persönlich das größte Studien-Higlight beim diesjährigen EuroPCR?

 

Aslanag: Die wichtigste Studie im Bereich der strukturellen Herzkrankheiten war vermutlich LANDMARK als erste Head-to-Head-Studie zum Vergleich der Myval-Klappe mit der ballonexpandierbaren Sapien-Klappe (Edwards) sowie mit der supra-annulären selbstexpandierenden Evolut-Klappe (Medtronic). In die Studie wurden insgesamt 768 Patientinnen und Patienten eingeschlossen: jeweils zu etwa 50 % Männer und Frauen mit einem niedrigen STS-Score und einem Durchschnittsalter von etwa 80 Jahren. Die Myval-Klappe erfüllte die Kriterien der Nicht-Unterlegenheit. Weiterhin war die effektive Öffnungsfläche größer gegenüber der Sapien-Klappe und vergleichbar zur Evolut-Klappe. Diese Ergebnisse müssen jedoch im Kontext mit anderen direkten Vergleichsstudien interpretiert werden, wie der PORTICO- und der SCOPE-Studie. Weiterhin ist zu beachten, dass es sich um die 30-Tage-Ergebnisse handelte und LANDMARK daher eher eine Sicherheitsstudie darstellt. Diese Studie hat die Diskussion über den Vergleich von Transkatheter-Klappen nun eröffnet, deren Unterschiede weiter untersucht werden müssen.

 

Ein weiteres Highlight, ebenfalls aus dem Bereich der strukturellen Herzkrankheiten, war die NOTION-2-Studie zum Vergleich der TAVI mit einem chirurgischen Aortenklappenersatz bei jungen Patientinnen und Patienten mit niedrigem Risiko und bikuspider oder trikuspider Aortenstenose. In dieser Studie wurde ein breites Konfidenzintervall mit unterschiedlichen Vorteilen jeweils für TAVI und Chirurgie festgestellt. Vermutlich sind diese Ergebnisse im Kontext der PARTNER3-Studie zu interpretieren. Die Subgruppenanalyse der Bikuspid- und Trikuspid-Kohorten der NOTION-2-Studie war ebenfalls inkongruent. In der TAVI-Gruppe trat eine höhere Schlaganfall- und paravaluläre Leckage-Rate auf. Im Hinblick auf die Lebensqualität wurden in den ersten Monaten zwar Vorteile für die TAVI beobachtet, die sich aber bereits nach einem Jahr nivellierten. Insgesamt sind weitere randomisierte Studien notwendig, speziell für die bikuspide Kohorte.

Die Antwort im Video

HERZMEDIZIN: Was waren weitere Studien-Highlights auf dem Kongress?

 

Aslanag: Die Studie PINNACLE-1 war auch sehr interessant. In der Studie wurde erstmalig eine neue intravaskuläre Lithotripsie-Katheter-Technologie untersucht. Das Ziel der PINNACLE-1-Studie war die Bewertung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Lithotripsie-Kontakt-Katheters zur Behandlung von mäßig bis schwer verkalkten Koronararterienläsionen. In die Studie wurden 60 Patientinnen und Patienten mit akutem (20 %) oder chronischem Koronarsyndrom (80 %) aus 7 verschiedenen Zentren in den Niederlanden und Belgien eingeschlossen und über 30 Tage beobachtet. Zusätzlich wurde die Revaskularisierung mittels OCT-Bildgebung in einer Subgruppe von 30 Personen bewertet. Das Durchschnittsalter der Studienpopulation lag bei etwa 70 Jahren und rund 65 % waren Männer. Die häufigsten kardiovaskulären Risikofaktoren waren Hypertonie, Diabetes (30 %) und Dyslipidämie. Darüber hinaus kamen Nierenfunktionsstörungen zu etwa 15 % vor. Der Prozesserfolg und das Sicherheitsprofil waren sehr positiv: die Erfolgsrate lag bei über 98 %. Die OCT-Subgruppenanalyse ergab, dass sowohl oberflächliche als auch tiefe und knotige Verkalkungen erfolgreich behandelt werden konnten. Allerdings handelt es sich hier um eine erste Proof-of-Concept-Studie und weitere klinische Studien mit einer längeren Follow-up-Dauer sind notwendig, um den Einsatz des neuen Verfahrens im klinischen Alltag zu beurteilen.

