Kardiovaskuläre Prävention mit einem Entzündungshemmer: Behörde verweigert Zulassung

In der Wissenschaft ist die CANTOS-Studie, die erstmals einem Entzündungshemmer kardioprotektive Effekte bescheinigt hat, als Durchbruch gefeiert worden. Die US-Behörde FDA zeigt sich weniger beeindruckt: Sie verweigert dem geprüften Wirkstoff Canakinumab die Zulassung für die kardiovaskuläre Prävention.

Von Peter Overbeck

 

23.10.2018

Beim ESC-Kongress 2017 in Barcelona zählte CANTOS zu den viel diskutierten Studien-Highlights. Bei rund 10.000 Postinfarkt-Patienten mit erhöhten Entzündungswerten (hsCRP > 2 mg/l) konnte erstmals gezeigt werden, dass ein antientzündlich wirksames Medikament  - nämlich der monoklonale Antikörper Canakinumab - das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse reduziert.

 

Für einige Experten war dies die lang ersehnte Bestätigung der Hypothese, dass sich auch über den Weg der Entzündungshemmung der Atherosklerose-Entwicklung und kardiovaskulären Ereignissen wirksam vorbeugen lässt.

„Tür für die antientzündliche Therapie aufgestoßen“

„Wir haben gezeigt, dass ein antientzündliches Medikament, welches keine Effekte auf das Cholesterin hat, bei KHK-Hochrisiko-Patienten das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulären Tod reduziert", triumphierte damals Studienleiter Professor Paul Ridker aus Boston. Lebensstiländerung und Lipidsenkung seien bis dato die Säulen der kardiovaskulären Prävention gewesen. „Und nun stoßen wir die Tür auf für die antientzündliche Therapie", so Ridker.

 

Doch zumindest für Canakinumab könnte diese Tür geschlossen bleiben. Denn die US-Gesundheitsbehörde FDA hat den mit Daten der CANTOS-Studie begründeten Antrag des Herstellers Novartis auf Zulassung von Canakinumab für die Prävention von kardiovaskulären Ereignissen bei Hochrisiko-Patienten vorbehaltlich weiterer Daten zunächst abgelehnt.

Antrag auf Zulassungserweiterung abgelehnt

Bekannt geworden ist dies erst durch die in einem umfangreichen Quartalsbericht zur Finanzergebnissen des Unternehmens beiläufig erwähnte Information, dass Novartis im Oktober einen „complete response letter“ von der FDA „bezüglich des ergänzenden Zulassungsantrags (Biologics License Application, BLA) zur kardiovaskulären Risikoreduktion“ durch  Canakinimab erhalten habe.

 

Der Empfang eines solchen FDA-Letters besagt, dass die Behörde die eingereichten Daten vollständig geprüft hat und den Antrag bis auf weiteres ablehnt. Der Schreiben werde gegenwärtig vom Unternehmen ausgewertet, heißt es abschließend. Der gegen Interleukin-1β gerichtete monoklonale Antikörper Canakinumab ist bislang bei einigen seltenen rheumatologischen Autoimmunerkrankungen und bei bestimmten periodischen Fiebersyndromen zugelassen.

Neue Perspektive durch antikarzerogene Wirkung?

In der CANTOS-Studie ist die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse durch Canakinumab (150 mg) moderat, aber statistisch signifikant um 15% reduziert worden. Der Effekt ist primär auf eine Abnahme von Herzinfarkten zurückzuführen, die kardiovaskuläre Mortalität wurde nicht signifikant beeinflusst. Noch stärker war die relative Risikoreduktion mit 27% in der Subgruppe jener Patienten, die auf die Therapie mit einer Senkung ihrer hsCRP-Werte (hsCRP < 2 mg/l) ansprachen. Auf diese Respondergruppe war der nun zurückgewiesene Antrag auf Zulassungserweiterung gemünzt.

 

Die Canakinumab-Therapie erhöhte zum einen das Risiko für tödliche Infektionen. Zum anderen reduzierte sie überraschenderweise signifikant das Risiko für tödliche Krebserkrankungen, hier vor allem für Lungentumore. Bezüglich seiner möglichen antikarzerogenen Wirkung wird  Canakinumab derzeit weiter in klinischen Studien untersucht.


Literatur

Pressemitteilung des Unternehmens Novartis:  „Novartis erzielt im dritten Quartal starkes Wachstum und treibt Innovationen wie fortschrittliche Therapieplattformen voran, um das zukünftige Wachstum zu beschleunigen“.

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