Die Placebo-kontrollierte, doppelblinde Phase-3-Studie ESSENCE-TIMI 73b wurde an 160 Zentren in Nordamerika und Europa durchgeführt. Die Studie umfasste 1.349 Erwachsene mit moderater Hypertriglyzeridämie (150–499 mg/dl) und erhöhtem kardiovaskulären Risiko – entweder aufgrund einer bekannten atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankung (ASCVD) oder aufgrund von Typ-2-Diabetes und einem Alter ≥55 Jahre. Alle Teilnehmenden sollten bei Aufnahme in die Studie unter einer optimierten, stabilen LDL-C-senkenden Therapie stehen. Es wurden auch Personen mit schwerer Hypertriglyzeridämie (Triglyzeridspiegel ≥ 500 mg/dl) eingeschlossen; deren Auswertung erfolgt jedoch in separaten Studien.
Die Teilnehmenden erhielten randomisiert entweder 50 mg Olezarsen (n=254), 80 mg Olezarsen (n=766) oder Placebo (n=329), die alle 4 Wochen über einen Zeitraum von 12 Monaten subkutan injiziert wurden. Primärer Endpunkt war die Placebo-adjustierte prozentuale Veränderung der Triglyzeridwerte nach 6 Monaten gegenüber dem Ausgangswert.
Das mediane Alter der Teilnehmenden betrug 64 Jahre, 40 % waren Frauen. Der mediane Triglyzeridspiegel zu Studienbeginn lag bei 238,5 mg/dl.
Nach 6 Monaten senkte Olezarsen den Triglyzeridspiegel signifikant: Die Placebo-adjustierte mittlere prozentuale Veränderung (Least-Squares-Analyse) gegenüber dem Ausgangswert betrug −58,4 Prozentpunkte für Olezarsen 50 mg und −60,6 Prozentpunkte für Olezarsen 80 mg (beide p<0,001 vs. Placebo).
In der Placebo-Gruppe hatten 12,5 % der Teilnehmenden nach 6 Monaten Triglyzeridwerte <150 mg/dl, gegenüber 85,0 % der Personen unter Olezarsen 50 mg und 88,7 % unter Olezarsen 80 mg (jeweils p<0,001 vs. Placebo). Nach 12 Monaten betrugen die Anteile 20,6 %, 82,8 % bzw. 85,0 % für Placebo, Olezarsen 50 mg und Olezarsen 80 mg (jeweils p<0,001 vs. Placebo). Olezarsen senkte zusätzlich signifikant Remnant-Cholesterin, Non-HDL-Cholesterin und Apolipoprotein B, ohne Effekte auf LDL-Cholesterin.
Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten mit vergleichbarer Häufigkeit auf: 9 % vs. 14 % vs. 11 % jeweils für Olezarsen 50 mg, Olezarsen 80 mg und Placebo. Erhöhungen der Lebertransaminasen über den oberen Grenzwert des Normalbereichs waren unter Olezarsen 50 mg (34,2 %) und Olezarsen 80 mg (38,3 %) häufiger als unter Placebo (17,6 %) (beide p<0,001); klinisch relavante Erhöhungen waren jedoch selten und in allen Gruppen ähnlich.
Bei Personen mit moderater Hypertriglyzeridämie und erhöhtem kardiovaskulären Risiko führte die Behandlung mit Olezarsen nach 6 Monaten zu einer signifikant stärkeren Senkung der Triglyzeridwerte als Placebo. Die Senkung der Triglyzeridwerte ginge über das hinaus, was mit den derzeit verfügbaren Therapien zu erwarten wäre, so der Referent. Über 80 % der mit Olezarsen behandelten Patientinnen und Patienten erreichten normale Triglyzeridwerte. Hinsichtlich der Sicherheit zeigten sich keine wesentlichen Bedenken.
Die Hemmung der ApoC3-RNA ist ein attraktives Target zur Senkung der Triglyzeride. Für Patientinnen und Patienten mit der seltenen genetischen Erkrankung des Familiären Chylomikronämiesyndroms (FCS) ist in Deutschland die ApoC3 antisense RNA (ASO) Volanesorsen zugelassen. Volanesorsen wird auch von den aktuellen EAS/ESC-Lipid-Leitlinien für Personen mit FCS empfohlen.3 Bei Olezarsen handelt es sich um eine pharmakologische Weiterentwicklung von Volanesorsen. Die Sequenz der RNA ist unverändert, der Unterschied ist die Bindung der ASO an den Zucker GalNAc3. Dies führt zu einer spezifischeren Aufnahme in die Leberzellen über den Asialoglycoprotein-Rezeptor (ASGPR). Während Volanesorsen mit 285 mg in 1,5 ml alle 1 oder 2 Wochen (nach Aufsättigung) verabreicht wird, kann Olezarsen mit 80 mg in 0,8 ml einmal im Monat über einen Autoinjektor s.c. gespritzt werden. Noch wichtiger ist, dass die Spezifität und das Nebenwirkungsprofil verbessert ist. Insbesondere werden unter Olezarsen keine Thrombozytopenien berichtet. Daher ist – Zulassung und Erstattung vorausgesetzt – von einem Ersatz von Volanesorsen durch Olezarsen auszugehen. Mit der siRNA Plozasiran könnte in der absehbaren Zukunft noch ein weiterer ApoC3-Hemmer zur Verfügung stehen.4
Aktuell werden die ApoC3-Hemmer in der Indikation (und mit dem Preis) für sehr seltene Erkrankungen ausgeboten. Intensiv diskutiert – insbesondere aus Sicht der Kardiologie – wird jedoch die Frage nach einer Endpunktstudie zur Reduktion des Triglyzerid-assoziierten residualen kardiovaskulären Risikos in einem viel breiteren Patienten-Kollektiv. In präklinischen Studien stellt ApoC3 eine Schnittstelle zwischen TG-reichen Lipoproteinen und vaskulärer Inflammation dar und könnte daher als Therapieziel besonders interessant sein.5
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