Vorhofflimmern ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung. Um eine langfristige Rhythmuskontrolle und einen stabilen Sinusrhythmus zu erzielen, empfehlen die ebenfalls beim ESC vorgestellten neuen Vorhofflimmer-Leitlinien von 2024 die Durchführung einer Katheterablation bei selektionierten Patientinnen und Patienten mit einer Klasse-I-Empfehlung3. In zahlreichen randomisierten, multizentrischen Studien konnte gezeigt werden, dass die Katheterablation mittels PVI einer antiarrhythmischen Medikation bezüglich der Freiheit von Vorhofflimmern und Verbesserung der Lebensqualität überlegen ist4-6. Die PVI wurde bislang jedoch nicht gegen eine Scheinprozedur verglichen, um mögliche Placeboeffekte der Therapie zu untersuchen.
In der hier vorgestellten SHAM-PVI-Studie wurde geprüft, ob die PVI im Vergleich zu einer Scheinprozedur effektiver ist, die Vorhofflimmerlast der Patientinnen und Patienten zu reduzieren.
Die SHAM-PVI-Studie ist eine doppel-blinde, placebo-kontrollierte, randomisierte Studie, die von Januar 2020 bis März 2024 in 2 Zentren (UK) durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Personen mit symptomatischem, paroxysmalem sowie persistierendem Vorhofflimmern nach gescheiterter antiarrhythmischer Medikation. Ausgeschlossen wurden Patientinnen und Patienten mit langanhaltend persistierendem Vorhofflimmern (>12 Monate), vorheriger Katheterablation, Dilatation des linken Vorhofs > 5,5 cm oder einer nachgewiesenen reduzierten linksventrikulären Ejektionsfraktion < 35 %. Die Studienteilnehmenden wurden im Verhältnis 1:1 stratifiziert randomisiert und unterzogen sich entweder einer PVI mit dem Cryoballon oder einer Scheinprozedur, in welcher lediglich der Nervus phrenicus stimuliert wurde, jedoch keine Ablation erfolgte. In beiden Studienarmen wurden die Patientinnen und Patienten, die sich im Vorhofflimmern präsentierten, während der Prozedur elektrisch kardiovertiert. Bei allen Teilnehmenden wurde ein Eventrekorder implantiert, um kontinuierlich den Herzrhythmus und so die Vorhofflimmer-Last (prozentualer Anteil im Vorhofflimmern) zu detektieren. Den Eventrekorder erhielten die Patientinnen und Patienten bereits vor der Prozedur, um die Vorhofflimmerlast vor Intervention zu bestimmen.
Die antiarrhythmische Medikation wurde vor Intervention (PVI oder Scheinprozedur) beendet (Amiodaron 8 Wochen zuvor; weitere Antiarrhythmika 5 Halbwertszeiten vorher). Sowohl die Patientinnen und Patienten selbst, als auch die nachbehandelnden Ärztinnen und Ärzte waren bezüglich der erfolgten Intervention verblindet.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Vorhofflimmerlast nach 6 Monaten (ausgenommen der 3 Monate Blanking-Periode). Die sekundären Endpunkte waren Lebensqualität, Zeit bis zum Auftreten des Rezidivs und Sicherheit.
Es wurden 126 Personen in der SHAM-PVI-Studie randomisiert (mittleres Alter 66,8 Jahre, 71 % männlich, 79 % mit persistierendem Vorhofflimmern). Die absolute Differenz der Vorhofflimmerlast von Beginn der Studie bis zum 6-Monats-Follow-up lag bei 60,31 % in der Ablationsgruppe und bei 35 % in der Scheinprozedur-Gruppe (geometrisches Mittel Differenz 0,25; 95%-KI 0,15–0,42; P < 0,001). Die PVI führte sowohl bei Personen mit paroxysmalem als auch persistierendem Vorhofflimmern zu einer effektiveren Reduktion der Vorhofflimmerlast. Ebenso zeigten sich die Symptome sowie die Lebensqualität der Studienteilnehmenden im Ablationsarm substanziell mehr verbessert als nach Scheinprozedur. Es kam zu keinen schwerwiegenden periprozeduralen Komplikationen (eine Aortenfehlpunktion im Ablationsarm ohne nachfolgende Konsequenzen). Ein Patient der Scheingruppe verstarb 2 Monate nach der Ablation an einer intrakraniellen Blutung. Es gab während des Studienzeitraums keinen Crossover. Nach Ende der Nachsorge, erhielten dann jedoch 58 von 61 Patientinnen und Patienten aus dem „Sham“-Arm eine Katheterablation.
Die Fallzahl der Studie ist mit 126 Teilnehmenden gering, ebenso der Nachsorgezeitraum von 6 Monaten. Es wurde zudem keine transseptale Punktion bei den Betroffenen des Scheinarms durchgeführt. Denkbar wäre, dass der iatrogene ASD, der durch die transseptale Punktion entstehen kann, zu einer Reduktion der Symptomatik, insbesondere bei Personen mit Herzschwäche und erhaltener Pumpfunktion führen könnte.
Die Daten der SHAM-PVI-Studie sind überzeugend: Die Pulmonalvenenisolation hat keinen Placeboeffekt und stellt eine effektive Behandlung des Vorhofflimmerns bereit. Es konnte gezeigt werden, dass die Reduktion der Vorhofflimmerlast im klaren Zusammenhang mit der Verbesserung der Symptome der Patientinnen und Patienten steht.