Frühzeitige TAVI unabhängig von der Indikation?

 

 

New York Valves 2025 | EARLY TAVR: In der Subanalyse wurden die Outcomes abhängig von der Leitlinien-Indikation untersucht bei Patientinnen und Patienten mit asymptomatischer, hochgradiger Aortenklappenstenose nach TAVI oder einer abwartenden Strategie. Prof. Allan Schwartz (Columbia University, New York) stellte die Daten vor.1

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Expertenkommentar:

Prof. Tanja Rudolph

Leiterin Rubrik Strukturelle Herzerkrankungen

 

26.06.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Stephan Guarch / Shutterstock.com

Das Timing für einen Klappenersatz ist immer noch unklar bei Patientinnen und Patienten mit asymptomatischer, hochgradiger Aortenklappenstenose (AS). Zuvor hatte die EARLY-TAVR-Studie ergeben, dass die frühzeitige TAVI im Vergleich zu einer abwartenden Strategie (CS) die Prognose signifikant verbesserte.2 Laut einer beim EURO-PCR 2025 vorgestellten Subanalyse blieben die Vorteile der frühen TAVI zudem unabhängig vom Ausmaß der Herzschädigung bestehen.3 


In der vorliegenden Subanalyse der EARLY-TAVR-Studie wurde die Prävalenz von ACC/AHA-Leitlinien-Indikationen4 der Klasse II untersucht und die entsprechenden Outcomes.

Methodik

 

Die ACC/AHA-Guideline von 2020 gibt bei der hochgradigen Aortenklappenstenose (AS) folgenden Indikationen für die Empfehlung einer Intervention:4

 

  • Klasse I: Symptome: Dyspnoe, HF, Angina, Synkope oder Präsynkope in der Vorgeschichte, LVEF <50 % oder gleichzeitige Herz-OP
  • Klasse IIa: Verminderte Belastungstoleranz oder Abfall des systolischen Blutdrucks um ≥10 mmHg bei Belastung , Maximalgeschwindigkeit ≥5 m/s, BNP-Werte >3x Normalwerte oder Zunahme der Maximalgeschwindigkeit ≥0,3 m/s pro Jahr
  • Klasse IIb: LVEF <60 %


Bei einer Indikation der Klasse IIa/IIb empfiehlt die ACC/AHA-Guideline bevorzugt einen chirurgischen Aortenklappenersatz statt einer TAVI.


In der vorliegenden Subgruppenanalyse wurde untersucht, ob sich die Outcomes der frühzeitigen TAVI gegenüber der abwartenden Strategie (CS) über eine Dauer von 60 Monaten unterscheiden abhängig von der Leitlinien-Indikation im Hinblick auf den primären Endpunkt (Tod, Schlaganfall oder ungeplante kardiovaskuläre Hospitalisierungen).

Ergebnisse

 

901 eingeschlossene Personen der EARLY-TAVR-Studie mit asymptomatischer, hochgradiger AS wurden entsprechend der Leitlinien-Indikationen klassifiziert: Es gab keinen einzigen Fall einer Indikation der Klasse I (Ausschlusskriterien der Studie). 22,4 % der Personen gehörten zur Klasse-IIa- und 7 % zur Klasse-IIb-Gruppe laut Leitlinien-Indikation. Der überwiegende Anteil (70,6 %) der Personen hatte jedoch keine Leitlinien-Indikation für einen Klappenersatz (GR-Gruppe). Die Subgruppenanalyse ergab, dass der primäre Endpunkt in allen Subgruppen günstiger ausfiel für die frühzeitige TAVI gegenüber der abwartenden Strategie (CS), unabhängig von der Leitlinien-Indikation.


Primärer Endpunkt (Tod, Schlaganfall oder ungeplante kardiovaskuläre Hospitalisierungen) nach 60 Monaten:

  • GR-Gruppe (n=636): 17,5 % TAVI vs. 24,7 % CS
  • Klasse-IIa-Gruppe (n=265): 30,3 % TAVI vs. 35,7 % CS
  • Klasse-IIb-Gruppe (n=63):  15,2 % TAVI vs. 34,7 % CS

 

Mehr als 40 % der Patientinnen und Patienten der Klasse IIb (beim Screening) konvertierten innerhalb von 6 Monaten von der abwartenden Strategie zur TAVI und nach 24 Monaten waren ca. 70-80 % in allen Indikationsgruppen zur TAVI konvertiert. 

