Quick Dive: Hochrisiko-PCI bei HFrEF

 

In unserer Reihe "Quick Dive" stellen die Autorinnen und Autoren von Publikationen medizinischer Fachgesellschaften prägnant die wichtigsten Hintergründe und Inhalte der jeweiligen Veröffentlichung vor. Dieses Mal wird eingetaucht in:

 

High-risk percutaneous coronary intervention in patients with reduced left ventricular ejection fraction deemed not suitable for surgical revascularisation

A clinical consensus statement from the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) in collaboration with the ESC Working Group on Cardiovascular Surgery

06.01.2025 | Verfasst von:  Andreas Schäfer, Mirvat Alasnag, Daniele Giacoppo, Carlos Collet, Tanja K. Rudolph, Ariel Roguin, Piotr P. Buszman, Roisin Colleran, Giulio Stefanini, Thierry Lefevre, Nicolas Van Mieghem, Guillaume Cayla, Christoph Naber, Andreas Baumbach, Adam Witkowski, Francesco Burzotta, Davide Capodanno, Dariusz Dudek, Rasha Al-Lamee, Adrian Banning, Philip MacCarthy, Roman Gottardi, Florian S. Schoenhoff, Martin Czerny, Matthias Thielmann, Nikos Werner, Giuseppe Tarantini  


Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

10.03.2025

 

Bildquelle (Bild oben): vovan / Shutterstock.com

5 Fragen an den Erstautor

Prof. Andreas Schäfer, Medizinische Hochschule Hannover

 

Was sind Anlass und Ziel der Publikation?

 

Für Personen mit schwer eingeschränkter linksventrikulärer Pumpleistung sehen die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie bei Notwendigkeit einer Revaskularisation aufgrund der Studienlage die Bypass-Operation als Mittel der Wahl vor. Allerdings wird ein großer Teil der Patientinnen und Patienten aufgrund des erhöhten OP-Risikos als inoperabel eingestuft. Intention des Konsensuspapiers war es, einerseits die Patientenpopulation zu definieren, die im Falle einer chirurgischen Inoperabilität interventionell versorgt werden kann, und andererseits das Vorgehen zu beschreiben, welches das periinterventionelle Risiko für die Patientinnen und Patienten reduziert.

 

Was sind die wichtigsten Take-Home Messages?

 

  1. Die Leitlinienempfehlung zur Revaskularisation bei schwer eingeschränkter LV-Funktion ist die Koronarbypass-Operation.
  2. Vergleiche zwischen Bypass-OP und Koronarintervention wurden für die schwer eingeschränkten Betroffenen jedoch nicht durchgeführt, da man sie nicht zur OP hätte randomisieren dürfen.
  3. Eine gründliche Planung des interventionellen Vorgehens sollte analog zu derjenigen bei interventionellen Herzklappeneingriffen wie z. B. TAVI erfolgen und das prä-, peri-, und post-prozedurale Vorgehen definieren inklusive der Ziele und der eventuellen Verwendung mechanischer Kreislaufunterstützungssysteme.
High-Risk-PCI - Prozedurale Planung Abb.: High-Risk-PCI – Schrittweise prozedurale Planung.

Was sind Herausforderungen bei der Umsetzung und mögliche Lösungen?

 

Um die PCI bei Hochrisikopatienten und -patientinnen sicher durchzuführen, wird ein großes Portfolio an interventionellen Fähigkeiten benötigt, welche neben der komplexen PCI auch schwer verkalkter Läsionen oder chronischer Verschlüsse den Umgang mit großlumigen Zugangswegen und mechanischen Unterstützungssystemen beinhaltet. Die Patientinnen und Patienten sollten vor der Einbestellung zur Prozedur in einem Heart-Team besprochen werden.

 

Welche Punkte sind offengeblieben?

