Patientinnen und Patienten mit zurückliegendem Myokardinfarkt und ventrikulärer Tachykardie (VT) weisen ein erhöhtes Risiko für rezidivierende VT-Episoden sowie eine ungünstige klinische Prognose auf. Die Katheterablation von VT stellt eine etablierte Therapieoption dar, ist jedoch bislang erfahrenen Zentren vorbehalten, die unterschiedliche Ablationsstrategien anwenden. In den letzten Jahren wurden bildgestützte Ansätze entwickelt, bei denen die kardiale Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (CMR) zur Identifikation arrhythmogener Substrate genutzt werden. Hierdurch kann ein sogenannter Digital Twin der Infarktnarbe bereitgestellt werden und bereits prä-prozedural Hinweise auf das Ablationstarget liefern. Frühere nicht-randomisierte Studien bewerteten diese Verfahren als sicher und praktikabel.1-3 Ziel der hier vorgestellten multizentrischen, randomisierten und kontrollierten Studie war es, die Wirksamkeit und Sicherheit einer CT-geführten VT-Ablation mit Digital Twin der Infarktnarbe im Vergleich zur konventionellen Ablation ohne CT-Bildgebung systematisch zu untersuchen.
Bei der InEurHeart-Studie handelte es sich um eine multizentrische, prospektive randomisiert-kontrollierte Studie. Insgesamt wurden 113 Patientinnen und Patienten mit zurückliegendem Myokardinfarkt und klinisch relevanter ventrikulärer Tachykardie (VT) randomisiert. Einschlusskriterien waren unter anderem VT-Sturm, anhaltende VT, adäquater ICD-Schock oder mindestens 3 symptomatische VT-Episoden, die mittels anti-tachykarder Stimulation (ATP) behandelt wurden.
Die Studienteilnehmenden erhielten entweder eine CT-gestützte VT-Ablation oder eine konventionelle Ablation unter Verwendung von 3D-Mapping. Im CT-Arm wurde den Untersuchern vor der Katheterablation ein Digital Twin der Infarktnarbe zur Verfügung gestellt, der bereits potenzielle VT-Isthmen sowie die definierten Ablationszielregionen (Ablation dieser Isthmen) abbildete. An der Studie nahmen insgesamt 16 elektrophysiologische Zentren in Europa teil.
Primärer Endpunkt war der Vergleich der durchschnittlichen Interventionsdauer zwischen den beiden Ablationsstrategien. Zu den sekundären Endpunkten zählten Sicherheitsaspekte, die Inzidenz und das Ausmaß von ICD-Therapien, Hospitalisierungsraten sowie die Mortalität während der Nachbeobachtungszeit. Auch gesundheitsökonomische Aspekte wurden analysierst.
Das Durchschnittsalter der Patientinnen und Patienten betrug 65±9 Jahre im CT-Arm und 64±9 Jahre im konventionellen Arm. Die Zeit seit dem Myokardinfarkt lag bei 184±127 Monaten im CT-Arm und 165±126 Monaten im konventionellen Arm. Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion betrug 35±11 % in beiden Gruppen. Die Auswertung der Studiendaten zeigt einen signifikanten Vorteil der CT-gestützten VT-Ablation hinsichtlich der Interventionsdauer. Der primäre Endpunkt – die durchschnittliche Prozedurzeit – lag in der CT-Gruppe bei 107±38 Minuten und damit um 28 % kürzer als in der konventionellen Gruppe (149±51 Minuten; p<0,0001). Die Rate postprozeduraler Komplikationen unterschied sich nur geringfügig: 7,0 % in der CT-Gruppe gegenüber 8,9 % im konventionellen Arm. Auffällig war der deutlich geringere Einsatz hochauflösender Mapping-Katheter in der CT-Gruppe (26 %) im Vergleich zur konventionellen Ablation (91 %).
Eine Nicht-Induzierbarkeit der VT nach Ablation wurde bei 75 % der CT-Patientinnen und -Patienten erreicht. Im ITT-Kollektiv zeigten sich ein Jahr nach dem Eingriff in der CT-Gruppe bei 76,8 % der Patientinnen und Patienten keine VT-Rezidive, verglichen mit 67,3 % in der Kontrollgruppe.
Auch in der Kaplan-Meier-Analyse ergab sich ein nummerischer Vorteil für die CT-gestützte Strategie: 59,6 % der Patientinnen und Patienten blieben innerhalb eines Jahres frei von ungeplanten kardiovaskulären Hospitalisierungen, kardiovaskulärem Tod oder erneuten VT-Episoden (vs. 48,2 % im konventionellen Arm).
Im Hinblick auf die Kosten ergab sich für das französische Gesundheitssystem – unter der Annahme eines Kostenanteils für die Bildgebung von 1.250 € und ohne Berücksichtigung von Allgemeinanästhesie oder stationärem Aufenthalt – eine Reduktion der Personal- und Materialkosten um 10,6 % in der CT-Gruppe (645,70 €).
Die Ergebnisse zeigen, dass der Digital Twin der Infarktnarbe die Prozedurzeit signifikant verkürzt, ohne das Komplikationsrisiko zu erhöhen. Die vergleichbare VT-Freiheit nach einem Jahr spricht für die Effektivität der Methode. Die Kostenersparnis von etwa zehn Prozent unterstreicht die möglichen wirtschaftlichen Vorteile dieser Technik. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Digital Twin eine vielversprechende Ergänzung zur konventionellen VT-Ablation darstellt. Dieser Ansatz liefert zudem eine mögliche bessere präprozedurale Planung und Verfügbarkeit der VT-Ablation auch in weniger erfahrenen Zentren durch bessere Reproduzierbarkeit und Planung der Prozedur sowie deren Ergebnisse. Zukünftige Studien sollten jedoch die Langzeiteffekte und die Möglichkeit weiterer Kostenersparnisse durch die breitere Implementierung des Digital Twin weiter untersuchen. Zudem handelt es sich um eine kleine Fallzahl in dieser Untersuchung.
Insgesamt belegt die Studie, dass die CT-gestützte Katheterablation mittels Digital Twin der Infarktnarbe bei Patientinnen und Patienten mit VT und stattgehabtem Myokardinfarkt eine effektive, sichere und kosteneffiziente Ergänzung in der interventionellen Behandlung von VT darstellen kann.