Quick Dive: Curriculum Onkologische Kardiologie

 

In unserer Reihe "Quick Dive" stellen die Autorinnen und Autoren von Publikationen medizinischer Fachgesellschaften prägnant die wichtigsten Hintergründe und Inhalte der jeweiligen Veröffentlichung vor. Die Curricula der DGK beschreiben den Prozess einer Weiterbildung zur Erlangung einer speziellen Zusatzqualifikation für Kardiologinnen und Kardiologen. Dieses Mal wird eingetaucht in:

 

DGK-Curriculum Onkologische Kardiologie

15.07.2025 | Verfasst von: Lorenz H. Lehmann · Claudia Baldus · Yvonne Bewarder · Judit Boda-Heggemann · Florian Bönner · Johannes B. Dahm · Andreas Hagendorff · Mark Lüdde · Claus Lüers · Oliver J. Müller · Matthias Paul · Roman Pfister · Andreas Rillig · Tienush Rassaf


Von:

Melissa Wilke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

18.08.2025

 

Bildquelle (Bild oben): vovan / Shutterstock.com

7 Fragen an den Letztautor

Prof. Tienush Rassaf, Universitätsklinikum Essen

 

Was sind Anlass und Ziel der Publikation?

 

Der Anlass für die Publikation des Curriculums Onkologische Kardiologie ist die rasant wachsende Zahl von Patientinnen und Patienten, die dank moderner Krebstherapien länger leben – und damit auch häufiger von kardiovaskulären Nebenwirkungen betroffen sind. Ziel ist es, einen deutschlandweiten Standard für die Aus- und Weiterbildung von Kardiologinnen und Kardiologen zu schaffen, damit diese Patientengruppe optimal betreut und Komplikationen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) setzt so ein klares Zeichen für Interdisziplinarität und moderne, evidenzbasierte Patientenversorgung.

 

An wen richtet sich die Zertifizierung?

 

Das Curriculum richtet sich explizit an Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie, die sich auf die Betreuung onkologischer Patientinnen und Patienten spezialisieren möchten. Aber auch Ärztinnen und Ärzte in fortgeschrittener Weiterbildung mit Schwerpunkt Kardiologie profitieren davon – sei es in Klinik, universitärer Forschung oder der ambulanten Versorgung. Besonders angesprochen sind Kolleginnen und Kollegen, die an zertifizierten Weiterbildungsstätten tätig sind oder eine entsprechende Karriere anstreben.

 

Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden gesetzt?

 

Das Curriculum deckt das gesamte Spektrum kardioonkologischer Fragestellungen ab:

 

  • Kardiovaskuläre Toxizität von Chemotherapie, Immuntherapie, zielgerichteten Therapien und Strahlentherapie.
  • Diagnostik und Prävention: Von Früherkennung kardialer Komplikationen über differenzierte Bildgebung und Biomarker-Analytik bis zur Risikostratifizierung.
  • Therapie und Nachsorge: Management von Nebenwirkungen, Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Antikoagulation, Monitoring und psychokardiologische Aspekte.
  • Interdisziplinarität: Teilnahme an Tumorboards, enge Verzahnung internistischer, onkologischer und kardiologischer Expertise für eine nahtlose Versorgungsgüte.

 

Was ist der größte Mehrwert, den das Curriculum für Patientinnen und Patienten schafft?

 

Mit dem Curriculum entsteht erstmals ein strukturierter Qualifikationsstandard, der Ärzte und Ärztinnen dazu befähigt, onkologisch erkrankte Menschen kardiovaskulär maßgeschneidert zu begleiten und zu schützen – von der Prävention, über die Akutbehandlung bis in die Langzeitnachsorge. Die frühzeitige Identifikation von Risiken, individuelle Präventionspläne und gezielte Therapien sorgen für mehr Lebensqualität, erhöhen die Sicherheit und geben Patienten und Patientinnen das gute Gefühl, auch kardiologisch in den besten Händen zu sein.

 

Wie ist die Zertifizierung strukturiert?

 

Die Ausbildung erfolgt in drei aufeinander aufbauenden Stufen:

 

  • Stufe 1: Grundlagen der Onkologischen Kardiologie (mind. 50 Echokardiographien, theoretischer Kurs).
  • Stufe 2: Basisversorgung (zusätzlich 30 dokumentierte ambulante Fälle, 12 Monate, Teilnahme an Tumorboards oder Rotation möglich).
  • Stufe 3: Spezialisierte Onkologische Kardiologie (z. B. 100 Fälle oder 3-monatige Rotation auf onkologischer Station, Zusatzkurs erforderlich).
    Die Zertifizierung kann – je nach Teilzeit-/Vollzeitmodell – innerhalb von maximal 36 Monaten abgeschlossen werden und setzt auf eine Kombination aus praktischer Tätigkeit, Kursen und dokumentierten Qualifikationen.
Die tabellarische Übersicht zur Stufenstruktur und den Voraussetzungen der Zusatzqualifikation (Tab. 1 im Papier) zeigt auf einen Blick, welche Schritte, Nachweise und Zeiträume für die verschiedenen Zertifizierungslevel erforderlich sind – und vermittelt so Transparenz und Nachvollziehbarkeit für alle Interessierten. Die tabellarische Übersicht zur Stufenstruktur und den Voraussetzungen der Zusatzqualifikation (Tab. 1 im Papier) zeigt auf einen Blick, welche Schritte, Nachweise und Zeiträume für die verschiedenen Zertifizierungslevel erforderlich sind – und vermittelt so Transparenz und Nachvollziehbarkeit für alle Interessierten. Copyright: Lehmann, L. H., Baldus, C., Bewarder, Y. et al. DGK-Curriculum Onkologische Kardiologie Kardiologie (2025).