 

Es fehlen weiterhin Daten aus randomisierten Studien, die uns zeigen, ob unter Verwendung von Kreislaufunterstützung beispielsweise eine komplette Revaskularisation auch erschwert erkrankter Koronarien sicher möglich ist und ob dies im Verlauf zu einer relevanten Reduktion an Angina-Symptomatik und einer Verbesserung der LV-Funktion oder der Herzinsuffizienzsymptomatik führen kann.

 

Ausblick: Welche Entwicklungen zum Thema zeichnen sich ab?

 

Eine entsprechende Studie, PROTECT IV, wird gerade multinational durchgeführt. Bis zum Abschluss dieser Studie wollten wir jedoch den Kolleginnen und Kollegen für den Alltag einen praktikablen Konsens empfehlen. 

Weiter zur vorgestellten Publikation:

Clinical Consensus Statement: "High-risk percutaneous coronary intervention in patients with reduced left ventricular ejection fraction deemed not suitable for surgical revascularisation"

Literaturnachweis:

Schäfer A et al. High-risk percutaneous coronary intervention in patients with reduced left ventricular ejection fraction deemed not suitable for surgical revascularisation. A clinical consensus statement from the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) in collaboration with the ESC Working Group on Cardiovascular Surgery. EuroIntervention. 2025;21(1):22-34. doi:10.4244/EIJ-D-23-01100

Zur Person

Prof. Andreas Schäfer

Prof. Andreas Schäfer ist stellv. Klinikdirektor der Klinik für Kardiologie und Angiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover und Leiter der Kardiovaskulären Intensivmedizin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen insbesondere innovative Therapien in der interventionellen Kardiologie und intensivmedizinischen Versorgung.


Kurzinfo: Die Formate der DGK-Publikationen

Leitlinien sind für Ärztinnen und Ärzte eine wichtige Stütze im klinischen Alltag, um ihre Patientinnen und Patienten nach neuestem Stand der Wissenschaft bestmöglich zu behandeln. Dabei dienen die Leitlinien als verlässliche Handlungsempfehlungen in spezifischen Situationen.

Pocket-Leitlinien sind Leitlinien in kompakter, praxisorientierter Form. Bei Übersetzungen von Pocket-Leitlinien der ESC werden alle Empfehlungsklassen und Evidenzgrade der Langfassung übernommen.

Master Pocket-Leitlinien stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Leitlinienempfehlungen in Form von grafischen Diagnose- und Therapiealgorithmen dar. Als Quelle der Empfehlungen dienen dabei vorwiegend die nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erstellten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) sowie deren deutsche Übersetzung durch die DGK.

CardioCards behandeln im Wesentlichen Themen der Diagnostik und Akuttherapie für den ambulanten Bereich. Hier werden die essenziellen Informationen von Leitlinien komprimiert und übersichtlich zusammengefasst.

Kommentare beinhalten Hinweise, wie sich die neuen von den alten Leitlinien unterscheiden, Hinweise auf wesentliche Neuerungen, die seit dem Erscheinen der ESC-Leitlinien bekannt geworden sind, Diskussion kontroverser Empfehlungen in den ESC-Leitlinien sowie Möglichkeiten und Grenzen der Leitlinienumsetzung im Bereich des deutschen Gesundheitswesens.

Ein Positionspapier behandelt eine Fragestellung von großem allgemeinen Interesse, für die keine aktuelle Leitlinie vorliegt.

Bei einem Konsensuspapier handelt es sich um ein von mehreren Fachgesellschaften getragenes Statement.

Diese Veröffentlichungen enthalten Empfehlungen einer DGK-Arbeitsgruppe zu einer speziellen Frage von großem Interesse.

Stellungnahmen der DGK beziehen sich auf gesundheitspolitische Fragestellungen und erfolgen durch den Vorstand, gemeinsam mit Kommissionen und Projektgruppen. Sofern möglich und sinnvoll, werden auch Fachgesellschaft-übergreifende Stellungnahmen ausgearbeitet.

Ein Manual ist eine praktisch orientierte Expertenempfehlung für wesentliche kardiovaskuläre Prozeduren.

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