Zur Person

Dr. Mirvat Alasnag

Dr. Alasnag ist die erste interventionelle Kardiologin in der Golfregion. Derzeit ist sie Direktorin des Katheterisierungslabors am King Fahd Armed Forces Hospital in Saudi-Arabien. Sie ist Mitglied mehrerer Gremien, darunter ACC Interventional Leadership, SCAI Board of Trustees und EAPCI Women's Steering Committee. Dr. Alasnag ist aktives Mitglied des ESC-Kommunikationsausschusses und des ESC-Programmausschusses. Sie ist die regionale PI für die MASTERDAPT-Studie. Dr. Alasnag ist Redaktionsmitglied für PCROnline, Open Heart BMJ, ACCEL und Radcliffe Cardiology.

Das nächste Highlight waren die 2-Jahresdaten der BIOADAPTOR-Studie. In dieser Studie wurde ein neues Sirolimus-freisetzendes Drug-Eluting-Stentsystem mit der Zotarolimus-freisetzenden Standardmethode verglichen. Die Gefäßstütze des neuartigen Stentsystems (DynamX™ Bioadaptor-Stent) wird mit der Zeit resorbiert, so dass die natürliche Pulsatilität der Gefäße wiederhergestellt werden soll. Nach ersten vielversprechenden 1-Jahresdaten konnte nun das positive Ergebnis auch nach 2 Jahren bestätigt werden. In der Bioadaptor-Gruppe wurde weiterhin eine deutlich geringere Rate von Zielläsionsversagen (Target Lesion Failure) beobachtet gegenüber der Standardmethode. Insgesamt handelt es sich um eine attraktive Technologie, die es ermöglicht, die vasomotorische Funktion der Gefäße wiederherzustellen. Daher werden wir zukünftig auch die Langzeitdaten über 2 Jahre hinaus mit großem Interesse weiter verfolgen.

 

Zuletzt möchte ich auf die ROLLERCOASTR-Studie eingehen, die den Einsatz der Stoßwellen-Lithotripsie bei akutem und stabilem Koronarsyndrom untersuchte. Die eingeschlossenen Personen hatten zu 30 bis 50 % ein akutes Koronarsyndrom, waren überwiegend männlich (77 %), im Mittel 70 Jahre alt, und hatten zu 50 % Diabetes. Der Behandlungserfolg beim akuten Koronarsyndrom war in dieser Studie vergleichbar zum chronischen Koronarsyndrom. Wie zu erwarten, wurde beim akutem Koronarsyndrom zwar ein höheres MACE-Risiko beobachtet, was jedoch zeigte, dass diese Technologie auch bei Personen mit erhöhtem Risiko sicher einsetzbar ist. Weitere Untersuchungen zum Einsatz der Stoßwellen-Lithotripsie an einem breiten Kollektiv (z.B. mit einem höheren Anteil von Frauen und älteren Personen) wären wünschenswert.

Herausforderung Diabetes

 

HERZMEDIZIN: Wie Sie erwähnten, ist Diabetes in Saudi-Arabien weit verbreitet. Wie gehen Sie gegen diese Krankheit vor?

 

Alasnag: Ja, leider haben wir in Saudi-Arabien, ähnlich wie in anderen südostasiatischen Ländern, wie Indien, Pakistan und Bangladesch, eine höhere Rate an Diabetes, gestörter Glukosetoleranz und dem metabolischen Syndrom. Ich denke, dass die Maßnahmen nicht nur aus Stents und Revaskularisierungen bestehen sollten, sondern auch Lebensstiländerungen umfassen. Bewegung, Diabetes-Management und das Erreichen von niedrigen Hämoglobin-A1C-Zielwerten spielen hierbei eine wichtige Rolle.

 

HERZMEDIZIN: Werden Sie Ihre Arbeit im Editorial Team von PCRonline fortsetzen?

 

Alasnag: PCRonline ist sehr daran interessiert, die Community umfassend über neue Daten und wissenschaftliche Updates zu informieren. Dabei werden Publikationen, Studiendaten und Leitlinien überprüft sowie Analysen, Videos und Interviews veröffentlicht. Diese spannende Arbeit werden wir in einem wachsenden Team das ganze Jahr hinweg weiterfortführen.


Referenz

 

EuroPCR 2024; 14-17 May 2024; Paris; https://www.pcronline.com/Courses/EuroPCR

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