Gibt es Überschneidungen mit internationalen Standards oder Zertifizierungen?

 

Das Curriculum ist im engen Schulterschluss mit internationalen Empfehlungen entstanden. Die Inhalte orientieren sich an Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC), der International Cardio-Oncology Society (IC-OS), aber auch an führenden US-amerikanischen Curricula. Somit erfüllt das deutsche Curriculum höchste internationale Qualitätsstandards, schlägt aber auch eine Brücke zwischen nationaler Versorgungsrealität und globalen wissenschaftlichen Standards.

 

Ausblick: Welche Entwicklungen zeichnen sich ab?

 

Die kardioonkologische Versorgung wird noch integrativer, digitaler und personalisierter werden. Neue bildgebende Diagnoseverfahren, KI-gestützte Risikoabschätzung und die Integration molekularer Biomarker werden die Betreuung weiter verbessern. Perspektivisch wird die Anzahl zertifizierter Zentren wachsen, nationale Register fördern den Wissenstransfer und die Qualitätssicherung. Ziel ist es, die Lebensqualität und Lebenszeit der Betroffenen immer weiter zu erhöhen – wissenschaftlich exzellent und menschlich zugewandt.

Informationen zur Beantragung

Wie und ab wann beantrage ich die Zertifizierung?

Die Beantragung ist ausschließlich online möglich. Die Anmeldemaske wird ab dem 1. September 2025 freigeschaltet. Weitere Infos folgen.

Wann endet die Übergangsregelung?

Die Übergangsregelung endet am 31. August 2027.

Wo gibt es weitere Informationen zum Curriculum?

Weitere Informationen finden Sie unter https://curricula.dgk.org/onko/

Weiter zur vorgestellten Publikation:

DGK-Curriculum Onkologische Kardiologie

Literaturnachweis: Lehmann, L. H., Baldus, C., Bewarder, Y. et al.
DGK-Curriculum Onkologische Kardiologie 
Kardiologie (2025)  https://doi.org/10.1007/s12181-025-00758-4

Zur Person

Prof. Tienush Rassaf

Prof. Rassaf ist Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Uniklinikum Essen und medizinischer Direktor am Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u. a. die Auswirkungen von Krebsbehandlungen auf das Herz. Prof. Rassaf ist außerdem Herausgeber der Cardio News.

Prof. Tienush Rassaf

Mehr zum Thema:

Kurzinfo: Die Formate der DGK-Publikationen

Die Curricula der DGK beschreiben den Prozess einer Weiterbildung zur Erlangung einer speziellen Zusatzqualifikation für Kardiologinnen und Kardiologen. Weitere Informationen unter curricula.dgk.org

Leitlinien sind für Ärztinnen und Ärzte eine wichtige Stütze im klinischen Alltag, um ihre Patientinnen und Patienten nach neuestem Stand der Wissenschaft bestmöglich zu behandeln. Dabei dienen die Leitlinien als verlässliche Handlungsempfehlungen in spezifischen Situationen.

Pocket-Leitlinien sind Leitlinien in kompakter, praxisorientierter Form. Bei Übersetzungen von Pocket-Leitlinien der ESC werden alle Empfehlungsklassen und Evidenzgrade der Langfassung übernommen.

Master Pocket-Leitlinien stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Leitlinienempfehlungen in Form von grafischen Diagnose- und Therapiealgorithmen dar. Als Quelle der Empfehlungen dienen dabei vorwiegend die nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erstellten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) sowie deren deutsche Übersetzung durch die DGK.

CardioCards behandeln im Wesentlichen Themen der Diagnostik und Akuttherapie für den ambulanten Bereich. Hier werden die essenziellen Informationen von Leitlinien komprimiert und übersichtlich zusammengefasst.

Kommentare beinhalten Hinweise, wie sich die neuen von den alten Leitlinien unterscheiden, Hinweise auf wesentliche Neuerungen, die seit dem Erscheinen der ESC-Leitlinien bekannt geworden sind, Diskussion kontroverser Empfehlungen in den ESC-Leitlinien sowie Möglichkeiten und Grenzen der Leitlinienumsetzung im Bereich des deutschen Gesundheitswesens.

Ein Positionspapier behandelt eine Fragestellung von großem allgemeinen Interesse, für die keine aktuelle Leitlinie vorliegt.

Bei einem Konsensuspapier handelt es sich um ein von mehreren Fachgesellschaften getragenes Statement.

Diese Veröffentlichungen enthalten Empfehlungen einer DGK-Arbeitsgruppe zu einer speziellen Frage von großem Interesse.

Stellungnahmen der DGK beziehen sich auf gesundheitspolitische Fragestellungen und erfolgen durch den Vorstand, gemeinsam mit Kommissionen und Projektgruppen. Sofern möglich und sinnvoll, werden auch Fachgesellschaft-übergreifende Stellungnahmen ausgearbeitet.

Ein Manual ist eine praktisch orientierte Expertenempfehlung für wesentliche kardiovaskuläre Prozeduren.

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