Fazit

 

Von den Patientinnen und Patienten mit asymptomatischer, hochgradiger AS hatten rund 30 % zum Zeitpunkt der Randomisierung eine Leitlinien-Indikation der Klasse IIa/IIb für einen Klappenersatz. Bei der Indikation der Klasse IIa/IIb war das Risiko für Tod, Schlaganfall oder Hospitalisierungen erhöht gegenüber der Gruppe ohne Leitlinien-Indikation. Die frühzeitige TAVI war bei allen Gruppen mit günstigeren Outcomes verbunden.
Fast die Hälfte der Personen mit einer Indikation der Klasse IIa/IIb wechselte von der abwartenden Strategie zur TAVI sowie mehr als ein Drittel der Personen ohne Leitlinienindikation aufgrund eines akuten Klappensyndroms. Die Daten dieser Subanalyse unterstützen insgesamt eine frühzeitige Intervention bei Personen mit asymptomatischer, hochgradiger AS unabhängig von der Leitlinien-Indikation.

Expertenkommentar

 

Der Benefit einer frühzeitigen Therapie bei Patientinnen und Patienten mit asymptomatischer Aortenklappenstenose konnte von verschiedenen randomisierten Studien gezeigt werden. Die Klasse-IIa/IIb-Empfehlungen identifizieren eine besondere Risikogruppe. Von einer frühen Intervention profitieren aber auch Personen, die nicht in diese Gruppe fallen. Eine Intervention bei asymptomatischer Aortenklappe sollte bei allen Betroffenen im Heart Team diskutiert werden und nach dem Shared-decision Prinzip mit allen Patientinnen und Patienten individuell getroffen werden.

Zur Person

Prof. Tanja Rudolph

Prof. Tanja Rudolph ist als Oberärztin und Leiterin der Interventionellen Kardiologie in der Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie/ Angiologie des Herz- und Diabeteszentrums NRW, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, in Bad Oeynhausen tätig. Ihre fachlichen Zusatzqualifikationen (DGK) erwarb sie in den Bereichen der Interventionellen Kardiologie und Herzinsuffizienz. 

Prof. Tommaso Gori

Referenzen

 

  1. Schwartz A. Guideline Directed Indications and Consequences of Delayed AVR in Patients with Asymptomatic, Severe Aortic Stenosis: Results from the EARLY TAVR Trial. Presented at: New York Valves 2025. June 25, New York
  2. Généreux P et al. Transcatheter Aortic-Valve Replacement for Asymptomatic Severe Aortic Stenosis. N Engl J Med. 2025 Jan 16;392(3):217-227. doi: 10.1056/NEJMoa2405880. Epub 2024 Oct 28. PMID: 39466903.
  3. Généreux P. Incidence, evolution, and impact of cardiac damage in asymptomatic severe aortic stenosis: results from the EARLY TAVR trial. Presented at: EuroPCR 2025. May 21, 2025. Paris, France.
  4. Otto CM et al. 2020 ACC/AHA Guideline for the Management of Patients With Valvular Heart Disease: Executive Summary: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. Circulation. 2021 Feb 2;143(5):e35-e71. 

Zur Übersichtsseite Strukturelle Herzerkrankungen

Das könnte Sie auch interessieren

Profitieren Frauen von elektronischen Benachrichtigungen?

New York Valves 2025 | DETECT AS Trial: Randomisierte Studie zur Versorgung von Frauen mit hochgradiger Aortenklappenstenose. Prof. T. Rudolph kommentiert.

Studien kompakt: 25.06.2025

Überblick zu aktuellen Studien u. a. zu Herzklappe aus Eigengewebe, TSAT als Marker für Eisenmangel, Troponin nach Ausdauersport und VHF bei Hitze.

SGLT2i zur Kardioprotektion bei Brustkrebstherapie

ASCO 2025: Im Tierexperiment schützte Dapagliflozin vor Kardiotoxizität durch Anthrazykline und HER-2-Blocker. Prof. M. Totzeck kommentiert.

Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen